Arcanum – Das Geheimnis
sie erst vor wenigen Tagen beschrieben worden.
„Wir fahren jetzt nach Tübingen zu einem Dozenten für Geschichte und alte Sprachen, der häufig für uns arbeitet. Er wird uns übersetzen. Ich kann Dir aber soviel sagen, dass es um einen Adeodatus geht, der mit Papst Leo 1049 in Hirsau war, wo sie auf etwas stießen, das für sie von immenser Bedeutung war. Adeodatus kehrte 1074 auf Geheiß des neuen Papstes Gregor zurück, um einen Gegenstand zu holen, der die Macht hätte über Leben und Tod. Dieser geheimnisvolle Gegenstand wird als Arcanum bezeichnet. Adeodatus führte anscheinend ein goldenes Rad mit sich, das der Schlüssel zum Versteck des Arcanums war“.
Carolin schaute ihn an. „Die goldene Scheibe Wallingers“, flüsterte sie.
„Genau. Wir hielten die Geschichte für eine Fiktion, wenn uns auch die historischen Daten stutzig machten. Erst mit dem Artefakt aus dem Wald bekam das ganze einen brisanten Sinn“.
„Und dieses Arcanum , was ist das?“
„Warte, bis wir in Tübingen sind. Christopher hat mir die Scheibe gezeigt, auf der ein Kruzifix und Zahlensymbole der Maya abgebildet sind. Er versprach mir, mit Herbert zusammen die Bedeutung zu entschlüsseln, und ich hielt die beiden für das beste Team, das ich mir vorstellen konnte. Er legte sie in den Tresor in der Praxis. Kennst Du die Kombination?“
Erst jetzt bemerkte Carolin, dass Sven von der Bundesstraße abgebogen war und die Zahnarztpraxis ansteuerte.
„Ich kenne sie“.
Sven nickte zufrieden. Es war Samstag und niemand hielt sich im Gebäude auf. Carolin steckte den Schlüssel in die Glastüre. Sie war offen. Sven zog seine Dienstwaffe, entsicherte sie und drückte seinen Zeigefinger auf Carolins Lippen. Lautlos schlich er in die Praxis, die deutliche Spuren eines Einbruchs zeigte. Schränke waren aufgerissen und der Inhalt über den Boden verstreut. Er eilte in das Zahntechnikerlabor. Der Tresor stand offen, doch es schien nichts zu fehlen außer…
„Mist“, rief er so laut, dass Carolin hereinstürmte und sofort verstand, was er meinte.
„Wer war das?“, fragte sie, ohne eigentlich eine Antwort zu erwarten.
„Die anderen“, erwiderte Sven und sie sah ihn irritiert an. „Es gibt eine zweite Gruppe, deren Identität nicht ganz klar ist. Wir dachten erst, es seien die Rosenkreuzer, aber die scheiden definitiv aus. Allerdings scheint es bei ihnen ein paar Leute zu geben, die ein Doppelleben führen. Das ist nicht ungewöhnlich. Viele Mitglieder von Geheimgesellschaften sind auch in anderen Gruppen tätig oder wechseln im Lauf ihres Lebens in Logen, die ihren Zielen besser entsprechen. In diesem Fall handelt es sich um Leute, die mit erotischen Zeremonien einen Dämon beschwören. Sie bedienen sich gerne williger Frauen, über die sie sich Außenstehende gefügig machen“.
Carolin wusste, was er mit dieser Anspielung meinte.
„Und Du meinst, dass Christopher sich mit denen eingelassen hat?“
„Möglich wäre es. Wenn Du mir sagst, dass er eine Affäre hat und wie unter Drogen steht, dann passt das ins Schema. Sie mixen halluzinogene Pilzgifte in Getränke und verbrennen bei ihren Treffen Marihuana, um sich in Stimmung zu bringen.“
Wenn sie Christopher unter Drogen gesetzt hatten, dann erklärte das einiges. Sie hatte Angst um ihn, und plötzlich fühlte sie sich ihm trotz der Wut über seinen Seitensprung nahe. Sven spürte die Veränderung. Er war irritiert und wusste selbst nicht, was er eigentlich erwartet hatte. Er wollte die schwierige Situation nicht durch ein Verhältnis mit Carolin weiter komplizieren und entschied, dass er seine ganze Energie auf die wenigen Tage lenken würde, die ihnen bis zum einundzwanzigsten Dezember noch blieben. Sie setzten schweigend ihre Fahrt nach Tübingen fort. In der Altphilologie erwartete sie Professor Bellheim bereits in seinem Büro. Er begrüßte Sven wie einen alten Bekannten, und Carolin wunderte sich, wie eloquent und selbstsicher Sven mit diesem Mann umging, obwohl er kein Akademiker war, sondern direkt nach dem Abitur eine Ausbildung zum Polizisten absolviert hatte. Es war kein Misstrauen, doch ihr ausgeprägter siebter Sinn sagte ihr, dass er nicht ganz der war, der er vorgab zu sein.
Professor Bellheim reichte ihr die linke Hand, da die rechte in einem schwarzen Handschuh steckte. Sie war entweder steif oder es handelte sich um eine Prothese, vermutete Carolin.
„Ich habe viel von Ihrem Mann gehört. Er ist ein guter Freund von Herrn Mendelsohn, mit dem ich
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