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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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Daten werden zu einer Geschichte, wie sie ein Mensch erzählen würde.
    Extensive Tests der Ergebnisse der algorithmisch generierten Sportberichte an Zeitungslesern führten zu einer immer weitergehenden Verfeinerung, bis die Leser nicht mehr in der Lage waren zu unterscheiden, welcher Text von einem Menschen und welcher von der Software stammt. Verschiedene Zeitungen in den USA begannen daraufhin, das System tatsächlich einzusetzen – teils offen, aber meist heimlich, um die Berichte von Zweit- und Drittliga-Sportereignissen zu generieren. Die auf diese Sportarten spezialisierten Redakteure wurden von heute auf morgen obsolet.
    Eine andere Ausprägung des Narrative-Science-Systems, bei dem die Firma auch schon Konkurrenten hat, ist die Generierung der verpflichtenden Quartalsberichte für börsennotierte Unternehmen. Diese Berichte werden meist ohnehin nur von ein paar Dutzend Investmentanalysten gelesen und ausgewertet – und von Börsen-Handelsalgorithmen. Das Prinzip der Berichtgenerierung bleibt gleich: Aktuelle Geschäftszahlen, die aus der Unternehmenssoftware extrahiert worden sind, werden mit denen aus den vergangenen Quartalen, Zahlenwerken über die Situation in den verschiedenen Absatzmärkten und weiteren relevanten Daten zum Faktengrundgerüst für den Bericht zusammengestellt.
    Die Berichtgenerierungssoftware erzeugt dann daraus nach den gleichen Methoden wie bei der automatischen Sportberichterstattung einen Fließtext, wenn gewünscht mit Tabellen, der sich nicht ohne weiteres von solchen unterscheiden läßt, die von Menschen geschrieben wurden. Bei Quartalsberichten sind die teilweise gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte und die daraus abgeleitete Struktur ohnehin noch mal ähnlicher und wiederkehrender als bei Sportberichten. Niemand erwartet hier literarische Höchstleistungen. Im Gegenteil: Die Algorithmen auf der anderen Seite, die zur Auswertung solcher Quartalsberichte geschrieben wurden, funktionieren besser, wenn weitgehend auf sprachliche Dekorationen verzichtet wird.
    Die Arbeitsweise der Algorithmen, ihre Heranziehung von großen Mengen archivierter Artikel, um damit das Skelett der Daten mit Formulierungen zu umkleiden, die sie für den Menschen besser les- und verstehbar machen, eignet sich jedoch bei weitem nicht für alle Arten von Text. Sie wird gut funktionieren, wenn die zu beschreibenden Sachverhalte anhand von strukturierten Daten vorliegen, die »nur noch« in Prosa umgesetzt werden müssen. Andere Algorithmen sind jedoch zumindest in begrenztem Maße in der Lage, auch aus sogenanntem unstrukturiertem Text, also Nachrichtentickermeldungen oder Dokumenten, wohlfeile strukturierte Informationen zu extrahieren, die dann wiederum von anderen Algorithmen weitergenutzt werden können.
    Ein sehr alltagsrelevantes Beispiel dafür ist bereits auf modernen Smartphones zu finden: die sprachgesteuerte Suche in der Software Siri in den Produkten der Firma Apple. Siri und ähnliche Dienste kann man in natürlicher Sprache befragen, um Informationen zu finden, etwa wo die nächste geöffnete Apotheke ist, wie das Wetter morgen wird oder wie lange es noch dauert bis zum nächsten Vollmond.
    Ein Großteil dieser Fragen wird von einer Software namens Wolfram Alpha beantwortet, einer sogenannten »computational knowledge engine«. Entwickelt wurde sie von Wolfram Research, einer Firma, gegründet von den Brüdern Stephen und Conrad Wolfram. Stephen Wolfram wurde durch die Entwicklung der Software Mathematica bekannt, die es ermöglicht, selbst komplexeste mathematische und logische Probleme mit Computerhilfe zu lösen. Mathematica ist im besten Wortsinn ein »Denkzeug«, also ein Werkzeug, das dem Menschen beim Denken hilft, indem es schwierige und umfangreiche Berechnungen und Kalkulationen auch bei großen Datenmengen einfach und schnell durchführbar macht.
    Was dem Schüler früher sein Taschenrechner war, ist für Wissenschaftler, Börsenalgorithmenentwickler und Ingenieure Mathematica. Conrad Wolfram ist ein freundlicher, zurückhaltender Mann, der mit großer Passion und Energie über die Notwendigkeit spricht, die naturwissenschaftliche Ausbildung stärker darauf auszurichten, daß Computer und Software den Menschen langweilige und eintönige geistige Arbeit abnehmen können, um so eine Fokussierung auf die interessanten, tatsächlich herausfordernden Aspekte von Forschung und Verstehen zu ermöglichen. Er hat längst verstanden, daß der Maschinisierung von Kopfarbeit die Zukunft

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