Apple - Die Geburt eines Kults
und außerdem die Befreiung von einem Jahr mit 14 Stunden Arbeit pro Tag. Aber je mehr Erkundigungen Jobs über Commodore einholte, umso misstrauischer wurde er. Er erkundigte sich über Jack Tramiel, dem Commodore-Gründer, der Anfang der 1970er-Jahre von der Taschenrechner-Branche verflucht worden war, weil er einen erbitterten Preiskrieg anzettelte und eine Ladenkette namens Mr. Calculator betrieb. Jobs erfuhr, dass Tramiel bei Verhandlungen häufig seinen Lieblingsspruch anbrachte: „Eines ist mir noch näher als mein Hemd: meine Haut.“ Jobs war unbeeindruckt. „Je genauer ich mir Commodore anschaute, umso schäbiger wurde es. Ich fand keinen einzigen Menschen, der mit denen einen Deal gemacht hatte und damit glücklich war. Alle hatten das Gefühl, sie seien betrogen worden.“ Tramiel und der Commodore-Vorsitzende Irving Gould kamen ihrerseits zu dem Schluss, dass sie Apple nicht übernehmen wollten. Sousan erinnert sich: „Sie fanden es lächerlich, zwei Typen aufzukaufen, die in einer Garage arbeiteten.“
Aber die Annäherungsversuche von Commodore waren das Thema langer Diskussionen zwischen Jobs und Wozniak, und es gab große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie etwaige Erlöse aufgeteilt werden sollten. Jerry Wozniak mischte sich in den Streit ein und machte klar, wie er darüber dachte. Mark Wozniak erinnert sich an die Bestimmtheit der Überzeugungen seines Vaters. „Dad brachte Jobs mehrmals zum Weinen. Er sagte, er würde das kleine Arschloch zum Weinen bringen und das wär’s dann. Er sagte zu ihm: ‚Du hast nicht mal ein Stück Scheiße verdient. Du hast überhaupt nichts produziert. Du hast überhaupt nichts gemacht.‘ Damit wäre es fast vorbei gewesen. “ Jobs fühlte sich elend, er war überzeugt, dass Jerry Wozniak seine Beiträge klar unterschätzte, und er sagte zu dem jüngeren Wozniak: „Woz, wenn wir nicht Fifty-Fifty machen, kannst Du den ganzen Kram haben.“ Am Ende setzten sich Jobs’ Instinkte durch, und Commodore und Apple gingen getrennte Wege.
Während sich die Apple-Gründer gegen Freier wehrten, beschäftigten sie sich aber auch mit weiteren Modifikationen des Computers. Jobs meinte, ein leises Gerät ohne Gebläse würde sich besser verkaufen als die eher lärmenden Computer, in denen ein Gebläse ein Netzteil kühlte, das so heiß war wie ein Toaster. Wozniak hatte sich für Netzteile nie besonders interessiert. Als er und Fernandez den Cream-Soda-Computer entwickelt hatten, war das Netzteil die Fehlerquelle gewesen. Als er und Baum den Data General Nova nachgebaut hatten, hatten sie sich um die Konstruktion eines Netzteils überhaupt nicht gekümmert. Beim Apple waren die Netzteile Nebensache. Netzteile waren etwas, das man in letzter Sekunde noch anschließen konnte, etwas, das man jederzeit bei Haltek im Regal fand. Der einzige Moment, in dem man sich um ein Netzteil Sorgen machen musste, war dann, wenn es einen Stromstoß durch den Computer zu schicken drohte und alle fein abgestimmten digitalen Elektronikbauteile durchbrennen ließ.
Netzteile gehörten einem älteren, trägeren Zweig der Elektronik an, dessen Grundregeln sich seit der Frühzeit des Radios kaum verändert hatten. Netzteile, Regler und Transformatoren waren analoge Geräte, und es bestand ein emotionaler und intellektueller Graben zwischen der analogen und der digitalen Elektronik. Junge Leute wie Wozniak interessierten sich viel mehr für die digitale Elektronik, die sich viel schneller veränderte. Die Welt ihrer Konzepte war von Begriffen wie hoch und tief, eins und null bestimmt und ihr Leben drehte sich um den Umgang mit Lösungen, die ihnen von den Halbleiterherstellern präsentiert wurden.
Allzweck-Elektrotechniker kannten sich normalerweise besser mit analoger Elektronik aus, die auf einem breiten Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen basiert und ein gründlicheres Fundament in Mathematik und Physik erfordert. Analog-Designer machten sich viel mehr Gedanken über Vollständigkeit, denn ihnen war bewusst, dass die Ergänzung einer Schraube oder die Platzierung eines Kabels die Leistung ihres Entwurfs beeinflussen konnte. Sie ärgerten sich über Spannungsverluste und waren insgesamt eine umsichtigere und geduldigere Spezies. Im Gegensatz zu einem Digital-Designer, der ausrief: „Es klappt“, erklärte ein Analog-Designer zurückhaltender: „Es klappt im Rahmen der Spezifikationen.“
Also fuhr Jobs zu Atari und fragte Al Alcorn, ob er ihm jemanden empfehlen könne, der ihn
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