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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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Sonnenstrahlen fielen durch die einfach gezimmerten Holzwände auf den Dachboden. Die Lichtmuster auf dem Boden vervielfältigten sich durch das feine Netz und die geflochtenen Fäden, die meine Hängematte zusammenhielten. Ein dünner Sonnenstrahl fiel direkt neben mein Gesicht. Feine Staubpartikel tanzten im Licht. Die Schrecken der Nacht waren einmal mehr durch den anbrechenden Tag gebannt. Ich beugte mich leicht über den Rand meiner Hängematte und sah, dass Levent immer noch ausgestreckt auf dem Boden lag. Seine Augen waren offen und schauten zu mir hoch. Ich fühlte eine Welle der Dankbarkeit, dass er seinen unbequemen Platz nicht verlassen hatte.
    „Morgen“, flüsterte ich.
    „Morgen“, lächelte er zurück.
    „Und danke!“
    Levent erhob sich zum Sitzen und fragte: „Darf ich zu dir kommen?“
    Entgeistert fragte ich: „Hier rein?“
    „Ist eine Hängematte für zwei.“
    „Gibt es dafür einen Grund?“
    „Keinen aktuellen.“
    „Dann komm.“ Ich fühlte mich, als hätte ich etwas Mutiges getan. Levent teilte den Vorhang des Moskitonetzes. Mit seinen großen Händen schob er mich ein Stück beiseite und zog die Fäden der Hängematte weit auseinander. Dann stieg er mit einem Bein zuerst zu mir. Mit dem anderen Bein gab er uns einen leichten Schubs. Die Halteseile quietschten im Takt der schaukelnden Bewegung. Wir rutschten in der Mitte mit unseren Körpern zusammen. Levent legte mir seinen Arm um den Hals. Ich roch den Duft seiner erdig riechenden Dreadlocks und schob ein paar lästige Zipfel aus meinem Gesicht. Es fühlte sich gut an, so nah an seinem starken Körper zu liegen. Für einen Moment dachte ich: Warum nicht er? Das pure Leben, unendlich zuversichtlich, stark, selbstbewusst, mitfühlend und doch zutiefst männlich. Ich war froh, dass er nicht sprach.
    „Und nochmals danke“, flüsterte ich.
    „Wofür?“, fragte Levent.
    „Dafür, dass ich mich gerade ein bisschen weniger einsam fühle.“
    Levent schaute mich an, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ein sonderbarer Moment.
    „Du bist vielleicht weniger einsam, als du denkst.“
    Wir hatten so einige Minuten beieinandergelegen, als wir plötzlich Schritte auf der Treppe hörten. Wir hoben beide den Kopf.
    „Ethan ...“
    Er hatte sich suchend im Raum umgesehen. Seine schmale Gestalt hob sich kaum von dem dunklen Holz ab. Nur seine blonden Haare leuchteten. Als unsere Augen sich trafen, sah ich das Erstaunen in seinem Blick. Ich merkte, wie er in Zehntelsekunden falsche Schlüsse zog und ein schmerzlicher Ausdruck über sein schönes Gesicht hinweghuschte. Er wandte sich ab und hastete die Treppe hinunter.
    Ich sah zu Levent und küsste ihn kurz und heftig auf den Mund. „Es tut mir leid.“ Ich fühlte mich kläglich, als ich meine Beine über den Rand schwang und das Netz zurückschlug.
    „Geh nicht mit ihm ins Wasser!“, warnte Levent. „Ich behalte ihn im Auge.“
    Ich lächelte ihm dankbar zu und lief nach unten. Ich sah mich im Hauptraum um. Ingrit und Uli schliefen noch auf der Matratze am Boden. Zum ersten Mal fragte ich mich, ob es hier Skorpione gab. Ash stand in der kleinen Küchenecke und machte mir wortlos ein Handzeichen in Richtung Fluss. Ich nickte ihm zu und lief barfuß die Holzplanken entlang zum Steg. Dort konnte ich Ethan schon sitzen sehen. Seine schwarzen Kleider nahmen sich an diesem ursprünglichen, farbenfrohen Ort seltsam aus. Jetzt, da ich mich ihm zum ersten Mal wieder freiwillig näherte, merkte ich, wie mein Herz pochte. Es war eine Mischung aus ängstlicher Nervosität und Vorfreude. Vorfreude worauf?, fragte ich mich selbst. Die letzten Schritte machte ich unsicher, als könnte ich so den Moment der unausweichlichen Begegnung hinauszögern.
    Außer dem gelegentlichen Schrei eines Vogels war der Morgen still und verträumt. Die Hitze des nahenden Tages war schon zu spüren, aber die Luft war noch kühl und klar. Ich bemerkte dankbar, dass Cem sich in seiner Hängematte aufgesetzt hatte. Seine große dunkle Gestalt und sein Blick wirkten wachsam. Carlos murmelte etwas Unverständliches und ging dann an mir vorbei. Ich sah seinem schlaksigen, dünnen Körper nach, bis er im Dunkel des Haupthauses verschwand.
    Ich holte tief Luft und setzte mich neben Ethan auf den Steg. Ethan hob nicht einmal den Blick. Hundert Satzanfänge gingen mir durch den Kopf, aber keiner schien der Situation angemessen. Ich hasste unnötige Missverständnisse. Ich konnte ein „Es ist nicht, wie du

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