Arabische Nächte
Druck seiner Hand auf ihrem Arm war das derzeit Einzige, an das sie zu glauben vermochte.
»Japonica?«
Sie blickte auf, um ihm zu versichern, dass alles in Ordnung sei; doch die Worte entglitten ihr, als sie seinem Blick begegnete. Das Gesicht Lord Sinclairs sah wieder völlig real aus mit all seinen menschlichen Konturen und Schatten. Plötzlich schämte sie sich, schämte sich ihrer Bereitschaft, sich mit einem Mann einzulassen, den jeder vernünftige Mensch als ihren Feind bezeichnet hätte.
Devlyn erkannte die Keime des Zweifels in ihrem Blick, war aber nicht gewillt, seine ursprüngliche Absicht aufzugeben. »Komm, Lady!«
Er nahm ihre Hand, trat v o r den Spiegel in der Ecke, hob den Leuchter und ließ das Licht auf ihr Gesicht fallen.
»Bitte sage mir, ob du reizlose Züge siehst. Leugne deine rosigen Wangen, den Glanz deiner Augen!«
Japonica senkte den Blick. Die Empfindung der Macht, als sie sich vorhin in vollem Ballstaat gesehen hatte, war dahin. So wie der Glanz ihres Kleides im schwachen Dämmerschein stumpf wurde, hatte ihr Selbstvertrauen an Stärke eingebüßt. »Ich sehe nichts.«
Leicht umfasste er ihr Kinn. Diesmal redete er sie auf Persisch an. »Der kluge Händler stellt glänzende Waren zur Schau, um das Verlangen der Menge nach Wirkung zu befriedigen. Seine größten Kostbarkeiten verbirgt er jedoch vor den Blicken achtloser Passanten, die nicht zu schätzen wüssten, was sie kaufen - um sie nur wahren Kennern zu präsentieren.«
Während er sprach, drehte er langsam ihr Gesicht hin und her, neigte es in verschiedene Winkel, dass das Licht über die Rundungen ihrer Wangen auf den vollen Mund fiel und in ihren Augen widerschien.
»Schau dich an, bahia, und erkenne die Wahrheit! Du allein hast es in der Hand, deinen größten Schatz zur Geltung zu bringen. Ich erhaschte heute einen Blick darauf wie alle Anwesenden.« Seine Hand glitt zu ihrer Schulter, um sie zu sich umzudrehen. Misstrauen verschattete noch immer ihre Züge, doch entdeckte er auch etwas anderes - vielleicht die ersten Regungen von Hoffnung. »Bezweifelst du, was du in den Augen des Mirza sahst? Bezweifelst du, was du in meinem Blick siehst?«
»Ja!«, flüsterte sie stockend, weil sie Angst davor hatte.
Aber er lächelte nur und sagte: »Lügnerin!«
Devlyn merkte, dass seine Erwiderung sie erröten ließ. Als sie die Augen gegen seine Herausforderung schloss, lenkten ihn die kupferroten Wimpern, die auf ihren weichen Wangen lagen, ab. Im Kerzenschein war ihr Haar zu Flammen geworden und umwogte wie Engelshaar ihre Schultern. Wie konnte sie sich für unscheinbar halten?
Er kräuselte die Lippen. Vermutlich war er in Gegenwart der Frau seines Begehrens so hingerissen wie jeder andere. »Du hast immer die Wahrheit gekannt, die ich ausspreche - hast die lärmende Menge verabscheut, die leichte Beute sucht und es nicht schafft, innezuhalten und etwas Wertvolleres wahrzunehmen.«
»Ja«, hauchte sie, brachte es aber nicht über sich, ihn anzuschauen.
Er beugte sich herab und küsste ihre Wimpern. »Ich habe innegehalten und wähle dich aus. Ich bin gekommen, um den Wert, den du darstellst, zu erforschen.«
Sie schlug die Augen auf; aber er sah in ihnen eine Frage, die er nicht beantworten konnte, da ihm selbst eine Frage auf der Zunge lag. Er berührte mit dem Finger ihre Unterlippe und rieb leicht darüber. »Was suchst du, bahia?«
Japonica sah Verlangen in seinem Gesicht und zweifelte nicht mehr an dessen Aufrichtigkeit. Doch dies konnte ihre Ängste nicht auslöschen. Nichts leichter, als dass er sie und alles, was ihr teuer war - somit auch diesen Moment zerstörte.
Sie senkte die Lider, weil sie der verbotenen Wahrheit in seinem Blick entfliehen wollte. »Das ist töricht, Mylord. Wir sollten hier nicht so zusammen sein.«
»Nein, das sollten wir nicht.« Sein Finger ließ von ihrer Lippe ab und fuhr die sanfte Wölbung ihres Kinns entlang. Federleicht glitt er über ihre Kehle und hielt an der Basis inne. »Aber wir sprachen nicht von Sollen oder Wohlanständigkeit. Es gibt nur dich und mich. Und niemand kann es uns verwehren.« »Die Welt ...«
Devlyn legte ihr den Finger auf die Lippen, um sie am Sprechen zu hindern. Als sie trotzig aufblickte, lächelte er. »Die Welt ist draußen. Hier gibt es nur dich.« Er hob den Finger von ihrem Mund. »Und mich. Für "dich werde ich jeder und alles sein, was du dir wünschst.«
Unwillkürlich lächelte Japonica. »Ich dachte, ich sei die seltene und kostbare Ware
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