Archer Jeffrey
weiterführte, würde er, dessen war er sicher, bei den nächsten Kabinettsumbildungen einen Posten erhalten. Die Vormittage in der Bank und die Nachmittage und Abende im Unterhaus wurden von seinem praktisch nicht vorhandenen Privatleben kaum unterbrochen.
Kurz vor sieben war er bei Carringtons. Ein Hausmädchen öffnete die Tür, und er ging direkt in den Salon, in dem fast fünfzig Gäste versammelt waren.
Es gelang ihm sogar, die richtige Marke Whisky zu ergattern, bevor er sich zu seinen Parlamentskollegen gesellte. Über Alec Pimkins Glatze sah er sie zum erstenmal.
»Wer ist das?« fragte Charles, ohne anzunehmen, daß Pimkin ein Ahnung hatte.
»Amanda Wallace«, sagte Pimkin nach einem Blick über die Schulter. »Ich könnte dir einiges über sie erzählen …« Aber Charles hatte sich mitten im Satz abgewandt. Die erotische Ausstrahlung der Frau bewirkte, daß sie den ganzen Abend umringt war von aufmerksamen Männern, die sie umschwärmten wie die Motten das Licht. Wäre Charles nicht einer der größten unter den Anwesenden gewesen, er hätte das Licht nicht gesehen. Zehn Minuten dauerte es, bis er sich zu ihr durchgekämpft hatte. Julian Ridsdale, einer von Charles’ Kollegen im Unterhaus, stellte ihn vor und wurde gleich darauf von seiner Frau weggeschleppt.
Charles blieb vor der Frau stehen, die in jeder Bekleidung, von einer Ballrobe bis zu einem Badetuch, blendend ausgesehen hätte. Sie trug ein weißes Seidenkleid, das blonde Haar berührte die nackten Schultern; die fast durchsichtige Haut beeindruckte Charles am meisten. Seit Jahren war es ihm nicht so schwer gefallen, ein Gespräch zu beginnen.
»Ich nehme an, Sie haben schon eine Verabredung zum Abendessen?« fragte Charles, bevor sich die Geier wieder näherten.
»Nein«, erwiderte sie und lächelte ermutigend. Man kam überein, sich in einer Stunde bei Walton’s zu treffen. Pflichtbewußt machte Charles die Runde, aber seine Blicke wanderten wieder und wieder zu ihr zurück. Wann immer sie lächelte, reagierte er darauf, obwohl Amanda es gar nicht bemerken konnte, weil irgend jemand anderer ihr den Hof machte. Als er eine Stunde später ging, lächelte er ihr direkt zu und wurde diesmal mit einem wissenden Zwinkern belohnt.
Charles verbrachte eine Stunde allein an einem Ecktisch bei Walton’s. Eben wollte er sich seine Niederlage eingestehen, als Amanda zu seinem Tisch geführt wurde. Der Ärger über das lange Warten verflog in dem Moment, in dem sie ihn anlächelte. »Hallo, Charlie.«
Es erstaunte ihn nicht zu erfahren, daß seine elegante Begleiterin Fotomodell war. Nach Charlies’ Ansicht konnte sie für alles – von Zahnpasta bis zu Strümpfen – Modell stehen.
»Sollen wir bei mir Kaffee trinken?« fragte er nach einem ausgedehnten Dinner. Sie nickte, und er ließ die Rechnung kommen; zum erstenmal seit vielen Jahren kontrollierte er sie nicht.
Er war entzückt, wenn auch ein wenig erstaunt, als Amanda auf der Rückfahrt im Taxi den Kopf an seine Schulter lehnte. Als sie auf dem Eaton Square ankamen, war von Amandas Lippenstift kaum mehr etwas zu sehen. Der Taxifahrer dankte Charles für ein reichliches Trinkgeld und konnte sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Viel Glück, Sir.«
Charles kam nicht dazu, Kaffee zu machen. Als er am nächsten Morgen erwachte, fand er Amanda zu seiner Überraschung noch faszinierender. Zum erstenmal seit Wochen vergaß er, sich die Sendung »Gestern im Parlament« anzuhören.
Elizabeth hörte genau zu, als der Sicherheitsbeamte ihr den Mechanismus der Alarmanlage erklärte. Peter und Michael wurde eingeschärft, nie auf die roten Knöpfe, die es in allen Zimmern gab, zu drücken, weil sonst sofort die Polizei erscheinen würde. Die Zimmer in der Beaufort Street waren schon gesichert, und jetzt war das Landhaus dran.
Vor der Beaufort Street stand Tag und Nacht ein Polizist Wache. Weil das kleine Haus in Pucklebridge so einsam lag, mußte es von Bogenlampen umgeben werden, die man sofort andrehen konnte.
»Das muß verdammt unangenehm sein«, meinte Archie Millburn während des Abendessens. Bei seiner Ankunft war er von Sicherheitsbeamten mit Hunden durchsucht worden, bevor er dem Gastgeber die Hand geben konnte.
»Unangenehm ist ein mildes Wort«, sagte Elizabeth. »Letzte Woche hat Peter mit einem Kricketball ein Fenster eingeschlagen. Sofort war alles hell beleuchtet wie ein Christbaum.«
»Habt ihr jemals Ruhe?« fragte Archie.
»Nur, wenn wir im Bett sind, und auch da erscheint,
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