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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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weiterschlafen?«
    Er nickte langsam. »Muss schlafen«, sagte er.
    Er machte einen Schritt voran, zwang Aralorn damit, ihrerseits einen Schritt zurück vom Treppenabsatz auf die erste Stufe zu tun. Dadurch überragte er sie nun an Größe in gleichem Maße wie Falhart.
    Sie ergriff ihn sacht am Arm und versuchte ihn herumzudrehen, wobei sie wieder auf den Treppenabsatz trat. Es war eine Methode, die sie oft bei störrischen Packtieren anwandte. Das Herumdrehen war viel effektiver als Drücken oder Fortzerren. »Dein Zimmer liegt dort entlang, mein Bruder. Da kannst du schlafen.«
    Ernst schüttelte er den Kopf. »Du verstehst nicht. Ich muss in die Ställe.«
    »In die Ställe? Was willst du in den Ställen?«
    Er hörte auf, Widerstand zu leisten, und beugte sich herab, bis ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren. »Ich habe Vater getötet«, flüsterte er.
    »Rede keinen Blödsinn, Gerem. Vater ist nicht tot.« Sie sah sich hilfesuchend um, doch sie befanden sich nicht mal annähernd vor irgendjemandes Schlafzimmer. Die lagen alle im Geschoss darüber. Niemand würde sie hören, wenn … Dann fiel ihr ein, dass Irrenna ihrem Gast Kisrah die Bibliothek des Löwen zum Übernachten gegeben hatte.
    »Kisrah!«, rief sie und hoffte, ihre Stimme würde die dicke Eichenholztür durchdringen.
    »Lass mich los. Ich will dir nicht wehtun.«
    »Ich dir auch nicht, mein Bruder«, murmelte sie.
    Mit einer umständlichen wirkenden Bewegung zog Gerem ein Messer hervor. Als er es in der Hand hielt, wirkte er, als wisse er nicht, wie man damit umging.
    Dadurch getäuscht, versuchte Aralorn, ihm die Waffe einfach wegzunehmen. Doch sie hätte wissen müssen, dass der Löwe keinen seiner Söhne ohne Übung gelassen hatte. So geschickt, wie er es offenbar schon zahllose Male getan hatte, ergriff er mit dem freien Arm ihre Hand und drehte ihren Körper mittels der Hebelwirkung herum, sodass er nun direkt hinter ihr stand. In der nächsten Sekunde spürte Aralorn die Klinge an ihrer Kehle.
    Normalerweise hätte sie sich im Handumdrehen wieder aus seinem Griff befreit – ein ehemaliger Dieb des Handelsclans hatte ihr mal ein paar interessante Tricks beigebracht –, doch mit einem Messer am Hals war das keine kluge Idee. Und obwohl Gerem noch nicht ganz ausgewachsen war, war er dennoch schon jetzt größer und schwerer als sie. Und zu guter Letzt wollte sie nicht, dass er mit dem beständigen Gedanken erwachsen werden musste, seine eigene Schwester getötet zu haben. Also verhielt sie sich ruhig.
    »Was willst du in den Ställen, Gerem?«, fragte sie so ruhig wie möglich. Gib ihm etwas Zeit, sich wieder aus dem Griff des Traumwandlers zu lösen , dachte sie. Lass ihn reden.
    »Schlafen.« Er ließ die Hand mit dem Messer eine Winzigkeit sinken, doch nicht weit genug.
    »Warum musst du in den Ställen schlafen?« Sie versuchte, auch weiterhin im Große-Schwester-kleiner-Bruder-Plauderton mit ihm zu sprechen und nicht wie ein zu Tode erschrockenes Opfer, dem eine Klinge gegen die Kehle gedrückt wurde. Wenn man jemanden zu oft daran erinnerte, dass man ganz von seiner Gnade abhing, dann mochte er sich am Ende doch dazu entschließen, die Sache hinter sich zu bringen.
    Er verstärkte seinen Griff um ihr Handgelenk. »Ich habe Vater getötet. Verstehst du das denn nicht?«
    Unvermittelt fuhr er herum und schubste sie mit vollem Schwung gegen jemanden, der sich ihnen von hinten genähert hatte. Aralorn riss den Mann von den Füßen und hörte gleichzeitig, wie Gerem die Treppen hinunterstürmte.
    Sie schimpfte wie ein Kesselflicker und rappelte sich wieder auf. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass sie mit Kisrah zusammengeprallt war, der noch immer am Boden lag.
    Obwohl alles in ihr danach schrie, Gerem auf der Stelle nachzusetzen, nahm sie sich die Zeit für eine Verwandlung. Eine flatternde Gans würde die Treppen schneller bewältigen als ein Eisluchs, da die Steinfliesen den Krallen keinen Halt gaben.
    »Was zum –«, krächzte Kisrah, nachdem er sich aufgesetzt hatte und die letzte Phase von Aralorns Verwandlung verfolgte.
    »Ihm nach«, sagte sie und hob ab.
    Inzwischen war Gerem schon unten angelangt. Er hielt sich nicht damit auf, durch die Tür zu den Ställen zu gelangen, sondern riss die Riegel von den Fensterläden und sprang kurzerhand nach draußen.
    Er wird sich alle Knochen brechen, dachte Aralorn. Die Fensterreihe im Erdgeschoss begann erst auf der Mitte des ersten Stockwerks. Sie legte die Flügel an und hüpfte ihm

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