ARALORN - Der Verrat (German Edition)
je existierte«, erwiderte Aralorn. »Es gibt eine weniger dramatische Version von der Geschichte, in der Tam den Träumer nur erfunden hat, um dem allgemeinen Gebrauch von schwarzer Magie Einhalt zu gebieten. Ich bin eine Grünmagierin, mein ehrwürdiger ae’Magi, ich muss verrottetes Fleisch nicht essen, um zu erkennen, dass es verdorben ist. Blutmagie … stinkt so faulig wie ein roher Braten, der tagelang in der Sonne gelegen hat.«
»Ah«, entgegnete Kisrah. Stirnrunzelnd sah er sie an und wechselte dann übergangslos das Thema. »Habt Ihr den ae’Magi getötet?«
»Geoffrey?«, fragte sie, als wären in den letzten Jahren ein Dutzend Erzmagier umgebracht worden.
»Ja.«
Aralorn verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die kalte Steinmauer. Seufzend ließ sich Wolf zu ihren Füßen nieder, wenngleich er ein wachsames Auge auf Kisrah behielt. Der Erzmagier ignorierte ihn.
»Die Uriah haben Geoffrey getötet«, sagte sie leise. »Arme gequälte Kreaturen, die er, er selbst, geschaffen hat.« Dann zwang sie sich zur Ruhe und setzte leichthin hinzu: »Zumindest haben das die zur Säuberung der Burg angeheuerten Söldner berichtet.«
»Er hatte vorher nie Probleme damit, sie zu kontrollieren«, sagte Kisrah. »Ich hab die Zauber selbst benutzt – sie waren weder sonderlich kräftezehrend noch schwierig. Und, Aralorn, ungeachtet dessen, was Euer Freund, der Magier, der Euch dieses Amulett gegeben hat« – zugegeben, nicht gerade eine ihrer besseren Geschichten – »Euch erzählt hat, Geoffrey hat die Uriah nicht erschaffen, er hat sie lediglich zusammengerufen, damit sie seinen Anordnungen Folge leisten. Ich denke, Ihr wurdet getäuscht.«
Sie zuckte mit den Schultern. Sie hatte ihre Lektion gelernt: Sie stritt nicht mit jemandem herum, der möglicherweise immer noch unter dem Zaubereinfluss des verstorbenen ae’Magi stand.
»Ihr wart dort in jener Nacht«, sagte er. »Ich hab Euch gesehen.«
»Und wenn ich nun zugäbe, dass ich ihn getötet hab?«, fragte Aralorn in ruhigem Ton. »Was dann? Würdet Ihr mich dann ebenfalls töten, um gleichen Punktestand herzustellen?«
»Nein«, entgegnete er heiser. »Mein Ehrenwort, dass ich das nicht würde. Und ich werde auch niemandem erzählen, was Ihr mir sagt. Ich glaube, ich weiß, wer für seinen Tod verantwortlich ist, aber ich muss … ich muss ganz sicher sein.«
Weshalb? , dachte sie bei sich. Damit du die schwarze Magie rechtfertigen kannst, die meinen Vater zum willenlosen Köder gemacht hat, um Wolf in die Falle zu locken?
»Wie sollte ich, eine zweitklassige Schwertkämpferin und drittklassige Grünmagierin, dem ae’Magi so etwas antun können?« Sie erlaubte sich ein bisschen mehr, als für sie ungefährlich war, obwohl sie darauf achtete, nicht zu viel Spott in ihre Stimme zu legen. »Jedermann weiß, was für ein mächtiger Zauberer er war – und ein Schwertfechter von allerhöchstem Range. Und warum überhaupt sollte ich ihn umbringen wollen? Er war der liebenswürdigste und sanftmütigste – gar nicht zu reden von unterhaltsamste – Zauberer, den ich jemals kennengelernt hab. Sein Tod war eine große Tragödie.«
Zweitklassige Schwertkämpferin, aber erstklassige Schauspielerin; Aralorn wusste, dass Kisrah aus ihrer Stimme nichts als Aufrichtigkeit heraushörte. Es war die Art von hohlköpfiger Lobhudelei, die jeder über den letzten ae’Magi von sich gab und in seiner absurden, simplifizierenden Gesamtheit auch glaubte – dank des Charisma-Zaubers des ae’Magi, der sogar jetzt noch allenthalben nachklang. Hätte sie Geoffrey nicht der Erschaffung der Uriah bezichtigt, dachte sie, hätte sie Kisrah vielleicht wirklich von ihrer Unschuld am Tod des Erzmagiers überzeugt.
Stirnrunzelnd sah Kisrah sie an. »Ihr wart dort in jener Nacht. Habt einen Magierstab geschwungen …« Er zögerte einen kurzen Moment, schien jedoch zu dem Schluss zu gelangen, dass es nun ohnehin keine Rolle mehr spielte. »Habt Cains Stab geschwungen – das sagt ja wohl alles.«
Wenn er glaubte, sie würde ihm dabei helfen, Wolf zu überführen, dann hatte er sich geschnitten. Verwirrt schaute Aralorn Kisrah an. »Ich war dort in dieser Nacht, aber an einen Stab kann ich mich nicht erinnern. Ich hab für den Meisterspion hin und wieder Nachrichten überbracht. Als die Uriah anfingen, sich komisch zu benehmen, hab ich zugesehen, dass ich schnellstens da wegkam. Ich bin kein Feigling, aber diese Biester machen mir Angst. Seht nur, was sie mit dem ae’Magi
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