Aratani
Personen und zehn Kamelen war am Abend
aufgebrochen. Alle waren vermummt. Bis auf die Augenschlitze in den Tüchern,
die sie um die Köpfe gebunden hatten, war jeder Körperteil bedeckt von leichter
Kleidung. Über ihre Schultern hatten sie warme Decken geschlungen. Drei der
Kamele waren mit dem gesamten Gepäck beladen, so dass die Tiere, auf denen sie
ritten, nur ihre Reiter tragen mussten. Zügig schritten sie voran. Uralab gab
das Tempo vor und ritt mit einem Begleiter an der Spitze. Er war hier sozusagen
zu Hause. Es war sein Revier. Hier kannte er sich aus. Aran hatte ihm nur zu
gern die Führung überlassen und genoss das angenehme Tempo. In der Mitte wurde
ein zweiter und am Ende der Gruppe der dritte Begleiter platziert. Aran und
Rincipea ritten nebeneinander hinter Uralab. Tilgrem hatte zwischen dem
mittleren und hinteren Begleiter seinen Platz eingenommen. Als sie mit der
aufgehenden Sonne ihre erste Rast einlegten, hatten sie bereits ein gutes Stück
geschafft. Sie hatten ein größeres Zelt eingepackt, in denen sie alle Platz
fanden. Die drei Begleiter bauten in kürzester Zeit die Behausung auf, während
die anderen die Kamele abluden und den mitgenommenen Proviant in den Schatten
brachten. Hungrig und vor allem durstig machten sie sich über die Verpflegung
her. Dabei lachten und scherzten sie. Keiner von ihnen brachte die Sprache auf
die bevorstehende Audienz bei der Königin. Es war alles besprochen. Jetzt
würden sie warten müssen, was Begona ihnen zu sagen hatte. Das hieße, wenn sie
nicht zu spät kommen würden. Nach dem Essen legten sich die vier zur Ruhe auf
einige der ausgebreiteten Decken. Die drei Begleiter hatten abwechselnd die
Bewachung übernommen. Trotz der bereits am frühen Morgen sengenden Hitze
schliefen die Reisenden rasch ein und erwachten erst am Nachmittag frisch und
ausgeruht. Während sie einen Imbiss bereiteten legten sich ihre Begleiter noch
ein Weilchen aufs Ohr, um die Zeit bis zum Aufbruch zu nutzen.
Die nächsten beiden Tage verliefen ebenso gleichbleibend ohne besondere
Vorkommnisse. Hin und wieder sah Aran eine Schlange und andere kleinere Tiere,
die meisten von ihnen aber ungefährlich. Einige Male hatten ihre Begleiter auf
ein giftiges Tier gewiesen und beizeiten einen Bogen um dieses geschlagen. Aran
war froh, als er endlich in der Ferne die spitzen Türme des Königspalastes
ausmachen konnte. Obwohl es früh am Morgen des dritten Tages und es Zeit für eine
Rast war, hatten sie beschlossen, bis zum Palast durchzureiten. Jeder
Augenblick zählte, das wussten sie alle.
In der Nähe des Palastes wohnten in einer Art kleinem Dorf die
Bediensteten des Königshauses. Hier auf dem Markt konnten sich Reisende mit
Proviant für ihre Durchquerung der Wüste eindecken. Ein großes Gasthaus mit
angegliederter Koppel für Pferde und Kamele stand den Umherziehenden für
Übernachtungen zur Verfügung. Hier nahmen sie sich jeder ein Zimmer nachdem ihre
Tiere abgeladen und versorgt waren. Mit einem Schmunzeln nahm Aran zur
Kenntnis, dass Rincipea und Uralab nur ein Zimmer verlangten. Nachdem sie sich
in ihren Zimmern erfrischt und saubere Kleidung angelegt hatten, machten sich
Aran und Rincipea auf den Weg in den Palast. Tilgrem und Uralab hatten
beschlossen, nicht mit hineinzugehen. Sie gehörten nicht zur Familie und
befürchteten, die Königin würde kein Wort sagen, wenn sie mit einer ganzen
Truppe an ihrem Krankenlager erscheinen würden.
An der Palasttreppe wurden sie von den ersten Männern abgefangen.
"Stopp! Kein Zutritt! Was wollt Ihr hier?", sagte einer von
ihnen.
Aran verbeugte sich höflich:
"Guten Tag. Mein Name ist Aran Albus. Ich bin mit meiner Schwester
Rincipea hier, um der Königin unsere Aufwartung zu machen. Wir bitten um eine
Audienz. Es ist sehr dringend und geht um Leben und Tod."
Das war nicht einmal gelogen.
Abschätzend wurden sie von den Wachen gemustert. Mürrisch sagte der
andere:
"Es gibt keine Audienzen mehr! Die Königin ist krank, sehr krank,
sie wird wohl noch heute, spätestens morgen von uns gehen!"
"Genau darum geht es", sagte Aran. "Wir müssen Begona
unbedingt etwas fragen. Bitte ermöglicht es der Königin, ihr Gewissen zu
erleichtern, bevor sie dazu keine Gelegenheit mehr haben wird. Bitte geht zu
ihr und fragt, ob sie uns empfangen kann. Es ist wirklich sehr wichtig. Sagt
ihr, es geht um Rincipea."
Der Wachmann grübelte eine Weile. Er bemerkte offensichtlich die Unruhe
und Angst in den Gesichtern der Antragsteller und deutete
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