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Arbeit: Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht (German Edition)

Arbeit: Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht (German Edition)

Titel: Arbeit: Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Bauer
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Lebensverhältnisse arbeitender Menschen im 19. und frühen 20. Jahrhundert
    Die Lebensverhältnisse der neu entstandenen, bereits Mitte des 19. Jahrhunderts viele Hunderttausende umfassenden und wenig später in die Millionen gehenden Arbeiterschaft waren miserabel. In den Städten lebten vielköpfige Familien in Ein-Zimmer-Wohnungen mit Etagenklo, die Löhne deckten kaum das Existenzminimum. Frauen arbeiteten, verdienten aber nur die Hälfte dessen, was Männer ausbezahlt bekamen.
    In ganz Deutschland verbreitet war zudem die Kinderarbeit. Dass ein Erlass, der 1939 in Preußen die Arbeit für Kinder unter neun Jahren verbot, als Fortschritt angesehen wurde, verdeutlicht die seinerzeitigen Standards. Tägliche Arbeitszeiten zwischen zwölf und 16 Stunden sowie Wochenarbeitszeiten von bis zu über 80 Stunden waren bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Norm. Wiederholte, über wiegend durch Missernten verursachte Agrarkrisen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verursachten Hungersnöte. Eine schwere Agrarkrise 1846/1847 war einer der Auslöser für die als Deutsche Revolution in die Geschichte eingegangenen Aufstände von 1848/1849. Konjunkturkrisen – zwischen 1857 und 1859 kam es zur ersten Weltwirtschaftskrise der Neuzeit – führten jeweils zu vermehrter Arbeitslosigkeit und verschärften die Not.
    Die Folge unter den einfachen Erwerbstätigen des 19. Jahr hunderts waren Auswanderung in Millionenstärke, Auf stände, Streiks und eine immer mächtiger werdende Arbeiterbewegung. Die von Adel, Bürger- und Unternehmertum gestellten Regierungen der deutschen Länder reagierten ausschließlich mit militärischer und polizeilicher Härte. Später wurde – unter dem Einfluss Bismarcks – eine Doppelstrategie aus Repression und sozialpolitischen Minimalmaßnah men eingeschlagen. Einerseits versuchte Preußen, mit den 1878 erlassenen Sozialistengesetzen die Arbeiterbewegung zu stoppen. Andrerseits wurde im Deutschen Reich 1883 erstmals eine allgemeine Krankenversicherung, 1884 eine Unfallversicherung und wenig später die Rentenversicherung eingeführt. Letztere betraf damals nur die wenigen Menschen, die das Rentenalter tatsächlich erreichten 283 . Erst ab etwa 1870 begann sich die Situation der einfachen Erwerbstätigen – vor allem unter dem Druck der Arbeiterbewegungen – etwas zu bessern. Die täglichen bzw. wöchentlichen Arbeitszeiten wurden zurückgeführt, Anfang des 20. Jahrhunderts betrugen die wöchentliche Arbeitszeit etwa 55 Stunden. Erst der Zusammenbruch des Kaiserreichs am Ende des verlorenen Ersten Weltkrieges ermöglichte den Übergang Deutschlands in eine erste, wenn auch instabile und nur kurz währende demokratische Phase.

Nach 1945: Sozialstaat und Sozialpartnerschaft
    Der oben gegebene kurze Abriss der Industrialisierung Deutschlands sollte die ungeheuren Dimensionen nachzeichnen, in denen sich eine 150-jährige Leidenszeit und eine ebenso lange Zeit des Kampfes der Arbeiterschaft um Würde, Gesundheit und soziale Gerechtigkeit bewegte (immer wieder vergessen wird, dass diese drei Größen zusammenhängen). Dieses Buch, welches der Gesundheit am Arbeitsplatz gewidmet ist, ist selbstverständlich aber nicht der Ort, die Geschichte der Kämpfe der sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Bewegung zu erzählen, noch auf die Verbrechen des Nationalsozialismus einzugehen. Auch die Geschichte der Arbeit in der ehemaligen DDR wird in diesem Buch nicht thematisiert werden.
    Das im Westen unseres Landes nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgte Konzept der sozialen Marktwirtschaft hat die Arbeitswelt tief greifend verändert. Gewerkschaften und Sozialdemokratie nutzten die ihnen in der neuen demokratischen Ordnung gebotenen Chancen und setzten – in einem über mehrere Jahrzehnte gehenden zähen politischen Ringen – Verbesserungen durch, welche für die große Mehrheit der Erwerbstätigen in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, und erst recht davor, undenkbar gewesen wären.
    Der Bonner Bundesrepublik gelang es, eine Herausforderung zu meistern, an der die Weimarer Republik gescheitert war. Was die Weimarer Republik ruiniert und dem Faschismus den Boden bereitet hatte, war – verkürzt ausgedrückt – der fehlende Wille und die Unfähigkeit, den Konflikt zwischen Arbeit und Kapital durch eine entsprechende politische und gesellschaftliche Ordnung zu entschärfen. Eine solche Ordnung hätte sich aus für beide Seiten akzeptablen Kompromissen ergeben müssen, wie sie dann

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