Arcanum – Das Geheimnis
in den Text, als plötzlich Silvia hinter ihm stand. Sie zog geschickt die Karte aus dem Computer und die Fotos verschwanden augenblicklich vom Bildschirm. Wollte sie schon wieder etwas von ihm?
„Ich denke, es ist Zeit ins Bett zu gehen. Damit meine ich, dass Du nach Hause fahren solltest. Es ist inzwischen halb drei“.
Christopher sah erschrocken auf seine Uhr. Sie hatte recht. Er musste zur Arbeit und vorher wenigstens ein paar Stunden schlafen. Es wäre zudem keine gute Idee zu Hause einzulaufen, wenn Carolin und die Kinder am Frühstückstisch saßen.
Er zog sich seine Jacke an, versuchte Silvia einen Kuss auf die Wange zu drücken, dem sie geschickt auswich, und stapfte hinaus in die Kälte. Die Außentemperatur lag weit unter null Grad. Er fröstelte und startete den Wagen. Mist. Silvia hatte geschickt die Kontrolle über alles behalten.
Sie hatte die Bilder, und somit war er auf Gedeih und Verderb ihrem Wohlwollen ausgeliefert. Er könnte sich ohrfeigen, denn es wäre ein Leichtes gewesen, eine Kopie auf CD zu brennen, während sie schlief. Er seufzte, doch es war nicht zu ändern und so schlimm nun auch nicht.
Schließlich wartete ein weiteres sexuelles Abenteuer auf ihn, wenn er ihr die restlichen Informationen entlocken würde.
8.
Er hasste es, nach Hause zu kommen. Der Alltag wurde zur Last. Es ging um einen sagenhaften Schatz, der in Hirsau vor tausend Jahren versteckt worden war: das Arcanum hinter dem alle her waren.
Er schlich sich ins Schlafzimmer und legte sich lautlos neben Carolin. Sie war wach geblieben, weil sie Angst hatte, ihm sei etwas zugestoßen. Sie drehte sich zu ihm um, und die Trauer schnürte ihr fast die Kehle zu. Sie spürte, dass sie ihn verloren hatte. Sie fühlte seine Kälte, roch den Duft einer anderen Frau, und die Tränen rannen ihr übers Gesicht.
„Ich denke es ist besser, wenn ich mit den Kindern zu meiner Mutter nach Bad Liebenzell ziehe“, flüsterte sie monoton.
Er erschrak, doch dann wurde ihm klar, dass er es auch wollte. Er durfte nicht gestört werden, bis er das Rätsel gelöst hätte. Danach würde er wieder der Alte sein. Er verdrängte, dass es ein feiger Selbstbetrug war, und die Parallelen zu seiner Drogenzeit. Er hatte sich damals eingeredet, er könne aufhören, wenn er es nur wollte. Er schwieg, was Carolin als Zustimmung deutete. Dann drehte er sich von ihr weg und schlief sofort ein.
Christopher verließ das Haus sehr früh. Er sah nur noch das eine Ziel, dem er alles unterordnen musste.
Die rasende Kopfschmerzen wurden zu einem ständigen Begleiter.
Am Abend fuhr er ohne besonderen Grund wieder nach Bebenhausen. Er war von Silvia und ihrem makellosen Körper geradezu besessen. Vor ihrem Haus parkten ein paar teure Wagen. Er wollte sich auf sie stürzen, sobald sie die Türe öffnete. Stattdessen summte der Türöffner, und er trat irritiert ein.
Das Haus war in das rötliche Licht flackernder Kerzen getaucht. Es roch nach Weihrauch und etwas Metallischem. Er durchquerte den Flur und stand vor dem riesigen Tisch. Auf ihm lag Silvia, deren nackter Bauch und beide Brüste mit blutigen Symbolen bedeckt waren. Offensichtlich hatte jemand einen Hahn enthauptet, der auf einem silbernen Tablett lag, und das Blut in einer Schale aufgefangen, in der ein Pinsel steckte.
War es eine Huldigung an Asklepios für die Genesung von einer Krankheit?
Es waren die letzten Worte des Sokrates an seinen Freund Kriton: „Wir schulden dem Asklepios noch einen Hahn, bringt das in Ordnung für mich und vergesst es nicht“.
Er wollte es als Dankesopfer für seinen Tod, für die Genesung von der Krankheit seines Körpers.
Christopher fröstelte. Etwas in dem schweren, süßlichen Duft machte ihn benommen. Die Assoziationen in seinem Gehirn überschlugen sich. Silvia hob den Kopf. Sie hatte ihn nicht erwartet und war überrascht, beinahe schockiert, ihn zu sehen. Doch sie hatte sich sofort wieder unter Kontrolle und lächelte anzüglich.
Um den Tisch standen sechs Männer, die außer schwarzen Kapuzen nichts trugen. Sie hatten offensichtlich alle Geschlechtsverkehr mit Silvia gehabt und bedeuteten ihm, sich zu ihnen zu gesellen.
Er war von dieser düsteren Zeremonie fasziniert.
Seine Erinnerungen an die Bilder der Hölle aus dem strengen Katechismusunterricht vermischten sich mit den erotischen Träumen seiner Jugendzeit, die sein Kindermädchen als Einflüsterungen des Teufels bezeichnete, zu einem wirren Bild, das dieser Versammlung sehr nahe kam.
Der
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