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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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in Bezug auf Brautgeld, Brautschmuck und Sonstiges einig. Nur über einen Punkt konnten sie sich lange nicht verständigen: den Betrag, der im Scheidungsfall vom Bräutigam zu zahlen sei. Die bilateralen Verhandlungen dauerten fast eine ganze Woche. Am Ende entschieden sie, sich in der Mitte zu treffen und den Betrag auf 75 000 Pfund zu beschränken. Da Aiman von seinem Freund, dem Geschäftsmann George, gelernt hatte, handelte er für sich beste Bedingungen aus. Er übernahm etwa 40 000 Pfund der anstehenden Ausgaben inklusive Brautgeld, Schmuck und Reisekosten. Doktor Mustafa bestand darauf, eine komplette Schlafzimmereinrichtung zuspendieren, die Aiman unmittelbar vor Hâgars Ankunft zu kaufen hätte. Er beharrte darauf, diese in Greenbacks zu bezahlen, die er zuvor von Aiman kaufen würde. Darüber hinaus kam er selbstverständlich für das kostspielige Hochzeitskleid auf.
    Ü ber das Brautkleid hatte sich Hâgar noch keine Gedanken gemacht, obwohl sie und Achmad ihre Hochzeit bis ins kleinste Detail durchgeplant hatten. Sogar die Farbe der Blumen stand bereits fest. Sie hätte, so Hâgars Vorstellung, das angezogen, was ihr morgens im Schrank als Erstes in die Hände fiele. Und im goldenen Sonnenlicht würde sich dieses zweifellos in das schönste Kleidungsstück weit und breit verwandeln.
    Ihr kam Vasilikia in den Sinn. Von ihr hatte sie vor langer Zeit einmal gelesen und dabei entdeckt, dass sie mit ihr so einiges gemein hatte. Obwohl Vasilikia etwa ein Jahrhundert vor ihr gelebt hatte, waren sie sich in vielem ähnlich: Aussehen, Augenfarbe, Empfinden, Lebenssituation. Und beiden schoss, wenn sie die Worte »ich liebe dich« hörten, sofort das Blut ins linke Ohr. Nur in Bezug auf das Hochzeitskleid unterschieden sie sich. Vasilikia hatte mit dem ersten Blut, das in einer kalten, regnerischen Winternacht auf ihr Nachthemd tropfte, angefangen, ihr Hochzeitskleid zu besticken. Es sollte, so schwor sie sich, einzigartig sein, es sollte ihr Herz bergen, das sie ihrem Liebsten schenken wollte, sobald sich ihrer beider Sterne träfen. Vasilikia war die Tochter eines Bootsmannes und lebte in Elounda, einem Dorf an der nördlichen Küste Kretas. Ihre Mutter hatte sie in der ersten Nacht des zwanzigsten Jahrhunderts zurWelt gebracht. Die Wehen setzten am 31. Dezember 1899 ein, wurden immer heftiger und stärker, bis die Kirchenglocken die Ankunft des neuen Jahrhunderts einläuteten. Da streckte die Kleine vorsichtig den Kopf heraus, um zu sehen, was sie in der Welt erwartete, und zu entscheiden, ob sie herauskommen oder sich lieber wieder in den Bauch verkriechen sollte. Die Mutter aber presste ein letztes Mal und schleuderte das Mädchen geradewegs in die Klauen eines grässlichen Ungeheuers.
    In Elounda legten die Boote einen Zwischenhalt ein, die Aussätzige zur Leprakolonie auf der Insel Spinalonga brachten. Vasilikias Vater hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Kranken überzusetzen.
    Vasilikia war vierzehn Jahre alt, da brach der Erste Weltkrieg aus. Gleichzeitig hoben heftige Nordwinde an. Ihren Körper umtosend, formten die Stürme sie zur Frau und lenkten einen Pfeil tief in ihr Herz, abgeschossen aus einem in Erix’ Augen schlummernden Arsenal von Pfeilen. Erix war ungefähr vier Jahre älter als sie. Obwohl seine Mutter die Liebes- und Schönheitsgöttin Aphrodite und sein Vater der Meeresgott Poseidon war, wurde er – wie unzählige vor und nach ihm – dem Krieg zum Frass vorgeworfen und kehrte nie mehr heim. Lange wartete Vasilikia auf ihn in dem Glauben, Poseidon würde seinen Sohn nicht fallen lassen. Auch alle anderen jungen Mädchen warteten, dass ein Bräutigam an ihre Tür klopfen würde. Woher aber sollten die Männer kommen, da doch der Krieg ihre Seelen geerntet hatte und die Überlebenden in ferne Länder geflüchtet waren? Die Väter beriefen eine Versammlung ein, um zu beraten, wie sie ihre Töchter vor der Jungfernschaft bewahrenkönnten. Vasilikias Vater schlug vor, sich mit den leprakranken Männern zu behelfen, was allgemeines Gelächter auslöste, das verzweifelt wie aus vom Rost zerfressenen Kehlen hallte. Doch dann kam ein Mann namens Boris ins Dorf, im Gepäck den rettenden Ausweg. Er hatte auf die Väter die gleiche Wirkung wie Aiman vor dem Denkmal des Dichterfürsten Achmad Schauki auf Hâgars Vater.
    Boris brachte stapelweise Fotos von jungen Männern, die in den Vereinigten Staaten lebten. Die meisten davon arbeiteten in der Landwirtschaft auf grenzenlos weiten

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