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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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fürsorglichen Gatten und Vaters zurückzukehren. Reue und Sünde waren eine relativ neue Erfindung des ethisch-religiösen Umfeldes einzelner Kulturen. Davon hatte er sich schon vor langer Zeit befreit, weil es ihm die Luft zum Atmen nahm. Er war fast erstickt in der katholischen Enge seiner Kindheit, die von einem unverheirateten und sexuell verdorrten Kindermädchen dominiert wurde mit ausgeprägtem Hass auf ihren eigenen Körper und Männerkörper insbesondere. Erst viel später war ihm aufgegangen, dass er das Bad mit dem Kinde ausgeschüttet hatte. Aus Not war er zum Atheisten geworden, doch Gott war nicht das Problem, im Gegenteil.
    Er sah Religion als etwas, das die Evolution in Lebewesen, die ein Selbstbewusstsein entwickelten und damit ein Bewusstsein für den eigenen Tod, ebenso eingeimpft hatte wie den Geschlechtstrieb.
    Er hatte in seiner Jugendzeit diesen Teil amputiert und konnte ihn durch nichts ersetzen. Er war auf der Suche, ein ungläubiger Thomas, der wie ein Blinder seinen Gott umkreiste, ohne ihn fassen zu können.
    Er schwebte in großer Gefahr. Er war wie ein leeres Gefäß, das man leicht füllen konnte. Die Saturn- und Rosenbrüder hatten es erkannt und flößten ihm ihre Zaubertränke ein, um ihn gefügig zu machen.
    Ihm war schwindelig und es waren nicht nur die Gifte, die durch seine Adern kreisten.
    Er musste diese Sache zu Ende bringen und dann diesen Leuten für immer den Rücken kehren. Silvia schlüpfte leise aus seinem Zimmer, und er verfiel in einen unruhigen Schlaf, in dem ihn Albträume plagten.
    Er erwachte trotz Aspirin mit einem ordentlichen Kater, war unausgeschlafen und mürrisch und stellte sich lange unter die Dusche, um etwas abzuwaschen, das sich nicht abwaschen ließ. Nach drei Tassen schwarzen Kaffees, die er schweigend mit Herbert im Frühstücksraum einnahm, ging es ihm besser.
    Herbert signalisierte ebenfalls eingeschränkte Kommunikationsbereitschaft, und Christopher hielt im kommentarlos eine Aspirin hin, die er dankbar mit einem Glas Orangensaft hinunterspülte.
    Heinrich gesellte sich wie aus dem Ei gepellt zu ihnen und rümpfte arrogant die Nase über ihren offensichtlichen Zustand.
    „Wahrscheinlich befürchtet er gerade, wir könnten ihm auf der Rückfahrt das Auto vollkotzen“, flüsterte Christopher an Herbert gewandt. Sie grinsten sich an.
    „Wir müssen zurück nach Tübingen“.
    Heinrich hatte offensichtlich seine Befehle. Seine Haltung spiegelte eine Ungeduld wider, die keinen Widerspruch duldete. Da sie gefunden hatten, wonach sie suchten, gab es auch keinen Grund länger zu bleiben. Es hatte wieder zu schneien begonnen, und wenn sie nicht bis zum Frühling auf dem Odilienberg festsitzen wollten, war es höchste Zeit, sich auf den Weg zu machen. Heinrich trug einen Aktenkoffer bei sich, den er mit einer Kette und Handschelle an seinem linken Handgelenk befestigt hatte, und der offensichtlich die entwendete Reliquie enthielt.
    Christopher hielt diese Maßnahme für töricht, da jeder, dem sie begegneten, sich an dieses ungewöhnliche Detail erinnern würde, doch andrerseits würde wohl niemand das bleierne Kästchen aus der Kapelle der Tränen vermissen. Sie stiegen in den Wagen, der sie mit wohliger Wärme aus der zeitgesteuerten Standheizung empfing. Heinrich brauste los und schien es zu genießen, auf der kurvenreichen Strecke ins Rheintal hinunter die Grenzen des Fahrzeugs auszutesten. Als er in die bleichen Gesichter auf der Rückbank blickte, verlangsamte er augenblicklich die Fahrt, weniger aus Mitleid als aus Angst um die Polster.
    Der Koffer stand zwischen Christopher und Herbert im Fußraum vor der Minibar. Herbert nahm ihn auf den Schoß und ließ, ungerührt von Heinrichs missbilligenden Blicken im Rückspiegel, die beiden Schlösser geräuschvoll aufschnappen. Er war sich seiner Expertenrolle bewusst, und Heinrich schien entsprechende Anweisungen zu haben, sodass er sich widerwillig ganz auf das Fahren konzentrierte.
    Das Innere des Koffers war mit dicken Schaumstoffpolstern ausgelegt. In der Mitte lag die Bleikiste mit ihrem kostbaren Inhalt. Herbert nahm das Fläschchen lässig in die rechte Hand und hielt es prüfend dicht vors Gesicht. Als er sich Heinrichs Aufmerksamkeit im Rückspiegel versichert hatte, ließ er es mit einem lauten Hoppla plötzlich fallen und fing es mit der linken Hand wieder auf. Er grinste bis zu den Ohren, während Heinrich ihn böse anfunkelte.
    Christopher konnte sich einer gewissen Bewunderung für

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