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Aprilwetter

Aprilwetter

Titel: Aprilwetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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An Christine dachte er nicht. Und Janet war nicht da.
    Als sie am frühen Abend nach Hause kam, war Benno schon so betrunken, dass er sie nicht mehr erkannte. Jemand legte eine Decke über ihn und schaltete den Fernseher aus, das war alles, was er im Nebel registrierte. Er war in einem fremden Haus in einem fremden Land, und eine fremde Frau legte die Decke über ihn.
    —
    Er hört oben Christines Tür, dann ihre Schritte auf der Treppe und öffnet. Sie bleibt auf dem Treppenabsatz stehen und sagt: »Ich kann grad irgendwie nicht allein sein.« Er schließt die Tür hinter sich und folgt ihr nach oben.
    »Daniel sagt, du machst die Produktion für Meike«, sagt sie, als er ihre Wohnungstür schließt.
    »Warum hast du ihm nicht gesagt, dass ich da bin?«, fragt er.
    »Weiß nicht«, sagt sie. Dann sieht sie ihn an, macht eine kleine, unschlüssige Bewegung in keine bestimmte Richtung, so als habe sie einen Impuls im Augenblick des Bewusstwerdens gleich wieder vergessen. »Ich find’s gut, dass du Musik machst. Ich freu mich jetzt schon drauf, das zu hören.«
    Sie holt eine Flasche Wasser und ein zweites Glas für ihn aus der Küche und geht auf den Balkon. Er folgt ihr.
    »Hat Daniel mich eigentlich zufällig gefunden, oder hat er nach mir gesucht?«
    »Er hat gesucht«, sagt sie und lehnt sich an das grün gestrichene Holzgeländer, »seit dem elften September hat er wie verrückt gesucht, hat jede Woche mindestens einmal eine halbe Nacht im Internet herumgestöbert nach deinem Namen und alles gelesen, was er über dich finden konnte, aber es war immer nur altes Zeug aus eurer gemeinsamen Zeit. Konzertberichte, Plattenlisten, Fanzeugs, erst nach über einem Jahr ist er dann auf eine amerikanische Seite gestoßen, in der etwas über Nashville stand. Mit deinem Namen in irgendeiner Bandbesetzung.«
    Bis jetzt hat sie über die Dächer geschaut beim Reden, aber nun dreht sie sich zu ihm um, so als wolle sie die Wirkung ihrer Worte in seinem Gesicht überprüfen. »Ich habe ihm zugeredet, dass er hinfährt. Er hat sich nicht getraut. Er hatte Angst, du lässt ihn abfahren. Willst nichts mehr von ihm wissen.«
    »Warum?«
    »Warum er Angst hatte? Das weiß ich nicht. Vielleicht weil er mit mir zusammen war. Oder weil er deinen Wunsch nicht respektierte, dass du nichts mehr mit ihm zu tun haben wolltest. Und mit mir.«
    »Nein, warum er mich gesucht hat. Wollte er wieder Musik machen?«
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Er dachte, es geht dir schlecht.«
    »Und du? Hast du das auch gedacht?«
    »Ja.«
    Sie schaut wieder über die Dächer, lässt ihn diskret mit seiner Reaktion auf diese Neuigkeit allein. Und diese Reaktion steigt ihm von den Zehen langsam in den Körper: Scham. Und Ärger. Ärger über die Scham zunächst, aber dann auch Ärger über Daniel und Christine. Die beiden Samariter stöbern den abgestürzten Versager unter seiner Brücke auf und holen ihn nach Hause, wo sie ein Nest für ihn bereitstellen, in dem er Schutz hat vor der bösen Welt, mit der er nicht zurechtkommt. Die reichen Geschwätzgewinnler und Heiße-Luft-Verkäufer leisten sich ein Mäzenat, päppeln den armen Musiker, der keine zweite Option hat, sich nicht mit Scharlatanerie für sozial amputierte Managertypen aus der Sackgasse schleichen kann, und spendieren ihm eine bescheidene, aber ehrbare Existenz als Kaffeebudenfuzzi. Er hätte Lust, Christine zu ohrfeigen. Er tut es nicht. Er steht nur da und schaut wie sie über die Stadt. Und schweigt.
    —
    Das Gemisch aus Enttäuschung, Scham und Zorn ist irgendwann in einer inneren Schublade verschwunden, abgelegt zur späteren Entsorgung oder Verwendung, und Benno lauscht dem nächtlichen Summen, Klappern und gelegentlichen Fauchen der Stadt, während Christine in der Küche mit einer Eierflockensuppe beschäftigt ist, die sie dann in zwei Schalen auf den Balkon bringt, zwischen die Finger zwei Scheiben Brot, zwei Löffel und zwei Servietten geklemmt. Er nimmt ihr ab, was er auf einmal greifen kann, und stellt es auf das breite Holzgeländer.
    »Ich will heut Nacht hier draußen schlafen«, sagt sie zum Klappern des Löffels in ihrer Suppenschale. »Hilfst du mir, die Matratze rauszuschaffen?«
    Er nickt.
    »Und würdest du bei mir bleiben? Nur so. Nur, damit ich nicht allein bin. Mir ist so schwummrig und fiebrig und fies.«
    Er nickt wieder. Und schließt die innere Schublade endgültig, schaut in den Himmel – kein Wölkchen. Mit Regen ist in dieser Nacht nicht zu rechnen.
    »Geht mir

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