Apple - Die Geburt eines Kults
eine gewisse innere Anziehungskraft auf mich ausübt.“ Aber Holt hatte nicht vor, sich von seiner wöchentlichen Billardpartie durch eine Tätigkeit als Teilzeitberater abhalten zu lassen, egal wie interessant sie auch sein mochte. Und Jobs und Wozniak stellten bald fest, dass es unmöglich war, mit Holt über irgendein Thema zu sprechen, ohne feststellen zu müssen, dass er mit etwas mehr als nur rudimentärem Wissen darüber bewaffnet war. Eine hingeworfene Bemerkung über die Glasur eines keramischen Gegenstands konnte einen Vortrag über chemische Oberflächenbehandlung auslösen. Ein bewundernder Kommentar zu einem Schnappschuss gab Anlass zu einem Vortrag über Fotogravüretechniken. Wenn man über den Preis von Speicherchips murrte, hatte dies eine Vorlesung über die Übel des kapitalistischen Systems zur Folge, während eine beiläufige Erwähnung von Poker meist ein munteres Spielchen nach sich zog. Die jungen Leute von Apple merkten bald, dass Holt die Art Mensch war, die am liebsten mit einem Elektron auf Du wäre, und dass er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in ein Restaurant setzen und auf der Rückseite einer Serviette beweisen könnte, dass er gar nicht existierte.
„So eine Revolution ist schweineteuer.“
– MAURICE GOLDMAN
Jenseits der Fenster hing ein langer, rostbrauner Stahlträger nachlässig von einem Kran herab. Vom Boden aus gaben ein paar Arbeiter dem Kranführer heftige Winksignale. Ihre weißen Bauhelme ließen Sonnenreflexe herumhüpfen. Getönte Scheiben schirmten die Arbeiten an Apples neuer Unternehmenszentrale vor den zwei Dutzend Menschen ab, die in einem kargen Büro im Erdgeschoss um einen U-förmigen Tisch herumsaßen. Der baumelnde Träger und die weißen Helme waren wie eine Szene, die man einem Stummfilm über Baustellensicherheit entnommen hatte.
Ein paar der Besprechungsteilnehmer kritzelten vor sich hin und starrten aus den Fenstern. Etwa die Hälfte davon waren Marketing-Manager aus verschiedenen Abteilungen von Apple, während die anderen von der Werbeagentur Chiat-Day kamen. John Couch, Leiter der Abteilung, die den Lisa herstellte, saß unruhig auf der Stuhlkante. Fred Hoar, Apples Vizepräsident für Kommunikation, strich über sein sorgfältig gekämmtes kastanienbraunes Haar, und Henry Whitfield stand neben einem Overheadprojektor. Andere konzentrierten sich auf Fred Goldberg, der etwas über die Kampagne erzählte, die er und seine Kollegen von der Werbeagentur für Apple vorbereitet hatten. Goldberg beschrieb einige der Vorbereitungen für Anzeigen, die gleichzeitig mit der Hauptversammlung des Unternehmens erscheinen sollten, auf der Lisa und der Apple IIe offiziell vorgestellt werden sollten. Dann begann er, ein Werbekonzept für alle Computer von Apple zu skizzieren.
„Wir haben die Aufgabe, die Verwirrung aufzulösen und aus der Marke eine Marke zu machen“, sagte Goldberg. „Wir müssen bei neuen Nutzern das Selbstvertrauen aufbauen, welche Computer sie wann benutzen sollten. Die meisten Leute kaufen nicht einfach einen Computer. Sie kaufen das Unternehmen, seine Größe und das Vertrauen, das es einflößt.“ Er äußerte eine gewissee Zuversicht in die Wirkung der Anzeigen. „Wenn man eine Werbekampagne um eine Produkteinführung betreibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach hinten losgeht, viel geringer als bei PR. Wenn man Werbung macht, weiß man, was man hat. Die Tatsache, dass man Geld des Unternehmens ausgibt, demonstriert das Vertrauen des Unternehmens in das Produkt. Dass man sein eigenes Geld ausgibt, ist ein Statement.“
Goldberg stellte Lee Clow vor, den Creative Director der Agentur. Der große, leicht gebeugte und bärtige Clow nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und warf ein paar Anzeigen in Plakatgröße auf einen Tisch. Er deutete auf die Plakate und sagte: „Wir finden, der Tenor dieser Sache sollte die Wiedergeburt sein.“ Er las ein Stück daraus vor: „Evolution. Revolution.“ Er machte eine Pause. „Es ist sehr heikel zu sagen, dass alles, was alle anderen machen, überholt ist, aber genau das versuchen wir zu sagen. Es ist sehr wichtig, dass die Einführung von Lisa zeigt, dass alle anderen Nieten sind.“ Clow las die Anzeige zu Ende, und ein paar von den Apple-Leuten äußerten Bedenken:
„Wir wollen nicht, dass die Anzeigen den redaktionellen Beiträgen in die Quere kommen“, sagte Fred Hoar. Er wies daraufhin, dass ein paar Tage nach der Einführung des Lisa und des Apple IIe Meldungen in den
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