Arabiens Stunde der Wahrheit
realisieren versucht. Spätestens mit der islamischen Revolution des Ayatollah Khomeini wurde die schiitische Wiedergeburt zur Schicksalsfrage in dieser Region. Die USA haben auf der Insel Bahrein in der Person des Malik Isa Ibn Salma Â
el-Khalifa einen gefügigen sunnitischen Statthalter gefunden. Sie wachen darüber, daà in dieser Zone keine äuÃere Bedrohung aufkommt, die sich mit dem gescheiterten Zugriff Saddam Husseins auf das Ãl-Scheichtum Kuweit vergleichen lieÃe. Um den arabischen Reichtum an Petroleum am Persischen Golf wurde eine Art Cordon sanitaire gezogen. Die Kriegsschiffe der Fünften US-Flotte kreuzen im südlichen Küstengebiet von Bahrein und verÂfügen dort über eine Sperrzone, die für AuÃenstehende schwer zugänglich ist.
Zur Zeit meines Aufenthalts im Februar 1997 gehörten noch kleine Trupps amerikanischer Marines zum StraÃenbild von Manama. Für ihren kurzen Landurlaub hatten sie Zivil angelegt und mengten sich ungeniert unter die gemischtrassige Bevölkerung, in der das indische Element stark vertreten war. Die Hauptstadt von Bahrein lieà sich natürlich nicht mit den Sexparadiesen, den Sündenpfuhlen Südostasiens vergleichen, die den »Rest and recreation«-Urlaubern des Vietnamkrieges zur Entspannung verhalfen. Aber das koranische Alkoholverbot wurde hier nicht eingehalten. Prostitution wurde geduldet.
Trotz des hemmungslosen Einkaufs modernsten Rüstungsmaterials wären die winzigen Vereinigten Emirate wie auch die Insel Bahrein oder das Scheikhtum Kuweit nicht in der Lage, sich länger als zwei Tage zu verteidigen. Die im Ãlrausch schwelgenden Beduinen haben die kriegerischen Tugenden ihrer Vorfahren, die sich ja oft genug auch nur in überfallähnlichen »Rezzu« erschöpften, längst abgestreift. Deshalb wurden überwiegend pakistanische Söldner angeworben, die in den Armee-Einheiten und in der Nationalgarde, »Haras-el-watani«, des Emirats Bahrein dienten, aber nicht tauglich waren, den schiitischen Volksaufstand von 2011 niederzuwerfen.
Kurznach meiner Abreise aus der Golfregion hatte der Befehlshaber der US-Flotte restriktive Anordnungen für seine 20000 Matrosen und Marine-Infanteristen erlassen. Landausflüge für Kurzurlaube in Manama wurden streng untersagt. Die einschlägigen Lokale »The Hunterâs Lodge« oder »Tabasco Charles« verloren von einem Tag zum anderen ihre Stammkunden. Es wurden Mordanschläge auf die Repräsentanten der Pax Americana befürchtet. Ganz aus der Luft gegriffen waren diese Sorgen wohl nicht. Dieser Inselstaat steckt voller Widersprüche. Jenseits des harmlosen Bazarbetriebs, unbemerkt von den meisten Gästen der strahlenden Nobelhotels und weitab von der ministeriellen Arroganz duckt sich nämlich eine Vielzahl unansehnlicher, ärmlicher Dörfer, die am Wohlstand der Industrie und der führenden sunnitischen Kaste keinen Anteil haben. In grauen und braunen Lehmhütten haust dort die schiitische Urbevölkerung â viele Perser sind darunter â, die durch die Oberschicht vom aktiven politischen Leben, von der Mitwirkung am Staat und vom einträglichen Geschäftsleben ausgeschlossen bleibt. Die wenigsten Schiiten verfügen über eine Aufstiegschance. Bei ihnen grassiert Arbeitslosigkeit, seit sie sich zwecks Anhebung ihrer erbärmlichen Entlohnung durch die örtlichen GroÃgrundbesitzer gewerkschaftlich zu organisieren suchten und deshalb durch indische Tagelöhner ersetzt wurden.
Die Sicherheitsbehörden von Bahrein hatten vermutlich mit Argwohn wahrgenommen, daà ich mich in diesen armseligen Ballungszentren der Unzufriedenheit und des potentiellen Aufruhrs gründlich umsah. Immerhin waren schon in den neunziger Jahren zahlreiche der Regierung nahestehende Bahreini Opfer von Attentaten geworden. Nach der Auflösung des örtlichen Parlaments wurde Kriegsrecht über das Emirat verhängt. Ein spezielles Sicherheitstribunal nahm seine Tätigkeit auf, verfügte zahlreiche Todesstrafen und langjährige Haft. Immer wieder wurden Schiiten eingekerkert unter der Anklage, sie hätten mit Hilfe Irans eine Islamische Republik ausrufen wollen, was von den Betroffenen energisch und sogar glaubhaft bestritten wurde. Die Serie politisch motivierter Brandstiftungen rià nicht ab. Auch die Polizei verwies eilfertigauf die Urheberschaft religiöser Extremisten, auf die
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