Archer Jeffrey
vergingen, erwartete er ein Nachlassen seiner Leidenschaft, statt dessen wurde sie immer stärker. Selbst die Erinnerung am nächsten Tag war schöner als alles, was er in der Vergangenheit erlebt hatte.
Sobald der Holbein wieder im Eßzimmer hing, wollte Charles mit Amanda über die Zukunft sprechen; wenn sie Ja sagte, wäre er sogar bereit, in die Scheidung von Fiona einzuwilligen. Er parkte den Wagen und zog den Haustorschlüssel aus der Tasche, aber Amanda erwartete ihn schon an der Tür und umarmte ihn.
»Warum gehen wir nicht gleich ins Bett?« begrüßte sie ihn. Hätte Fiona nur einmal in ihrer fünfzehnjährigen Ehe einen solchen Vorschlag gemacht, er wäre zutiefst schockiert
gewesen. Aber bei Amanda schien es ganz natürlich. Bevor Charles die Weste ausgezogen hatte, lag sie nackt auf dem Bett. Nachher schmiegte sich Amanda in seine Arme und sagte ihm, sie müsse ein paar Tage verreisen.
»Warum?« fragte Charles erstaunt.
»Ich bin schwanger«, antwortete sie trocken. »Mach dir keine Gedanken. In der Klinik bin ich schon vorgemerkt, und bald bin ich wieder ganz in Ordnung.«
»Aber warum bekommen wir kein Kind?« fragte Charles beglückt und sah ihr in die grauen Augen. »Ich habe mir immer schon einen Sohn gewünscht.«
»Sei nicht kindisch, Charles. Damit hab ich noch lang Zeit.« »Aber wenn wir verheiratet wären?«
»Du bist verheiratet. Und außerdem bin ich erst
sechsundzwanzig.«
»Ich kann sofort eine Scheidung bekommen. Mit mir zu leben
wäre doch nicht so übel, oder?«
»Natürlich nicht, Charles. Du bist der erste Mann, den ich
wirklich mag.«
Charles lächelte erwartungsvoll. »Du wirst es dir also
überlegen?«
Amanda sah Charles unsicher an. »Wenn ich wirklich ein Kind
bekäme, dann soll es deine blauen Augen haben.«
»Willst du mich heiraten?« fragte er.
»Ich will es mir durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht hast
du es dir morgen früh schon anders überlegt.«
Raymond fuhr mit Kate nach Heathrow. Er trug das rosa Hemd, das sie für ihn ausgesucht hatte. Sie trug das kleine rote Portefeuille. Auf dem Weg zum Flughafen hatte er ihr noch so viel zu sagen, daß er kaum etwas sprach. Die vier Wochen waren wie im Flug vergangen. Zum erstenmal war er froh, in der Opposition zu sein.
»Nimm’s nicht so schwer, Karottenkopf. Wann immer du nach
New York kommst, werden wir uns sehen.«
»Ich war erst zweimal im Leben in New York«, sagte er und
versuchte zu lächeln.
Nachdem sie ihre elf Koffer eingecheckt hatte, eine Prozedur, die ewig zu dauern schien, bekam sie die Bordkarte.
»Flug BA 107, Flugsteig Nummer 14, Boarding in zehn
Minuten.«
»Danke«, sagte sie und setzte sich zu Raymond auf eine
Sitzbank. Er hatte zwei Plastikbecher mit Kaffee gekauft. Der Kaffee war kalt. Sie hielten einander an den Händen wie Kinder, die sich in den Ferien getroffen haben und jetzt wieder in ihre Schulen zurückkehren müssen.
»Versprich mir, daß du nicht gleich, wenn ich fort bin, die Kontaktlinsen trägst.«
»Das kann ich dir versprechen.« Raymond griff an seine
Brille.
»Es gibt noch so viel, was ich dir sagen möchte«, sagte Kate. Er wandte sich zu ihr. »Die Vizepräsidentin einer Bank darf
nicht weinen.« Er wischte eine Träne von ihrer Wange. »Sonst merken die Kunden, daß du weich bist.«
»Auch Kabinettsmitgliedern ist es nicht erlaubt«, gab sie zurück. »Ich wollte nur sagen, wenn du wirklich glaubst …« begann sie.
»Hallo, Mr. Gould.«
Sie sahen das breite Lachen eines Mannes, der, nach seiner
Gesichtsfarbe zu schließen, aus einer sonnigeren Gegend kam. »Ich bin Bert Cox«, sagte er und streckte die Hand aus. »Sie
werden sich nicht an mich erinnern.« Raymond ließ Kates Hand
los und begrüßte den Mann.
»Wir waren in Leeds zusammen in der Volksschule, Ray. Das
war natürlich vor Ewigkeiten. Seitdem haben Sie einen weiten
Weg zurückgelegt.«
Wie kann ich ihn nur loswerden, fragte sich Raymond
verzweifelt.
»Das ist meine Frau.« Cox wies auf eine schweigende Frau in
einem geblümten Kleid. Sie lächelte, sagte aber kein Wort. »Sie
ist im selben Ausschuß wie Joyce, nicht wahr, Schatz?« Er
wartete nicht auf ihre Antwort.
»Letzter Aufruf für Flug BA 107, die Passagiere werden
gebeten, sich zu Ausgang Nummer 14 zu begeben.«
»Wir wählen Sie natürlich immer«, fuhr Cox fort. »Meine
Frau« – wieder zeigte er auf das geblümte Kleid – »meine Frau
glaubt, Sie werden Premierminister werden. Ich sage immer -« »Ich muß gehen«,
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