Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
Vom Netzwerk:
Griff seines versteckten Dolches unter den Fingern spürte.
    Unterdessen steckte von Palkow seinen Säbel weg, öffnete das Koppelschloss und legte die Waffe auf die Anrichte. »Nun, das ist nicht ganz so einfach, wie Sie glauben.«
    Der Franzose entspannte sich wieder. »Ich dachte, ein Held, der sich für eine herbe Zurücksetzung rächen will, findet immer einen Weg.«
    »Held, pah! Meine Taten sind längst vergessen oder werden vertuscht.« Von Palkow knurrte wie ein gereizter Hund, goss zwei Gläser ein und schob eines davon seinem Besucher zu.
    »Zum Wohl!«
    »Auf Ihren und damit auch meinen Erfolg, mein Freund!« Delaroux nippte kurz an seinem Glas und ließ den Rest in einer Blumenvase verschwinden, in der ein paar vertrocknete Maiglöckchen steckten. Von Palkow trank sein Glas leer und füllte es neu.
    »Auch noch einen?«, fragte er Delaroux.
    Dieser schüttelte den Kopf. »Lieber nicht! In meinem Metier ist es besser, einen klaren Kopf zu behalten. Das würde ich auch Ihnen anraten. Sie werden ihn brauchen, wenn Sie sich die Belohnung verdienen wollen!«
    »Ich werde sie mir verdienen«, antwortete von Palkow selbstsicher. »Habe die Sache bereits in die Wege geleitet, genauso, wie Sie es mir bei unserem letzten Treffen vorgeschlagen haben.«
    »Dann ist es ja gut!« Delaroux lächelte, sagte sich jedoch, dass er den Major überwachen lassen musste. Der Mann war ein unsteter Charakter, dem man nicht trauen konnte.
    »Haben Sie Freunde gefunden, die sich an einer Dampfyacht für den Prinzen beteiligen würden?«, fragte er gespannt.
    Von Palkow nickte. »Sieben Herren, die jetzt überzeugt davon sind, eine Dampfyacht werde den Prinzen am meisten entzücken. Wird anstelle von Ballast Sprengstoff im Kielraum gelagert, braucht nur jemand die lang brennende Lunte anzuzünden. Dann fährt der Prinz mit ordentlichem Getöse zur Hölle.«
    »Mir geht es nicht allein um den Prinzen! Ich will seinen Großvater tot sehen und diesen verdammten Bismarck dazu. Diese Männer haben unser Versailles mit ihren dreckigen Stiefeln geschändet.« Für einen Moment wurde der Franzose laut, beruhigte sich aber rasch wieder und klopfte von Palkow auf die Schulter. »Tun Sie Ihr Bestes, mein Freund. Gelingt es Ihnen, neben Prinz Wilhelm auch noch den Kaiser zu vernichten, verdoppelt sich Ihre Belohnung. In Amerika werden Sie mit dieser Summe wie ein Fürst leben können!«
    Lieber in Russland als Generalmajor, fuhr es von Palkow durch den Kopf. Kurz dachte er daran, dass Kaiser Wilhelm ihm nach
     der Gefangennahme Napoleons III . die Hand geschüttelt und er diesen immer als seinen obersten Kriegsherrn verehrt hatte. Sofort rief er sich zur Ordnung. Das ist vorbei! Der Kaiser hatte nichts getan, um ihn zu rehabilitieren, und daher ebenfalls seine Strafe verdient.
    Mit einem grimmigen Lächeln reichte er Delaroux die Hand. »Verlassen Sie sich auf mich!«
    »Dann verabschiede ich mich jetzt.« Der Franzose stand auf und verschwand, ohne dass von Palkow hörte, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde.

XI.
    W ährend sich diese Wolken am Horizont zusammenballten, arbeitete Lore an dem Festkleid, um das Mary sie gebeten hatte. Sie konnte mehr Zeit dafür aufwenden, als sie erwartet hatte, denn Fridolin weilte wieder jeden zweiten Abend bei Grünfelder. Zwar behauptete er, es ginge um wichtige Belange und es seien keine Damen anwesend. Doch Letzteres musste eine Lüge sein, denn wenn er nachts nach Hause kam, roch Lore ein teures, aber recht aufdringliches Parfüm an ihm. Einige Male war sie kurz davor, ihn zu fragen, woher es stammte, aber sie fürchtete sich vor der Wahrheit und schwieg.
    Ihr einziger Lichtblick in diesen Tagen waren Caroline von Trepkows regelmäßige Besuche. Diese hatte das Hauskleid fertiggestellt und ihren Lohn samt einem kleinen Extrageld erhalten. Nun half sie Lore mit dem Prachtgewand und nähte zu Hause für eine andere Kundin. Auch an diesem Tag saßen die beiden wieder zusammen und arbeiteten, während Jutta sie mit Kaffee und Kuchen versorgte.
    Da Jean ihr zu unzuverlässig war, hatte das Dienstmädchen sich angewöhnt, auch Fridolins Garderobe zu versorgen. Dabei war ihr ebenfalls das fremde Parfüm aufgefallen, und sie hatte auf einem Jackett ein langes, blondes Frauenhaar entdeckt, welches nicht von Lore stammen konnte. Seitdem tat sie alles für ihre Herrin und scheuchte Nele und Jean wie ein altgedienter Unteroffizier an die Arbeit. Sie selbst war endgültig davon überzeugt, dass alle

Weitere Kostenlose Bücher