Aqua
Terrassentür geöffnet.
»Wir müssen die Säcke von außen vor die Terrassentür setzen.«
Walde legte die Säcke auf dem Fensterbrett ab. Er leuchtete hinaus. Die Wiese hatte sich in einen Teich verwandelt. Auf der vom Wasser noch nicht überspielten Terrasse hob der vollkommen unbeeindruckt wirkende Quintus den Kopf. Das Wasser floss zur Pforte in der hohen Gartenmauer herein. Diese war dummerweise nicht gegen das Hochwasser gesichert worden.
Jo kletterte, durch eine Anglerhose vor Nässe geschützt, zum Fenster hinaus in den Garten. Ein paar Minuten später hatte er mit den von Walde angereichten Sandsäcken, die zur Sicherung des Flurs vorgesehen waren, die Tür zur Terrasse weitgehend abgedichtet.
Von dem Lärm waren Marie und Doris geweckt worden. Zu viert schaufelten sie das Wasser in Eimer und beförderten es zum Fenster hinaus.
Als sie die Böden trockengewischt hatten und den Ofen im Wohnzimmer anheizten, dämmerte es bereits.
Quintus lag weiter seelenruhig auf der nur noch wenige Zentimeter aus dem Wasser ragenden Holzterrasse, doch als er sah, wie Jo seinen reichlich gefüllten Futternapf auf die Fensterbank stellte, war er in wenigen Sätzen durch den überschwemmten Garten herbeigeeilt, stellte zwei Pfoten auf die Fensterbank und schüttelte sich so ausgiebig, dass die Tropfen auf Jo, der überrascht zurückwich, und an ihm vorbei in das Zimmer stoben. Als Wiedergutmachung erklärte sich Waldes Freund bereit, eine Runde mit dem Malamute zu drehen.
»Nicht zu fassen, wie weit das Wasser gekommen ist«, berichtete Jo, als er zurückkam und sich aus der Anglerhose geschält hatte, »aber wenn mich nicht alles täuscht, geht es zurück.«
»Das wurde auch gerade in den Nachrichten gesagt. Und es soll trocken bleiben.«
Doris klatschte mit Jo ab.
»Das Wasser ist bestimmt unter das Holz gelaufen.« Walde deutete auf das Parkett, bevor er sich auf der Couch niederließ. »Aber es hätte schlimmer kommen können.«
»Ich möchte gar nicht daran denken, wie es bei uns zu Hause in Pfalzel aussieht«, sagte Marie leise, während Jo einen Arm um ihre Schulter legte.
Im Fahrstuhl des Polizeipräsidiums waren die kleinen Schilder mit der Aufschrift GESPERRT an den Knöpfen der Stockwerke zwei, drei, vier und sechs mit schwarzem Edding durchgestrichen. Das Hinweisschild auf das Labor der Kriminaltechnik wirkte wie frisch gewienert. Alle Mitfahrer waren bereits aus der Kabine ausgestiegen, als Walde im siebten Stock ankam. Auf dem Flur lehnten Klappstühle, Böcke und schmale Spanplatten an der Wand.
Wenn er den Weg nicht gekannt hätte, so hätte ihn Gabis Lachen zu seinen Kollegen geführt. Die allgemeine Erheiterung wich augenblicklich, als er den Raum betrat. In dem geräumigen Büro befanden sich vier Arbeitsplätze, jeweils zwei gegenüber. Gabi, Burkhard und Grabbe verfügten über Rechner, auf dem verbliebenen Platz gab es nicht einmal ein Telefon.
Er fragte sich, ob dies der Grund zur Belustigung war. Oder hatte man sich über seine zu kurze Hose von gestern amüsiert?
»Hast du es schon gesehen?«, fragte Grabbe.
»Wir haben zwar ein Transistorradio, aber keinen Fernseher mit Batterie, abgesehen davon, dass wir keinen Kanal mit Tele Mosel belegt haben.«
»Stiermann hat schon interveniert, er hat diesen Scheißkerl beim Presserat angezeigt. Monika versucht, das Filmchen bei Youtube löschen zu lassen.«
»Na toll, ich will nicht wissen, wie viele sich den Film inzwischen heruntergeladen oder gepostet haben«, meinte Gabi.
»Willst du den Film mal sehen?«, fragte Grabbe.
»Nein«, Walde winkte ab, »oder doch … ist wohl besser, wenn ich doch mal reingucke.«
»Sind nur ein paar Sekunden.«
Unterlegt mit Pianomusik im Stummfilmsound wurde Waldes Gesicht gezeigt. Es folgte ein Kameraschwenk hinunter zu seinen Beinen, die Socken wirkten heller, als er sie in Erinnerung hatte. Die nächste Sequenz, in der er neben Burkhard das Krankenhaus verließ, lief in beschleunigter Abspielgeschwindigkeit. Seine Hose wirkte aus der Froschperspektive deutlich kürzer, als sie ihm gestern erschienen war. Das lag wohl auch daran, dass er von oben die tatsächliche Hosenbeinlänge anders eingeschätzt hatte.
»Ein bisschen wie Pat und Patachon«, kommentierte Gabi. Sie konnte nicht mehr an sich halten und prustete los. Grabbe stimmte ein, während Burkhard verlegen sein Nasenbein und die Umgebung seines rechten Auges betastete.
»Wer war eigentlich der Stiernacken in Wirklichkeit, den der Mann im
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