Arbeit und Struktur - Der Blog
Rundfunkauftrag zu genügen.
Und jetzt Werbung.
9.11. 2011 10:39
Erstmals im Auge des Drehkopfs der Maschine das in der Bleiabschirmung von beweglichen Lamellen gebildete Loch gesehen, in dem ich die mir vom MRT genau bekannte Form meines Rezidivs erkenne.
Während die Kanone um den Kopf herumwandert, höre ich, formen die Bleilamellen den zum dreidimensionalen Rezidivgebilde immer genau passenden Umriß, plus eines Sicherheitssaumes von einigen Millimetern, Abweichung maximal 0,7 Millimeter. Alles erfunden und konstruiert von einem Tier, das vor noch nicht langer Zeit damit beschäftigt war, Neandertalern mit Keulen die Schädel zu zertrümmern.
9.11. 2011 11:30
Hinter dem Hochnebel die Sonne, eher ein Mond. Ausreichend kalt, meine Lieblingsbank auf dem Invalidenfriedhof unbesetzt zu finden. Einige Laubzusammenharker, einige Tote, ein Polizeiboot, das den Kanal hinunterfährt.
10.11. 2011 14:38
“Mir fiel dazu ein: Die Medien sind der Stammtisch der Nation. Zu dem Atheisten fiel mir ein: Er hat keine Ahnung. Wer sagt, es gebe Gott nicht und nicht dazusagen kann, dass Gott fehlt und wie er fehlt, der hat keine Ahnung.” Walser in der FAZ. Ich weiß nicht, warum der Mann mich immer so strapaziert. Nie ein Buch von ihm gelesen, aber jedes Interview eine Riesenstrapaze: “Wenn ich von einem Atheisten, und sei es von einem ‘bekennenden’, höre, dass es Gott nicht gebe, fällt mir ein: Aber er fehlt. Mir.”
Über Gräber vorwärts! ruft von Seeckt von hinten mit einer Handvoll Dreck im Mund, und statt der siebenjährigen Elisabeth von Kottulinsky (1767–1774), die sich selbst nicht äußern will, spricht der Stein: Ein Kind guter Hoffnung, ihre Seele gefiel Gott wohl, darum eilte er mit ihr aus diesem bösen Leben, und versetzte sie frühzeitig, in die ewige Freude, und Seeligkeit.
C. sucht immer noch und immer wieder nach einer Wohnung für mich. Fünfter Stock, hell, Laminat, 2 bis 3 Zimmer, Dachterrasse. Toll, wenn man plötzlich Geld hat. Und deprimierend, was soll ich mit einer Terrasse? Es kommt kein Sommer mehr. Dazu die Formalitäten, der Bürokratiequatsch, die verlorenen Tage. Hier in meinem Hinterhofloch weiß ich wenigstens, wo alles ist. Sogar die Dusche funktioniert jetzt.
12.11. 2011 20:05
Daß die Kunst, Rezensionen ohne Inhaltsangabe zu schreiben, so gut wie ausgestorben ist, daß alle Plot points mehr oder weniger kleinkariert der Reihe nach aufgelistet werden müssen – geschenkt. Aber daß es jemand schafft, den MacGuffin im ersten Satz zu verraten, Wahnsinn. Im ersten Satz. Hut ab. Respekt.
Auf der letzten Buchmesse, auf der ich war, kam ein Radio in Form zweier Frauen auf mich zu. Ihr erster Satz war, sie hätten das Buch nicht gelesen, und ihr zweiter, ob ich für die Hörer eine kurze Inhaltsangabe einsprechen könne. Als ich erklärte, Inhalt habe mich nie interessiert, guckten sie, als hätte ich versucht, ihr Auto mit Wasser zu betanken.
“Fatalerweise hat sich das Feuilleton dieser Form – nennen wir es besser Literaturbesprechung, denn Literaturkritik findet ja kaum noch statt – stilistisch und personell weitgehend angepasst. Man hat sich in den Redaktionen für eine Inflation von Starporträts in farbigen Bildern, eine Deflation von Kritik und die Renaissance des Adjektivs entschieden. Man schreibt nicht ausgehend von Problemstellungen, sondern von Themen und Persönlichkeiten oder ganz schlicht den eigenen Befindlichkeiten. Wichtig sind das Leben, die Individualität oder Geschichte eines Künstlers oder Genres. Das führt zu einem motivierten und intimen Verhältnis zwischen dem Schreibenden und dem von ihm Beschriebenen. Die Titelgeschichten handeln nicht mehr von den Konstruktionen der Literatur, sondern von Fame- und Fangeschichten. Der Journalist trifft den Autor, Künstler oder Schauspieler. Das ist schon der ganze Text. Den Anekdoten fügt man eigene Anekdoten hinzu. Meet & Greet. Oft hat man den Eindruck, dass der Wille zum Interview die festangestellten oder freien Fragesteller so sehr beherrscht, dass sie ganz vergessen haben, was sie eigentlich fragen wollten.” (Harun Maye)
13.11. 2011 17:15
Cronenberg, A dangerous method. Jung, Freud, Spielrein. Hingerissen von den Bildern, Jungs zunehmendem Schwachsinn, Freude an meiner eigenen gedankenlosen Konsumentenhaltung. Und schon wieder Viggo Mortensen nicht erkannt. Nach Herr der Ringe und Eastern Promises der dritte Film, wo Lars mir hinterher erklären muß, wo Mortensen war.
17.11.
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