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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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die Augen und holte tief Luft.
    Plötzlich schien die Luft in dem Raum zu flimmern. Das Phänomen war keine Magie, aber doch außergewöhnlich genug, dass Aralorn spüren konnte, wie es durch sie hindurchwogte und sich dann über die Priesterin legte.
    Als Tilda die Lider wieder öffnete, waren ihre Pupillen so groß, dass ihre Augen fast schwarz wirkten. »Nein«, sagte sie. »Es gibt einige Geister in der Gegend, alte Geister zumeist. Aber nichts, was stark genug wäre, die Lebenden zu beeinflussen.«
    Aralorn nickte langsam. »Das wollte ich wissen. Ich danke Euch.« Sie wandte sich zum Gehen.
    »Wartet«, sagte sie Priesterin. »Da ist noch etwas …«
    »Ja?«
    Tilda starrte eine Weile auf den Brotteig, bevor sie wieder aufsah. Sie war blass wie Milch, und ihre Pupillen waren nun so klein, als blicke sie in die pralle Mittagssonne. »Wenn du nicht sehr achtsam und klug handelst, wird es noch mehr Tote zu beklagen geben.«
    »Ich handele immer klug«, witzelte Aralorn, obwohl ihr gar nicht danach zumute war. »Ob achtsam, darüber kann man streiten. Ich weiß um die Gefahr. Es dürfte mir nicht schwerfallen, herauszufinden, was in den letzten Wochen hier geschah. Und dann werde ich wissen, was zu tun ist.«
    »Ridane sagt, das Netz ist gesponnen, und dass eine Person auf Lammfeste sterben wird, egal, was Ihr auch unternehmen mögt.«
    Aralorn hatte bisher nicht viel mit den Göttern zu tun gehabt, aber sie glaubte fest daran, dass jedermann selbst für sein Schicksal verantwortlich war. Sie hatte nicht vor, Ridane über die Zukunft ihrer Familie und Freunde entscheiden zu lassen. »Ich sehe zu, was ich tun kann. Habt Dank, Tilda. Ihr wart mir eine große Hilfe.«
    Nevyn , dachte sie, als sie Schimmer bestieg. Es ist Nevyn.
    Der Hengst schnaubte und schlingerte und nahm überhaupt Aralorns gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch, bis sie wieder auf dem Pfad Richtung Lammfeste waren. Schon als sie sich Gerems Geschichte angehört hatte, war ihr klar geworden, dass es nicht Geoffrey gewesen sein konnte. Wenn Geoffrey gewusst hätte, dass sich auf Lammfeste ein ungeübter Magier befand, hätte er nichts unversucht gelassen, seiner habhaft zu werden. Ungeübte Magiebegabte verliehen ihm so viel mehr Macht als geübte. Also konnte Geoffrey bis zu seinem Tod nichts von Gerem gewusst haben. Und als Toter, der auf Rache aus war, hätte er sich ganz gewiss nicht Gerem ausgesucht, die Arbeit für ihn zu erledigen. Er hätte Anasel dazu auserkoren. Mit Sicherheit wäre ein tatteriger alter Mann, der einst ein großer Magier gewesen war, das geeignetere Ziel gewesen. Aber Nevyn mied Anasel, wie er, sofern möglich, alle Magiebegabten mied. Wenn er zwei weitere Magier zur Unterstützung gebraucht hätte, wäre seine Wahl auf Kisrah und Gerem gefallen. Doch Nevyn würde ihrem Vater niemals etwas zuleide tun.
    Eines von Aralorn größten Spitzel-Talenten, abgesehen von der Kunst, sich in eine Maus zu verwandeln, war, sich aus einem Fitzelchen Information eine ganze Geschichte zurechtzuspinnen.
    Kisrah hatte ihr gesagt, dass Nevyn ein Traumwandler war.
    Kisrah hatte lange in der Gunst des ae’Magi gestanden und viel Zeit auf seiner Burg verbracht.
    Nevyn, der schon darunter litt, ein magiebegabter Darraner zu sein, hatte sich anfangs bei jemandem zum Zauberer ausbilden lassen, der ihn missbraucht hatte. Dieser Zauberer wiederum genoss einen solch schlechten Ruf, dass der ae’Magi sich nie freiwillig mit ihm verbündet hätte.
    Das waren die Tatsachen, die sie kannte. Genug für eine erfahrene Geschichtenerzählerin, daraus verschiedene Szenarien zu entwickeln.
    Vor ihrem inneren Auge sah sie den Jungen vor sich – unsicher und nervös –, der von seinem neuen Meister mit auf die Burg des ae’Magi genommen worden war. Missbrauchte Kinder versuchten sich um jeden Preis zu schützen. Sie versteckten sich, versuchten ihrem Peiniger zu gefallen, benutzten ihre magischen Fähigkeiten. Santik war kein Traumwandler gewesen; zweifellos hätte sein Schüler seine Fähigkeiten dazu benutzt, ihn zu bespitzeln, um sich einen Vorteil zu verschaffen und somit zumindest etwas sicherer vor ihm zu sein. Vielleicht war das Traumwandeln zum Zwecke der Beobachtung seines Meisters ja schon so etwas wie eine Gewohnheit geworden, als er unter Kisrahs Obhut gestellt wurde.
    Kisrah hätte seinen neuen Schützling gewiss dem ae’Magi vorgestellt, um sich Ratschläge für den richtigen Umgang mit dem Jungen bei ihm zu holen. Wie schon Kisrah hatte auch

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