Aqualove
er hier ist.“
Das waren die Schlussworte, weil Cem unaufgefordert einen Koffer mit dem Satellitentelefon geöffnet hatte und Carlos vor dem Haus Gerätschaften zu sortieren begann. Ich versuchte mich nützlich zu machen, indem ich in der Küche nach etwas zu essen für alle suchte. Den Rest des Tages verbrachte ich rastlos. Mein Körper war nervös, mein Geist ebenfalls. Ich wünschte mir Alex’ mustergültige Gelassenheit, ihre Fähigkeit, total zu entspannen. Ich traute mich nicht mehr allein ins Wasser, seitdem Ethan mit Levent kommuniziert hatte. Der Fluss war plötzlich wieder die Art von Wasser, die ich immer gefürchtet hatte: unberechenbar und gefährlich. Es gab keine Musik, also schnappte ich mir ein paar alte Bücher und versuchte, in einer der Hängematten zu lesen. Die Anstrengungen der letzten Tage machten mich schläfrig. Abends saßen wir schweigend um den großen Tisch im Haupthaus herum. Später entschuldigte ich mich und ging nach oben, während die anderen drei sich noch flüsternd unterhielten. Ich verbrachte die Nacht unruhig träumend und war froh, als der Morgen endlich graute.
Im Laufe des Vormittags trafen Ingrit und Uli ein. Alle begrüßten sich mit dem seltsamen Ritual. Geballte Fäuste. Diesmal hatte ich das Wort „Revolution“ ganz deutlich verstanden. Revolution am Ende der Welt. Aufstand der Zwerge. Großartig! Aber es war alles, was ich hatte.
Ingrit und Uli sahen aus wie ein Pärchen auf Weltreise. Sie waren langsam und freundlich. Ingrit hatte lange dunkle Haare, deren Spitzen ihr bis auf die Hüften reichten. Sie trug sie wie einen nur leicht geteilten Vorhang vor dem Gesicht. Was Ingrit an Haaren zu viel hatte, das fehlte bei Uli. Er hatte seinen Kopf auf kürzester Stufe rasiert. Beide trugen lange, weite Gewänder. Sie wirkten schmuddelig und stoned und bewegten sich nah an der Grenze zur Unterernährung. Wenn Levent unterwegs war, passten sie auf das Haus auf.
Ich begrüßte ihre Ankunft, weil sie Essen, Getränke und die Bereitschaft zum Zubereiten unserer Mahlzeiten mitbrachten. In ihrer grenzenlosen Entspannung und ihrem Desinteresse an allen weltlichen Dingen würden sie meiner Einschätzung nach keine große Verteidigungshilfe sein. Sie waren die einzigen, die von der Ankunft des Großinquisitors komplett unberührt blieben. Es gab wahrscheinlich nicht mehr viele Dinge, die Ingrit und Uli beeindrucken konnten.
Am späten Nachmittag holte Cem Ash mit dem Boot vom Flussdelta ab. Delilah war, wie wir von Cem in wenigen Worten erfuhren, nicht mitgekommen, da sie Ethan fürchtete. Sie war wie ich noch Mensch und ständig auf der Flucht. War es das, was Levent mit „Flexibilität“ gemeint hatte?
Ash schien mit Levent sehr vertraut zu sein, aber er hatte beschlossen, sich nicht dauerhaft der Außenseiterkolonie anzuschließen. Er war klein, unansehnlich und drahtig. Seine lebendigen Augen verrieten jedoch seine Intelligenz. Er war derjenige, der sofort den Ring an meinem Finger erkannte. In dem Blick, den er mir bei der Begrüßung zuwarf, mischten sich Interesse und Bedauern zu gleichen Teilen. Als ich müde meine Faust hob und „Revolution ahoi!“ murmelte, warfen mir alle kritische Blicke zu. Gegen sechs Uhr, kurz bevor die Sonne unterging, versammelten wir uns alle im Haupthaus.
Levent ergriff das Wort: „Liebe Freunde. Ich freue mich, dass wir uns endlich, wenn auch unter diesen schwierigen Umständen, wiedersehen. Ich bin froh um eure Unterstützung. Shark kann jetzt jederzeit hier eintreffen. Er wollte Nia schon in Michigan ausliefern. Jetzt macht er sich auf den Weg zu uns in den Dschungel. Er hat vorhin mit mir im Fluss gesprochen. Ich bin mir sicher, dass er nicht mehr weit weg ist. Nia steht unter unserem Schutz, und ich möchte, dass wir alles tun, damit sie ...“ Levent hatte sich unterbrochen und strich sich gequält über die Augenbrauen.
„... die Nacht überlebt“, beendete ich seinen Satz.
Alle blickten zu mir herüber.
„Danke für eure Hilfe.“ Meine Stimme war leise und belegt. Ich wischte mir die feuchten, zittrigen Hände an meiner Hose ab.
Levent lächelte ermutigend. „Ich habe keine Ahnung, wann es passiert oder was passieren wird. Zum ersten Mal haben wir die Gefahr direkt vor der Haustür. Ich möchte nicht, dass irgendjemand zu Schaden kommt. Aber wenn, dann sollte es Shark sein.“
Die versammelte Gruppe nickte zustimmend. Alle wussten, dass jetzt die Zeit des Wartens begann.
„Ich gehe davon aus, dass Shark den Schutz
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