Aqualove
schaute mich an. Zum ersten Mal war ich mir nicht sicher, ob ihn meine Antwort wirklich interessierte oder ob es sich nur um die übliche Selbstgefälligkeit eines Großgrundbesitzers handelte.
„Es ist der Knaller – wenn man Wasser mag. Ich gehöre nicht dazu.“
Er stutzte. „Sie mögen kein Wasser? So wie in: Duschen und Mineralwasser?“
„Ich mag kein Wasser wie in: Schwimmbäder, Seen, Meer, Gewässer und so ziemlich jeder anderen Beziehung.“
Waterman lachte lauthals, als sei das der beste Witz, den er seit Langem gehört hatte. Ich mochte sein Lachen – auch wenn er über mich lachte. Als auch Felix in das Gelächter mit einstimmte, schlenderte ich betont langsam zu einem der Stühle, die an einer langen Tafel aus Treibholz standen. Was war so lustig?
Ich setzte mich und beobachtete gelassen den Heiterkeitsausbruch der beiden. Als das Gelächter abebbte, erklärte ich mich ungefragt weiter: „Es gibt kein natürlich sauberes Wasser mehr. Der See ist schön, aber krank. Nur auf festem Boden fühle ich mich wohl. Ich kann schwimmen, weil mein Vater mich dazu gezwungen hat. Aber jede bleierne Ente schwimmt besser. Ich besitze noch nicht mal einen Badeanzug und schon gar keinen Bikini. Auf Schiffen muss ich mich unweigerlich übergeben. Selbst kleine Tretboote machen mich seekrank. In Schwimmbädern ist das Wasser totgechlort. Schon das Umziehen und Reinquetschen in Latexfetzen ist in den winzigen Umkleidekabinen ein Fall für Amnesty International. Außerdem bin ich bekennende Nur-jeden-zweiten-Tag-Duscherin, weil alles andere den pH-Wert der Haut versaut. Ich misstraue sogar den Filtern. Wer weiß schon, was beim Baden aus der Leitung rauskommt, während ich nichts ahnend im zu warmen Wasser gare. Und wenn ich es mir aussuchen kann, trinke ich lieber Gin Tonic als ein Glas Wasser.
Ich kann wirklich guten Gewissens sagen, dass ich Wasser nicht ausstehen kann.“
Die beiden hatten meinem Monolog schweigend und mit offenen Mündern gelauscht. „Wow“, sagte Waterman nach einer halben Ewigkeit. „Jetzt halte ich Sie nicht nur für verrückt, sondern auch für geschwätzig. Ich liebe Wasser. Aber bitte. Bitte duzen wir uns: Ich bin Ethan.“
„Nia“, antwortete ich lächelnd. „Aber das wissen wir beide schon.“
„Ich bin dann mal in der Küche“, bemerkte Felix. „Bis hoffentlich bald wieder“, rief er mir zu und wandte sich kopfschüttelnd ab.
Ja, du mich auch, dachte ich, ein Grinsen unterdrückend. „Sind das die Unterlagen?“, wandte ich mich an Waterman – Ethan. Auf dem Tisch lag ein großformatiger, brauner Umschlag.
Jemand hatte sich gut auf meinen Besuch vorbereitet.
„Nia, willst du die fertigen Antworten, oder willst du ein persönliches Interview?“
„Geben Sie ... ähm ... gibst du mir denn eins?“
„Ich habe Zeit.“
„Warum mir?“
„Warum nicht dir?“
Ich seufzte hörbar. „Ich bin keine Spezialistin. Ich komme aus der Kulturredaktion. Ich bin nicht für fünf Cent vorbereitet, und ich werde mir nicht mit halb garen Praktikantenfragen den Ruf versauen.“
„Du könntest behaupten, ich hätte deine Fragen mit Zeichensprache beantwortet, und die Leute würden dir das Interview trotzdem aus den Händen reißen. Weil alles, was ich von mir gebe, eine Meldung ist.“
„Du leidest jedenfalls nicht unter einem angekratzten Selbstbewusstsein.“
„Das wird bedauerlicherweise häufig von mir behauptet“, konterte er.
Ich saß vor dieser atemberaubenden Kulisse und hatte einen Top-Interviewpartner vor der Nase. Er war willig und gut aufgelegt, und ich hatte gerade abgelehnt. Oh, Mann! Wie er da stand, wirkte er gar nicht mehr klein. Der Vergleich zu seinen beiden Begleitern verfälschte den Eindruck. Worum ging es hier überhaupt? Ich war nicht so leicht zu beeindrucken, dass ich nicht merkte, wie er mich zu ködern versuchte. Aber warum? Was wollte er von mir? Wie war ich überhaupt in seinen Dunstkreis geraten? Ich fand ihn hübsch, attraktiv, unwiderstehlich und unberechenbar. Was war mit mir los? Ich wurde unprofessionell – schließlich waren nicht seine Qualitäten als Mann, sondern seine Antworten Grund meines Besuchs.
Wenn ich ihn jetzt befragte, würde dabei nichts Vernünftiges rauskommen. Ich hatte keine Strategie, keine Informationen. Wenn ich das Interview jedoch liegen ließ, würde Keeler mich umbringen. Zu Recht. Was sollte ich tun? Ich zermarterte mir noch das Hirn, als Watermans Mob piepte. Überraschend, dass es sich nicht schon eine
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