Arams Sündenbabel
siegen, der Tod ist ein Freund. Und die Hölle öffnet sich...«
Janine hatte das Gefühl, geschlagen zu werden. Der Rücken war von einem harten Peitschenschlag getroffen worden. Und das bildete sie sich nicht ein.
Der nächste Hieb.
Sie schrie auf und sprang in die Höhe. Noch in der Bewegung drehte sie sich.
Es war niemand da, der den Schlag hätte ausführen können. Das Zimmer war so leer und trotzdem voll. Nur waren diese Gäste für einen normalen Menschen nicht mehr sichtbar.
Lass dich nicht verrückt machen! hämmerte sie sich ein. Nicht durchdrehen, sonst ist alles verloren. Bleib ruhig, nur ruhig...
Nach einer Weile wurde Janine ruhiger. Sie drehte den Kopf. Sie suchte die Ecken des Zimmers ab.
Nein, da war nichts. Es hockte dort kein Kobold, um sich plötzlich zu lösen und sie anzugreifen.
Janine Helder hatte jetzt gehört, was sie in der nahen Zukunft erwartete. »Okay«, sagte sie und nickte vor sich hin. »Hier wird sich also das Grauen wiederholen. Ich weiß es jetzt. Und das muss auch John Sinclair erfahren.«
Es spielte für sie keine Rolle mehr, dass er ihr geraten hatte, im Zimmer zu bleiben. Sie wollte die Dinge endlich in die richtige Reihenfolge bringen. Allerdings zögerte sie noch, nach draußen zu gehen, weil sie nicht wusste, was sie im Gang erwartete.
Da erreichte sie das Lachen.
Es war ein schrilles Geräusch. Es klang böse und zugleich triumphierend.
Janine drehte sich auf der Stelle, um die Ursache des Gelächters zu finden.
Erst als sie wieder in die gleiche Richtung schaute, sah sie, was sich verändert hatte.
Jemand stand in der Tür.
Sie war geschlossen. Er hätte so nicht in den Raum hineinkommen können. Aber er war trotzdem zu sehen. Seine Gestalt hatte sich in das Holz regelrecht hineingedrückt und malte sich dort ab.
Bis auf einen Lendenschurz war der Mann nackt. Auf dem Kopf trug er die Maske eines Gorillas. Er sah aus wie jemand, der zum Karneval ging, doch auf ein derartiges Fest nahm man keine Machete mit. Die hielt er nämlich in der Hand. Und zwar in der rechten. Mit der linken hielt er etwas anderes fest. Den Gegenstand erkannte Janine erst, als der Maskenmensch das Zimmer durch die geschlossene Tür betreten hatte. Sie wollte, dass sie sich irrte, aber es war kein Irrtum.
In der Linken hielt er einen Kopf. Den Kopf eines Mannes, dessen Gesicht Janine zugedreht war, damit sie auch alle Einzelheiten erkennen konnte.
Das Gesicht zeigte die dunkle Haut eines Farbigen. Die langen Haare sahen aus wie ein schwarzer Strom aus Pech. Das Gesicht war ebenfalls von einer Waffe in Mitleidenschaft gezogen worden, denn an der Stirn klaffte eine Wunde. Es tropfte kein Blut, obwohl der Schädel von einer Seite zur anderen schwang.
Janine war wieder bis auf das Bett zurückgegangen. Es gab keine andere Möglichkeit, um dem Grauen zu entwischen. Sie hatte dabei nicht einmal gemerkt, dass sie saß. Das war ihr völlig entgangen. So sehr hatte sie unter dem Eindruck dieses schrecklichen Bildes gestanden.
Die toten Augen im Kopf sahen künstlich aus. Sie glotzten die Frau an, ohne auch nur eine Spur von Leben zu zeigen. Der Gorillamann mit dem Kopf wirkte so echt, aber Janine hämmerte sich ein, dass er nicht echt war.
Nein, nein, das ist nur ein Gebilde der Phantasie. Das ist ein Geist, das ist ein Gespenst, und das ist zugleich das Grauen und die Folter pur.
Die sollen mich fertig machen. Seelisch am Boden haben, um dann zuschlagen zu können.
Sie nahm sich vor, aufzustehen. Einfach hingehen.
Durch dieses Spukgebilde schreiten, das ihr bestimmt nicht den geringsten Widerstand entgegenstemmen würde.
Es blieb beim Vorsatz, obwohl sie schon die Hände seitlich auf das Bett gestemmt hatte, um schneller in die Höhe zu können.
Die Gestalt mit dem Kopf holte aus.
Wieder schwang er vor und zurück – und löste sich von der Hand. Er flog auf die Frau zu, und Janine tat, was jeder Mensch in dieser Lage tut. Sie streckte im Reflex die Hände aus, um den Gegenstand zu fangen.
Er prallte auf.
Sie umfasste ihn.
Erst da wurde ihr bewusst, dass der verdammte Kopf echt war!
***
Janine Helder erlebte Augenblicke wie nie zuvor in ihrem Leben. Hätte sie in den Spiegel geschaut, dann wäre ihr folgendes Bild aufgefallen. Eine Frau, die auf dem Bett hockte, die Arme vorgestreckt hatte und zwischen ihren Händen einen Schädel hielt, dessen Gesicht sie starr anglotzte.
Janine war unfähig, etwas zu unternehmen. Die letzte Aktion hatte sie einfach gelähmt. Sie konnte nur
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