Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
Vom Netzwerk:
dabei unterstützen könnte, ein Netzteil zu entwerfen, das ohne Gebläse auskommt. Als er in die Garage zurückkehrte, platzte er vor Optimismus und erzählte Wozniak und Wigginton, er habe den großartigsten Analogdesigner in der Geschichte des Universums getroffen, einen Ingenieur, der ein Netzteil konstruieren könne, das ganz New York erleuchten würde, aber trotzdem nur eine 6-Volt-Batterie benötige. Der Gegenstand seiner Begeisterung, Frederick Rodney Holt, war allerdings weniger zuversichtlich, was Apple anging. Er traf Jobs, begutachtete alles, was vom Scheitel bis zur Sohle sichtbar war, und fragte sich, ob sich Apple seine Beratergebühr leisten könnte. „Ich sagte ihm, ich wäre teuer. Er sagte, das sei kein Problem. Er verführte mich einfach zur Arbeit.“
    Holt fing an, die Abende und Wochenenden bei Apple zu verbringen, und Jobs und Wozniak entdeckten wieder einmal, dass der Schein trügen kann. Holt sah aus wie der Chefdesigner einer Science-Fiction-Maschine, die Rührstäbchensalven abfeuerte. Sein Gesicht war von Falten durchzogen, er hatte jadegrüne Augen, strohige Haare und eine knochige Gestalt, die normalerweise in ein Rollkragenshirt, eine Freizeithose und Wanderschuhe gehüllt war. Seine dünnen Finger hielten fast immer eine Camel-Zigarette und waren von dem Nikotin vergilbt, das ihm auch einen rauen Husten verlieh. Aber er war kein vertrockneter Ingenieur mittleren Alters. Holt war zwar so alt, dass er sowohl Wozniaks als auch Jobs’ Vater hätte sein können, aber er war schon zum ersten Mal Vater geworden, als er 18 war, ein Jahr, nachdem er ausgezogen war, um die erste von mehreren Frauen zu heiraten.
    Von seinem Großvater, einem revolutionären Sozialisten, der unter Eugene Debs als Gouverneur für den Bundesstaat Maine kandidiert hatte, hatte er als Jugendlicher die gesammelten Werke von Lenin geerbt. Zwar teilte Lenin später das jugendliche Bücherregal mit den Werken von Darwin, aber Holt beschloss, dass der Sieg des Proletariats dem Überleben des Fittesten unendlich vorzuziehen sei. Er fand das Mathematikstudium an der Ohio State University öde – „Das war, wie wenn man gegen sich selbst Schach spielt“ –, gab eine freigeistige Zeitung heraus und erforschte die persönlichen Eifersüchteleien radikaler linker Splittergruppen. Er wurde nationaler Kassenwart für die Studentensektion der National Coalition Against the War in Vietnam und wurde von einem kleinen New Yorker Verlag aufgefordert, ein Buch über die Logik des Marxismus zu schreiben. Aber der Ruf der Politik lockte ihn an, und im Jahr 1965, als John Lindsay als Bürgermeister von New York City kandidierte, leitete Holt den Wahlkampf des Rivalen, eines schwarzen Taxifahrers, der für die Revolutionären Sozialisten kandidierte. Dem Duo gelang es, beim FBI weit mehr Aufmerksamkeit zu erregen als bei den New Yorker Wählern.
    Neben seinen politischen Ausflügen entwickelte Holt ein Interesse für Elektronik und Motorräder. Er entwickelte, baute und installierte mehrere Hifi-Anlagen mit niedrigem Klirrfaktor „aus einer Menge Mist“, und fast zehn Jahre lang arbeitete er bei einer Elektronikfirma im Mittelwesten, wo er bei der Konstruktion eines preisgünstigen Oszilloskops half. An den Abenden und Wochenenden stieg Holt vom Motorroller auf Harley-Davidson und Triumph um und vom Flat Track zum illegalen Straßenrennen. Als die Jahre vergingen und sich die Rennfahrer immer die neuesten Motorräder kauften, löste sich Holts Vorsprung, der darauf beruhte, dass er dank seines mechanischen Geschicks die Maschinen umbauen konnte, in Luft auf. Als er Anfang der 1970er-Jahre von Ohio an die Westküste zog, lud er trotzdem drei Motorräder auf einen Anhänger und transportierte sie quer durchs Land. Im Frühjahr 1976 gab er die Rennen auf, weil er wegen einer Muskelnervenschädigung in seinen Daumen den Lenker nicht mehr richtig festhalten konnte. Seine Sprache war immer noch von den Ausdrücken der Motorradszene durchsetzt, aber sein erzwungener Rückzug und ein bitterer Streit mit einem langjährigen Freund bei Atari ließen ihn näher an Apple heranrücken. „Wenn ich immer noch Rennen gefahren wäre, als Jobs vorbeikam, hätte ich ihn wahrscheinlich in die Wüste geschickt.“
    Holt fand, dass Jobs und der widerspenstige Apple-Computer faszinierende Aufgaben darstellten: „Es war eine Herausforderung, etwas im kommerziellen Maßstab zu machen, das noch nie gemacht wurde. Das war die Art von Problemstellung, die

Weitere Kostenlose Bücher