Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
daß die Formeln, mit denen sich zum Beispiel entdecken läßt, wie der Zusammenhang zwischen dem Preis von Getreide und der Wetterentwicklung in den Haupterntegebieten ist oder wie das Verkehrsaufkommen am Morgen mit Staus am Abend zusammenhängt, einander oft ähneln.
Die Idee ist nun, daß Meta-Algorithmen systematisch ausprobieren, welche der einigen hundert bekannten derartigen Formeln auf der jeweils betrachteten Datenbasis zu interessanten Ergebnissen führen. Die dazu notwendige Rechenleistung gibt es erst seit kurzem in bezahlbaren Dimensionen, sie ist entsprechend Hunderte Male größer als für den bisherigen Ansatz. Die Ergebnisse scheinen aber den Aufwand zu rechtfertigen.
Die hier aus dem Boden sprießenden Start-ups versuchen sich zum Beispiel an einem bisher äußert kniffligen Problem der Pharmabranche: Viele an sich vielversprechende Medikamente erreichen nie den Markt, weil sich in den Medikamentenversuchen herausstellt, daß sie bei einem Teil der Probanden schwerste Nebenwirkungen verursachen. Wenn man nun herausfinden könnte, welche genetischen oder biologischen Faktoren die von den Nebenwirkungen Betroffenen gemeinsam haben, könnte man die Medikamente mit einem Testkit ausliefern, das vor der Anwendung erkennt, ob der Patient das Medikament gefahrlos einnehmen kann oder ob er zu der Risikogruppe mit den Nebenwirkungen gehört und eine andere Behandlung braucht.
Da entgegen der landläufigen Ansicht die Gene eines Menschen nicht nur einfache Schalter sind, sondern in komplexen Netzwerken zusammenwirken und obendrein viel davon abhängt, ob und wie die jeweiligen Gene überhaupt beim fraglichen Patienten aktiv sind, müssen dazu Daten von ausgesprochen hoher Komplexität miteinander in Zusammenhang gesetzt werden – und diese Zusammenhänge sind typischerweise nicht trivial. Die entsprechenden Algorithmen automatisch zu testen, zu modifizieren und erfolgreiche Ansätze zu entdecken ist das Ziel dieser Korrelationsmaschinen. Wenn man so möchte, betreiben die Computer hier eine Form von Wissenschaft, Tätigkeiten, die bisher dem menschlichen Gehirn vorbehalten waren.
Um zu verstehen, welche Auswirkungen diese Entwicklungen in Zukunft haben werden, auch auf die Art, wie wir denken und arbeiten, muß man vor allem zwei Faktoren zusammenbringen. Zum einen nimmt die Menge an Daten, die in von Algorithmen verarbeitbarer, sozusagen in reiner Form verfügbar sind, exponentiell zu – getrieben durch die Vernetzung und Digitalisierung aller Lebensbereiche. Zum anderen wird Rechen- und Speicherleistung immer noch erstaunlich schnell billiger und verfügbarer.
Das Paradigma, nach dem Google, Facebook, Amazon & Co. arbeiten, nämlich Millionen billiger PC-Prozessoren parallel zu betreiben und die Software so zu gestalten, daß sie automatisch über all diese Computer verteilt funktioniert, führt dazu, daß de facto nur noch die zum Betrieb notwendige Energie der begrenzende Faktor für die Menge an verfügbarer Rechenkapazität ist. Nimmt man beides zusammen, wird schnell klar, daß die zumindest halbautomatische Generierung von neuen Einsichten in Zusammenhänge aller Art bald zu einem Standardvorgehen werden wird.
Dabei werden Wissenschaftler, Mathematiker und Software-Ingenieure nicht unbedingt arbeitslos, ihre Produktivität steigt nur dramatisch, was als Effekt zu einer weiteren Beschleunigung der Entwicklung führen wird. Die Auswirkungen auf den Arbeitsplatz werden jedoch ganz sicher sekundär auftreten, sobald solche Ansätze auf Unternehmensdaten angewendet werden. Je besser eine Firma versteht, wie ihre internen Prozesse funktionieren, von welchen Faktoren Erfolg oder Mißerfolg eines Produkts abhängig sind, und die Optimierungspotentiale aus den immer weiter anwachsenden riesigen Datenhalden realisiert werden, dürften viele Arbeitsplätze in Verwaltung und Management nicht länger sicher sein.
Die Kombination von algorithmengerechter Umstellung von Geschäftsprozessen, vollständiger Digitalisierung aller Vorgänge, plus Software und Rechenleistung, um daraus Einsichten zu generieren, könnte langfristig sogar dazu führen, daß die bisherigen Surfer auf der Welle des Optimierungs- und Effizienzwahns – die Unternehmensberater – um ihre Jobs fürchten müssen. Wenn ein Unternehmen die bisher teuer extern eingekauften Analysen ihres eigenen Geschäfts einfach selbst intern vornehmen können, reduziert sich das Berufsbild auf die Rolle, die heute schon oft genug der Grund für die
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