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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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riskieren konnte, um den russischen Fürsten für seinen Vorschlag zu gewinnen. Die Belohnung, die Delaroux ihm für die Beseitigung Prinz Wilhelms versprochen hatte, würde ihm zwar ein sorgenfreies Leben ermöglichen, doch der Rang eines Generalmajors in Russland reizte ihn noch weitaus mehr. Zudem würde er das Geld des Franzosen trotzdem einstreichen können.
    Fürst Tirassow nickte schließlich. »Also gut! Sie bekommen das Geld, Palkow. Was Sie damit machen, ist Ihre Sache. Ich weiß von nichts.«
    Das wird auch das Beste sein, fuhr es dem Major durch den Kopf. Allerdings war er nicht bereit, sich mit einem bloßen Versprechen zufriedenzugeben. »Sie werden mir bestätigen müssen, dass ich nach meiner Demission hier in Deutschland in Russland willkommen bin und dort den mir zugedachten Rang einnehmen kann.«
    Tirassow bedachte ihn mit einem spöttischen Blick. »Sie werden dieses Papier erhalten. Allerdings sollten Sie sich nur dann nach Russland wagen, wenn Sie Erfolg haben. Versager leben bei uns nicht lange.«
    Mit dieser Drohung konnte er von Palkow nicht schrecken. »Ich werde nicht versagen!« Der Major trank noch ein Glas Cognac und sah dann auf seine Zigarre, die während des Gesprächs erloschen war. Er überlegte, ob er sie noch einmal anbrennen sollte, legte sie dann aber in den Aschenbecher und erhob sich.
    »Ich muss mich nun verabschieden. Wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag!«
    »Den wünsche ich Ihnen auch!« Tirassow dachte für sich, dass er von Palkow in Zukunft wohl niemals mehr trauen würde. Ein Offizier, der bereit war, die Hand gegen einen Angehörigen der herrschenden Dynastie zu erheben, konnte ihm kein Freund mehr sein. Es war für den Fürsten schmerzhaft, dieses Urteil fällen zu müssen, denn er hatte von Palkow für dessen schneidige Attacke bei Düppel bewundert und ihn beinahe als Vorbild angesehen. Nun, zumindest als Werkzeug mochte der Major noch seinen Wert haben. Mehr denn je war der Fürst davon überzeugt, dass Prinz Wilhelm, der seinem erkrankten Vater über kurz oder lang folgen würde, als Kaiser das für beide Länder so wichtige Bündnis mit Russland nicht einhalten würde.

X.
    T rotz der anstrengenden Nacht schritt von Palkow kräftig aus und winkte erst drei Straßen weiter eine Droschke heran. Während er zu der kleinen Wohnung in der Potsdamer Straße fuhr, die er als Liebesnest für sich und Malwine von Trettin eingerichtet hatte, musste er an sich halten, um nicht lauthals zu lachen. General Tirassow war ihm an die Angel gegangen wie ein gieriger Hecht.
    Dem Fürsten lag das vorlaute Prinzlein, wie von Palkow den jungen Wilhelm in Gedanken nannte, offensichtlich schwer auf der Seele. Möglicherweise stellte der Prinz tatsächlich ein Risiko für den Frieden zwischen Deutschland und dem Russischen Reich dar. Der Major vermochte nicht einzuschätzen, wie ernst die Aussprüche gemeint waren, die der Prinz in großer Zahl tätigte. Allerdings hielt er Wilhelm für einen ausgemachten Trottel, der keinen Funken Diplomatie besaß. Ob dieser nun Kaiser würde oder nicht, wäre ihm persönlich dennoch gleichgültig, wenn nicht sein Erzfeind zum engeren Gefolge des Prinzen gehören würde. Gelang es ihm, mit dem Prinzen zusammen auch jenen speziellen Herrn über die Klinge springen zu lassen, würde er endlich seine persönliche Rache bekommen.
    Zufrieden mit den jüngsten Entwicklungen bezahlte von Palkow den Droschkenkutscher und betrat das Haus. Auf dem Flur sah er den Milchmann die Hintertreppe hinuntereilen. Dem Mann pressierte es so, dass er nicht einmal aufsah. Hätte der Bursche mich bemerkt, würde er mich wahrscheinlich beneiden, weil ich es mir leisten kann, um diese Zeit nach Hause zu kommen, dachte der Major spöttisch. Mit diesem befriedigenden Gedanken betrat er seine kleine Wohnung.
    Er wollte sich gerade aus der Küche noch einen Schnaps holen, als er im Wohnraum einen Mann auf seinem Lieblingssessel sitzen sah. Sofort zog er den Säbel, senkte ihn aber wieder, als er Delaroux erkannte. »Wie kommen denn Sie hier herein?«
    Der Franzose lächelte süffisant. »In meinem Metier muss man mit Nachschlüsseln umgehen können, mein Freund. Ich wollte nachfragen, ob Sie in unserer Sache schon etwas erreicht haben.«
    »Sie meinen, in Ihrer Sache!«
    »Schade!«, antwortete Delaroux. »Und ich hatte gedacht, die Summe, die ich Ihnen geboten habe, würde es auch zu Ihrer machen.« Noch während er sprach, stahl sich seine Hand in die Weste, bis er den

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