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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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heute von dem Herrn Staatsanwalt von Bucher selbst gehört. Er befand sich zu der Tatzeit in diesem Etablissement, natürlich nur rein dienstlich. Mehr will ich wegen der Damen am Tisch nicht ausführen.«
    Dohnke wusste, dass Grünfelder Hedes Bordell regelmäßig aufsuchte, und vermutete daher, dass er am Vortag ebenfalls dort gewesen war. Dennoch schenkte er den Ausführungen des Bankiers nur bedingt Glauben. Es mochte zu zwei Morden gekommen sein, aber mit Sicherheit hatte nicht Fridolin von Trettin diese begangen. Dies sagte er jetzt auch mit Nachdruck, erntete dafür aber nur einen nachsichtigen Blick.
    »Ihre Treue in Ehren, Dohnke, doch sie gilt dem falschen Mann. Trettin ist ihrer nicht wert.«
    »Das, Herr Grünfelder, werde ich mit Ihrer Erlaubnis selbst herausfinden. Jetzt denke ich in erster Linie an Herrn von Trettins Ehefrau. Für sie muss das alles furchtbar sein.«
    »Ich bin froh, dass ich mich bis zuletzt mit allen Kräften geweigert habe, diese Kreatur zu empfangen, und zuletzt nur der Gewalt gewichen bin!« Juliane Grünfelder warf ihrem Mann einen vernichtenden Blick zu, obwohl dieser an der ganzen Entwicklung vollkommen schuldlos war, und richtete dann ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihre Tochter.
    »Mein armes Kind! Wie entsetzlich für dich! Mit Gewissheit wirst auch du unter diesem schrecklichen Skandal zu leiden haben. Welcher der Herren, die dir bisher den Hof gemacht haben, wird das unter diesen Umständen noch tun?«
    »Da kenne ich einige, die sich davon nicht abhalten lassen werden. Die Herren von Campe und von Trepkow zum Beispiel!«
    Emil Dohnkes in bitterem Spott ausgesprochene Worte brachten die Hausherrin dazu, undamenhaft zu schnauben. »Diese Herren sind echte Kavaliere und keine zweifelhaften Subjekte wie dieser Trettin!«
    Am liebsten hätte Emil Dohnke ihr erzählt, dass dieses zweifelhafte Subjekt in ihrem Haus bis gestern noch als Ehemann und Schwiegersohn hochwillkommen gewesen wäre. Er schwieg jedoch und dachte, dass er sich in seiner Meinung über Juliane Grünfelder nicht geirrt hatte. Sie war weder klug noch besonders taktvoll, und wie es aussah, kam die Tochter ganz nach ihr. Das tat ihm leid, denn trotz seines gelegentlichen Spotts über Wilhelmine hätte er dem Mädchen etwas mehr Verstand und Gefühl vergönnt.
    Unterdessen war Grünfelder zu der Überzeugung gelangt, dass er sich vor seinen Damen ausgezeichnet aus der Affäre gezogen hatte, und wies den Diener an, ihm und Emil je ein Glas Cognac zu bringen.
    »Leider handelt es sich noch um die Marke, die ich auf Trettins Anraten gekauft habe. In Zukunft werde ich mich wieder auf meinen eigenen Geschmack verlassen«, erklärte er selbstgefällig.
    »Sie mögen Trettin für einen Mörder halten, doch von feiner Lebensart versteht er etwas!« Emil verschluckte das »mehr als Sie« gerade noch. Dabei war er so wütend, dass er das Getränk am liebsten ausgeschlagen und sich verabschiedet hätte.
    Doch Grünfelder hielt ihm das Glas entgegen. »Auf Ihr Wohl, Herr Dohnke! Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie ab heute mein Stellvertreter sein werden.«
    »Sie sehen mich überrascht, Herr Grünfelder. Allerdings hoffe ich, diesen Posten bald wieder an Herrn von Trettin abgeben zu können. Ich glaube einfach nicht, dass er ein Mörder ist.«
    Emil trank aus, verneigte sich und bat, sich empfehlen zu dürfen. Während Grünfelders Frau und Tochter ihn nicht einmal eines Blickes für würdig hielten, klopfte der Bankier ihm auf die Schulter.
    »Sie sind ein treuer und loyaler Mann, wie man sich einen echten Preußen wünscht. Doch Trettin ist dieser Gefühle nicht wert. Vergessen Sie ihn, so wie mein armes Kind ihn hoffentlich bald vergessen wird.«
    So, wie Sie ihn bereits vergessen haben, fuhr es Emil durch den Kopf. Er verließ Grünfelders Haus mit dem Vorsatz, es in Zukunft möglichst wenig zu betreten, winkte auf der Straße einer vorbeikommenden Droschke und wies den Fahrer an, ihn zur Turmstraße zu bringen. Als er vor Lores Wohnung stand und den Türklopfer anschlug, öffnete ihm ein Lakai in Livree und sah ihn hochmütig an. »Sie wünschen?«
    »Ich möchte die gnädige Frau sprechen. Hier ist meine Karte!« Emil konnte nur hoffen, dass Lore von Trettin bereit sein würde, ihn zu empfangen. Er hatte Fridolin schätzen gelernt und brauchte dringend jemanden, mit dem er reden konnte, ohne dass sein Gesprächspartner sein Fähnchen nach dem Wind drehte, wie es bei Grünfelders leider Gottes der Fall

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