Arbeit: Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht (German Edition)
wird – ein Missstand, von dem vor allem Frauen, Leiharbeiter und Migranten immer noch betroffen sind –, dort sind Ärger, Konflikte und Aggression programmiert. Ausgrenzung, daran sei zum Schluss erinnert, können nicht nur Menschen erleben, die arbeiten. Arbeitslos zu sein ist für Menschen, die gerne arbeiten würden, eine besonders üble Form der sozialen Ausgrenzung.
Die Neurobiologie als Navigationshilfe in der Welt der Arbeit
Was die Arbeit aus dem Menschen macht, ist kein Zufallsgeschehen, sondern richtet sich nach neurobiologischen Regeln. Wer diese Regeln beachtet, kann als Firmenchef, als Leitungskraft, als einfacher Vorgesetzter oder als Betriebsarzt Einfluss auf die Motivation, auf die Arbeitseffektivität, auf das Wohlbefinden, auf die Gesundheit und damit auf die Ausfallzeiten seiner oder ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nehmen. Die Beachtung der Regeln, nach denen sich die Begegnung zwischen unserem Körper und der Arbeit abspielen, ist jedoch nicht nur für Arbeitgeber und Vorgesetzte von Belang. Diese Regeln können jedem einzelnen Beschäftigten als Richtschnur dienen. Sie können die Wahrnehmung von Störungsursachen am Arbeitsplatz schärfen und helfen, sich selbst hilfreich zu verhalten und falls nötig an der richtigen Stelle die richtigen Forderungen zu stellen. Die oben dargestellten Zusammenhänge können nicht zuletzt Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften inspirieren, ihr Aktivitätsspektrum sinnvoll zum Wohle der Belegschaft und damit des Gesamtbetriebes zu erweitern.
Aus neurobiologischer Sicht sinnvoll ist es, wenn Beschäftigte Aufgaben haben, die sie herausfordern, die zugleich aber auch gut bewältigt werden können. Die Aufgaben sollten klar definiert sein. Beschäftigte sollten konzentriert arbeiten können, Multitasking-Arbeit sollte nur begrenzt stattfinden. Vorgesetzte sollten in einem kontinuierlichen – nicht zu dichten und nicht zu geringen – Kontakt mit ihren Mitarbeitern sein, Beschäftigte sollten zu dem, was sie leisten, Rückmeldungen bekommen. Kritische Rückmeldungen sind in Ordnung, Ausgrenzungen und Demütigungen sind jedoch kontraproduktiv. Was vor dem Hintergrund der ausgeführten neurobiologischen Zusammenhänge deutlich werden sollte, ist die immense, bis vor wenigen Jahren noch völlig vernachlässigte Bedeutung, die eine professionelle Beziehungsgestaltung und ein angstfreies Arbeitsklima für effektive und gute Arbeit haben.
Erwerbstätige unter Druck: Der »Stressreport Deutschland 2012«
Einen beeindruckenden, wegen seiner Aktualität hier separat wiedergegebenen Überblick über die derzeitige Situation an deutschen Arbeitsplätzen vermittelt der Ende Januar 2013 publizierte, von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegebene »Stressreport Deutschland 2012«, dessen wichtigste Ergebnisse nachfolgend wiedergegeben werden sollen 197 . Grundlage dieser umfangreichen, repräsentativen Untersuchung war eine Ende 2011 bis Anfang 2012 durchge führte, bundesweite Befragung von über 20 000 Erwerbstätigen. In die Analyse des »Stressreport« einbezogen wurden jedoch nur die mehr als 17 500 Personen, die sich in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen befanden (Selbstständige und Freiberufler waren also ausgenommen). 54 Prozent der Befragten waren männlichen Geschlechts, das Durchschnittsalter der hier untersuchten Population lag bei 42 Jahren.
Die durchschnittliche wöchentliche faktische Arbeitszeit von Vollzeit-Erwerbstätigen (in abhängiger Beschäftigung) beträgt dieser Untersuchung zufolge in Deutschland 43 Wochenstunden (wenn Teilzeitbeschäftigte mit berücksichtigt werden, liegt die durchschnittliche wöchentliche faktische Arbeitszeit bei 38,3 Stunden). 30 Prozent der Vollzeitbeschäftigten arbeiten bis zu 48 Wochenstunden. Regelmäßig mehr als 48 Wochenstunden arbeiten 16 Prozent der Vollzeitbeschäftigten (im Verkehrswesen beträgt der Anteil hier 25 Prozent, bei Führungskräften 20 %, im Baugewerbe sowie im Kommunikationsbereich jeweils 19 %, bei Lehrkräften 17 %). Regelmäßige Samstagsarbeit leisten 64 Prozent, Sonn- und Feiertagsarbeit 38 Prozent aller abhängig Erwerbstätigen (mit Berufstätigen im Gastgewerbe und Gesundheitsbereich an der Spitze). Regelmäßige Schichtarbeit leisten 13 Prozent, Nachtarbeit sieben Prozent der erfassten Stichprobe. In regelmäßiger Rufbereitschaft für ihren Arbeitgeber stehen 18 Prozent der abhängig Beschäftigten. Zwölf Prozent der untersuchten Population
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