Archer Jeffrey
kam zu ihr. »Suchst du was Bestimmtes?«, fragte er.
Sie drehte sich um und lächelte ihn an. »Nein. Ich kann es nur kaum erwarten, nach Jersey zurückzukommen.«
Es war vielleicht ein Monat vergangen, als das Telefon läutete und Max am anderen Ende der Leitung war. Als Ruth seine Stimme hörte und daran dachte, wie sie sich geliebt hatten, stockte ihr der Atem.
»Ich komme morgen nach Jersey hinüber, um ein Haus für einen Kunden anzuschauen. Besteht die Möglichkeit, dich zu sehen?«
»Wie wär’s, wenn du zum Dinner zu uns kommst?«, hörte
Ruth sich überrascht sagen.
»Wie wär’s, wenn du zu mir in mein Hotel kommst?«,
entgegnete Max. »Das Dinner können wir streichen.« »Nein, ich halte es für besser, wenn du zum Dinner zu uns
kommst. Auf Jersey haben sogar die Wände Ohren und
Augen.«
»Wenn das die einzige Möglichkeit ist, dich zu sehen – in
Ordnung«, sagte Max.
»Um zwanzig Uhr?«
»Zwanzig Uhr.«
Kaum hatte er aufgelegt, fiel Ruth ein, dass sie ihm ihre
Adresse gar nicht gegeben hatte, und sie konnte ihn auch nicht
zurückrufen, weil sie seine Nummer nicht kannte.
Sie gestand Angus, dass sie am nächsten Abend einen Dinnergast haben würden, und er freute sich offenbar darüber. »Das trifft sich gut, da ist ohnehin eine Sache, in der ich mir
gern seinen Rat holen würde«, sagte er.
Den nächsten Vormittag verbrachte Ruth damit, in Saint
Helier einzukaufen. Sie wählte das beste Fleisch, das frischeste
Gemüse und einen teuren Rotwein, obwohl sie wusste, dass
Angus einen derartigen Aufwand als Verschwendung
bezeichnete.
Den Nachmittag brachte sie in der Küche zu. Sie erklärte
der Köchin genau, wie sie die Speisen zubereitet haben wollte.
Am Abend verbrachte sie noch mehr Zeit damit, ständig ein
anderes Kleid auszuwählen und es schließlich doch wieder in
den Schrank zu hängen. Sie war noch nicht angezogen, als es
kurz nach zwanzig Uhr an der Haustür klingelte.
Ruth öffnete die Schlafzimmertür und lauschte, wie ihr
Mann Max begrüßte. Wie alt Angus sich doch anhört, dachte
sie, als die beiden Männer sich unterhielten. Sie hatte Angus
immer noch nicht gefragt, worüber er mit Max reden wollte,
um nicht den Eindruck übermäßigen Interesses zu erwecken. Sie kehrte ins Schlafzimmer zurück und entschied sich für
ein Kleid, das eine Freundin einmal als verführerisch
bezeichnet hatte. Ruth erinnerte sich an ihre Antwort: »Dann
ist es auf dieser Insel vergeudet.«
Die beiden Männer erhoben sich, als Ruth das Wohnzimmer
betrat. Max ging auf sie zu und küsste sie auf beide Wangen,
wie Gerald Prescott es immer tat.
»Ich habe Max von unserem Cottage in den Ardennen
erzählt«, sagte Angus, noch ehe sie es sich bequem gemacht
hatten, »und dass wir die Absicht haben, es zu verkaufen, nun,
da die Zwillinge auf die Universität gehen.«
Typisch Angus, dachte Ruth. Bring das Geschäftliche hinter
dich, ehe du deinem Gast auch nur einen Drink angeboten hast.
Sie ging zum Sideboard und schenkte Max ohne zu überlegen
einen Gin Tonic ein.
»Ich habe Max gebeten, sich das Cottage anzuschauen, den
Wert zu schätzen und mir den günstigsten Zeitpunkt für einen
Verkauf zu nennen.«
»Sehr vernünftig«, murmelte Ruth. Sie vermied es, Max
direkt anzusehen – aus Angst, Angus könnte bemerken, was sie
für ihren Gast empfand.
»Wenn Sie möchten, könnte ich gleich morgen nach
Frankreich reisen. Ich habe keine Pläne für das Wochenende«,
fügte er hinzu. »Montag würde ich Ihnen dann Bescheid
geben.«
»Wunderbar«, erwiderte Angus. Er nippte am Malzwhisky,
den seine Frau ihm gebracht hatte. »Noch etwas. Ich dachte,
wenn du mitfährst, meine Liebe, würde es die Dinge
beschleunigen.«
»Ich bin sicher, Max kommt sehr gut allein …«
»O nein«, widersprach Angus. »Immerhin hat er es
vorgeschlagen. Du könntest ihn herumführen und ihm alles
zeigen, und er müsste nicht ständig anrufen, wenn er
irgendeine Frage hat.«
»Weißt du, ich habe momentan einige Verpflichtungen …« »Ja, der Bridge-Verband, der Fitness-Club und so weiter.
Ich glaube, die werden ein paar Tage auch mal ohne dich
auskommen.« Angus lächelte.
Ruth hasste es, dass sie vor Max als so spießig hingestellt
wurde. »Na gut, wenn du meinst, dass es etwas bringt, begleite
ich Max in die Ardennen.« Diesmal blickte sie ihn an. Die Chinesen wären von Max’ undurchdringlicher Miene
beeindruckt gewesen.
Die Reise in die Ardennen dauerte drei Tage, und – was noch erfreulicher war – drei Nächte. Als sie nach
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