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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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denkst“ einfach nicht über die Lippen bringen. Ich hatte schließlich nichts verbrochen. Ich fühlte mich – abgesehen von dem Gedankenchaos in meinem Kopf – zum ersten Mal seit Tagen aufgeputscht, übermütig. Im gleichen Maße, wie Ethan den Kopf hängen ließ, fühlte ich mich sicherer. Die Angstgefühle waren wie weggeblasen. Ich hatte ihn bis auf das eine Mal am Seeufer nie brutal und gewalttätig erlebt. In dem, was die anderen über ihn erzählten, erkannte ich nicht den Mann wieder, den ich kennen- und lieben gelernt hatte. Trotzdem wollte ich nicht naiv sein. Ich hatte schon einmal für meine Dummheit bezahlen müssen. Jetzt saß ich hier in Costa Rica.
    Vorsichtig schob ich meine linke Hand, die auf meinem Knie gelegen hatte, zu ihm hinüber und berührte sein rechtes Bein. Wie schon einmal zuvor war es wie ein kleiner elektrischer Funke, der überschlug, als wir in Kontakt kamen. Ethan schaute ruckartig zu mir herüber, als hätte er mich erst jetzt bemerkt. Ich legte meine Hand auf sein Bein und rutschte etwas näher. Allein die Nähe zu ihm sandte kleine Hitzewellen über meinen Rücken. Ich merkte, wie Ethans Anspannung sich legte. In seinen ebenmäßigen Zügen lag jetzt eher Überraschung. Ich schaute wieder auf den Fluss und wartete. Es war ein schöner Moment, einfach abzuwarten, was passieren würde. Ich fühlte mich sicher und stark. Dann spürte ich Ethans Hand, die meine fasste und festhielt. Es war eine kindliche und doch vertraute Geste. Mein Herz schlug bis in meinen Hals hinauf, und ich verspürte zum ersten Mal seit Jahren das aufregende Gefühl erwiderter Liebe.
    Wir mussten so eine halbe Stunde lang schweigend gesessen haben, als Ethan mit dem Blick nach vorn flüsterte: „Ich liebe dich.“
    „Ich liebe dich auch.“
    Es war eine Erfüllung, endlich Gewissheit zu haben. Mich störte nichts mehr. Seine Herkunft, seine Vergangenheit, sein unverschämter Reichtum, sein gesellschaftlicher Status oder seine Identität. Mit diesem Verschränken unserer Hände war plötzlich eine Zukunft inmitten dieses Wahnsinns für uns vorstellbar. Vernunft oder Unvernunft, das waren Kategorien für andere. Hier saß der Mann, der mich seit Wochen verunsichert, aufgewühlt, geängstigt, verärgert und angespornt hatte. Ihn zu lieben war schicksalhaft. Das Leben war voll von albernen Parallelen. Es fühlte sich gut an, für ein paar Augenblicke an das Unmögliche zu glauben. Ich wusste nicht mehr, ob Cem noch hinter mir saß und über mich wachte, als ich mich zu Ethan mit offenen Augen hinüberwandte und wir uns zum ersten Mal küssten.
    Vermutlich stand die Welt für einen Augenblick still. Es musste so gewesen sein, denn alle Geräusche verstummten für einen Moment, als unsere Lippen sich berührten. Er war zart und zögernd, nicht ungeduldig und verzehrend. Seine Haut duftete unbeschreiblich gut, und sein Mund verströmte im Vergleich zu meinen ungeputzten Zähnen einen leichten Geschmack nach Minze. Es war perfekt. Es war der Geschmack, der Duft, auf den ich immer gewartet hatte. Wir verweilten mit unseren Gesichtern beieinander und atmeten das Aroma des anderen ein. Ich genoss die wilde Achterbahnfahrt meiner Gedanken.
    „Es tut mir so leid, Nia ...“
    „Ich will es nicht hören. So, wie es jetzt ist, ist es gut. Alles andere ist vorbei.“
    „Es ist noch lange nicht vorbei.“
    Ich schluckte und drehte mich weg. Er hatte recht. Auch die magischsten Momente wurden irgendwann entzaubert. Es war Zeit für ein Quäntchen Realitätsnähe.
    „Wie konntest du das tun?“
    „Die Frage scheint mir ein bisschen zu allgemein gefasst zu sein.“
    „Wie konntest du nur systematisch Menschen umbringen?“
    Er schaute mich fassungslos an. „Ich bringe niemanden um.“
    „Ach so. Ich nehme an, wir sprechen jetzt über fließende Grenzen und Handlungsspielraum. Oder wie nanntest du es, als du dir die Haut des armen Ethan Waterman geliehen hast?“
    „O Mann, Nia. Manchmal frage ich mich, ob es einer masochistischen Neigung entspricht, dich zu lieben. Es ist doch nicht, als würde ich jemanden häuten. Das ist krank.“
    „Klar. In menschliche Körper zu schlüpfen ist nicht pathologisch.“
    „Nia. Es klingt grausam, aber für uns Wassermenschen wart ihr Schädlinge.“
    Für die einen waren es jetzt noch 1.600.001 Menschen, für andere 1.600.001 Schädlinge. So oder so war ich einer von ihnen.
    „Ihr habt überhandgenommen und hattet keine natürlichen Feinde mehr. Ihr habt euch rapide vermehrt

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