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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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und da habe ich doch – wie Ihre
Freundin Mrs.   Kittery sagen würde – Schwein gehabt, als mir zur rechten Zeit
ein paar Diamanten in die Hände fielen.«
    »Aber die Umstände, unter denen sie Ihnen in die Hände fielen,
hatten auch ihre Schattenseiten? Sie legten zum Beispiel einen Aufenthalt in
der Eremitage nahe?« Appleby studierte in aller Ruhe seinen Teller. Ein
vergleichsweise alltägliches Arrangement aus geräucherten Austern hatte die
Stelle der versprochenen Würmer eingenommen. »So etwa dürfte es gewesen sein,
nicht wahr?«
    »Ich will Ihnen nicht widersprechen.« Poulish lächelte nun schon ein
wenig beherzter; Appleby spürte, daß der Mann ihn sympathisch fand.
    »Gut so. Und im Grunde, Sir Mervyn, haben Sie ja auch wegen der
Diamanten – und natürlich der Radiomeldung wegen – Unumunu umgebracht, nicht
wahr?«
    Poulish legte die Gabel ab; seine Augen waren groß, sein Teint blaß
geworden. »Darf ich fragen« – er sagte es sehr prononciert –, »wie Sie auf eine
derart abwegige Frage kommen?«
    »Ungeduld. Und dürfte ich jetzt um die Antwort bitten?«
    »Aber ja. Ich habe in meinem ganzen Leben niemanden umgebracht. Das
wäre gegen meine Natur. Ich bin Finanzier – und wie Sie wissen, nicht gerade
ein Musterknabe. Wenn Leute wie ich in die Enge getrieben werden, bringen sie
sich manchmal selbst um. Aber nie einen anderen. Das ist einfach nicht unsere
Art.« Und Poulish führte mit ein wenig zitternder Hand sein Glas zum Munde.
    Es folgte ein gespanntes Schweigen. Appleby blickte auf und sah
Hoppo, wie er ihm vom anderen Ende des Raumes glücklich zuwinkte. Miss Busst
hatte eine Eroberung gemacht. Näher an seinem Tisch hatten Glover und Jenner
sich in eine heftige Debatte gesteigert. Und ganz in der Ecke dozierte Miss
Curricle mit gleichmäßiger Stimme, und Mr.   Rumsby hörte zu. Er wandte sich
wieder an Poulish. »Sie kennen Kimberley, nicht wahr?«
    Das war immerhin ein Treffer. Der Mann blinzelte mit den Augen. »Ja … ja natürlich kenne ich das.«
    »Nun, Sie haben diesen Unumunu umgebracht, weil Sie aus dem
Radio erfahren hatten, daß er über etwas, was in Kimberley vorgefallen war,
zuviel wußte. Ich könnte mir vorstellen, Sie haben uns gesehen, als wir
noch als Schiffbrüchige auf der Insel hausten, und haben ihn wiedererkannt. Ein
schwerer Schock – der Zufall war ja nun wirklich unglaublich.«
    Poulish lehnte sich auf seinem Stuhl vor; inzwischen waren selbst
seine Lippen bleich geworden. »Das ist eine unverschämte Lüge!«
    Appleby seufzte. »Sehen Sie diesen Burschen Jenner drüben? Ich habe
mir erzählen lassen, er hat George getreten.«
    »Und was zum Teufel geht mich das an?«
    »Das ist eine genauso unverschämte Lüge.«
    Der Kaffee wurde auf der Veranda serviert. Appleby suchte sich
eine abgelegene Ecke, und binnen kurzem tauchte Diana neben ihm auf. »Hallo«,
sagte er. »Gut amüsiert beim Essen?«
    »Meiner war ein sehr unanständiger alter Kerl.« Diana ging nicht in
die Details. »Wie war es bei dir?«
    »Ich habe Freundschaft geschlossen. Und jetzt suche ich nach neuen
Eroberungen. Wie wäre es mit Heaven? Ich glaube, da kommt er gerade.«
    Von unten kam ein Murmeln, und gleich darauf sahen sie durch die
Dunkelheit etwas Rundes heranschweben – etwa in der Art der verirrten
Nebenmonde, die die Römer um die Zeit des Mords an Cäsar in solchen
Schrecken versetzten. Nun kam er die Treppe herauf und sah aus wie eine
Kürbislaterne am Ende einer Stange. Heaven, im Smoking und mit üppiger
schwarzer Schleife, machte die Runde bei seinen Gästen. Ein kluger Bursche,
ging es Appleby durch den Kopf. Er und seine Frau betrieben ein regelrechtes
Luxushotel nur mit der Hilfe von ein paar Halbwilden. Das mußte harte Arbeit
sein … »Guten Abend«, sagte er.
    Heaven hielt inne, lächelte, verneigte sich – alles unter jenen
sanften Lauten, die klangen, als müsse er irgendwo in der Nähe eine unsichtbare
Herde von Elfenkühen haben. »Guten Abend, der Herr, guten Abend, meine Dame.
Ich hoffe, unsere kleine Zerstreuung hat Ihnen gefallen? Dulce
est desipere in loco: Wir halten uns ganz an die Regel des Horaz.«
    »Ich hätte gedacht, weniger in loco« , meinte
Appleby, »als in saecula saeculorum . Amüsement rund
um die Uhr, oder wie man früher zu sagen pflegte: das irdische Paradies. Nicht weniger,
Mr.   Heaven, streben Sie an. Ich bewundere Ihre Kühnheit. In der Kunst ist es gelungen – Watteau hat es gemalt und auch Giorgione, obwohl bei Giorgione schon

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