Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
Systeme unterscheiden sich von der Software, die den Inhalt eines Gesprächs und die Semantik der gesprochenen Wörter erfassen soll. Denn sie zielen darauf ab, eine Person anhand ihrer Stimme und ih rer Art zu sprechen wiederzuerkennen. Meist kommen dabei Systeme zum Einsatz, die auch von Geheimdiensten zur Überwachung der Telefonnetze ganzer Länder eingesetzt werden.
Für jeden Verdächtigen – oder im kommerziellen Einsatz Kunden – wird dabei ein Sprachprofil hinterlegt. Die besten der heute verfügbaren Systeme benötigen dann nur noch fünf Sekunden Sprache, um zu erkennen, ob die spezifischen Resonanz- und Schallcharakteristiken des Sprechers mit einem der gespeicherten Profile übereinstimmen. Die Computer sind leistungsfähig genug, um dies auf Hunderttausenden Telefonleitungen parallel tun zu können, und natürlich wird dies im Namen der Sicherheit und Terrorabwehr auch genutzt.
Zu erkennen, was gesagt wird, gelingt bereits mit über fünfundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit. Das reicht aus, um nach Stichworten in Telefonaten zu fahnden, ist aber immer noch nicht gut genug, um einen Computer tatsächlich mit einem Menschen kommunizieren zu lassen, ohne daß dieser entnervt aufgibt und doch wieder mit einem Menschen sprechen will. Es steht jedoch zu erwarten, daß das Problem in naher Zukunft gelöst wird, insbesondere wenn die Menge der Fragen und Antworten begrenzt ist, weil klar ist, in welchem inhaltlichen Kontext das Gespräch stattfindet.
In einem typischen Kundendialog läßt sich der Anrufer meist durch Fragen dahin dirigieren, nur eine überschaubare Menge von Alternativen zu haben. Sprachsysteme, die etwa Auskunft zu Zugverbindungen geben oder technische Probleme eines Anrufers vorab diagnostizieren, damit er beim richtigen menschlichen Ansprechpartner im Callcenter landet oder vielleicht sogar schon die richtige Antwort automatisch erhält, sind bereits seit etlichen Jahren im Einsatz. Die Anzahl notwendiger Callcentermitarbeiter, um ein bestimmtes Anrufaufkommen abzuwickeln, läßt sich so deutlich reduzieren.
Auf den Telefonen selbst, die mehr und mehr zu smarten Lebensassistenten werden, wird die scheinbar intelligente Software dahin gehend weiterentwickelt, daß potentielle typische Fragen, basierend auf dem Kontext einer Alltagshandlung, schon vorab gestellt und beantwortet werden. Wenn der Kalender etwa einen Eintrag für eine Reise enthält, antizipiert beispielsweise »Google Now« die Fragen, die typischerweise nützlich für diese Situation wären: Wie ist das Wetter am Zielort? Hat der Flug Verspätung? Gibt es Stau auf der Straße zum Flughafen? Wie ist der Wechselkurs? Gibt es in den Nachrichten Meldungen, etwa über große Streiks, die für das Reiseziel relevant sein könnten? … Und einiges mehr, angepaßt an das Profil des Telefonbenutzers.
Daraus berechnet die Software dann den optimalen und häufig auch den spätesten Zeitpunkt für die Abreise, gibt Warnhinweise und verweist auf empfehlenswerte Restaurants, wenn der Kalender etwa einen Termin für ein Arbeitsessen am Zielort enthält – ganz so, wie es ein guter persönlicher Assistent auch tun würde. Google arbeitet dafür daran, möglichst viele strukturierte Datenquellen wie etwa Wetterberichte, Stauinformationen, Nahverkehrspläne und Restaurantdatenbanken zu erschließen und zusätzlich auf Basis von Stichwörtern und typischen Satzstrukturen auch unstrukturierte Daten wie Nachrichtenmeldungen so zu erfassen, daß Berechnungen möglich werden.
Der Ansatz ist sehr ähnlich dem von Wolfram Alpha, menschliche Arbeit wird einmalig aufgewendet, um den Algorithmen die Welt zu erschließen. Einmal so aufbereitet, steht das Wissen zukünftig der Software und mithin den Menschen zur Verfügung. Dabei wissen die Algorithmen nichts im menschlichen Sinne, die Semantik einer Frage interessiert nur so weit, wie sie für die Beantwortung absolut notwendig ist. Die Algorithmen verfügen nur über Strukturen, in denen Regeln und Zusammenhänge zwischen Daten abgebildet sind, so daß sich Schlußfolgerungen berechnen lassen.
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Automatisierung von kognitiven Fähigkeiten geschieht gerade in den Labors. Während bisher Menschen ihre Ideen über mögliche Zusammenhänge und Korrelationen zwischen Daten in Software gießen und durch umfangreiche Berechnungen ausprobieren, ob sie richtiglagen, soll dies zukünftig zumindest zum Teil automatisch geschehen. Dazu wird die Erkenntnis angewandt,
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