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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rivalen
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werden schlecht aufgenommen. Manche der denkwürdigsten Reden im Unterhaus dauerten nicht länger als sechs, sieben Minuten, manche der schlechtesten über eine halbe Stunde. Um neun Uhr gibt der Sprecher der Opposition die letzten Erklärungen ab, um halb zehn spricht ein Kabinettsmitglied das Schlußwort.
    Als Charles aufstand, beabsichtigte er, den Standpunkt der Torys zur Wirtschaftspolitik der Regierung klarzumachen, auf die fatalen Folgen einer Abwertung, auf die Rekordinflation gekoppelt mit einer Rekordverschuldung und auf einen Vertrauensschwund hinzuweisen, wie ihn kein Parlamentarier je erlebt hatte.
    In seiner ganzen Größe stand er da und sah kampfeslustig auf die Regierungsbänke herab.
»Mr. Speaker«, begann er, »ich kann nicht denken …«
»Dann reden Sie nicht«, rief jemand von den Labour-Bänken. Gelächter ertönte, während Charles sein anfänglich allzu großes Selbstvertrauen verfluchte und wieder begann:
»Ich kann mir nicht vorstellen …«
»Auch keine Vorstellungsgabe«, rief eine andere Stimme. »Typisch Tory.«
»… warum dieser Antrag überhaupt unterbreitet wurde.«
»Bestimmt nicht, damit Sie uns Unterricht in öffentlichen Ansprachen erteilen.«
»Zur Ordnung«, knurrte der Speaker. Aber es war zu spät.
Das Haus hatte sich abgewandt, und Charles kämpfte sich durch eine halbe Stunde der Peinlichkeiten, bis nur noch der Speaker seinen Worten zuhörte. Ein paar Abgeordnete seiner eigenen Fraktion hatte die Füße auf den Tisch gelegt und dösten mit geschlossenen Augen vor sich hin. Die Hinterbänkler auf beiden Seiten unterhielten sich miteinander und warteten auf die Zehn-Uhr-Abstimmung; die schlimmste Erniedrigung, die das Haus einem schlechten Redner antun kann. Während Charles sprach, mußte der Speaker das Unterhaus einige Male zur Ordnung rufen und sogar aufstehen, um lärmende Mitglieder zurechtzuweisen. »Mit diesem Benehmen schadet sich das Unterhaus selbst.« Aber die Bitte stieß auf taube Ohren, und man unterhielt sich weiter. Um halb zehn setzte sich Charles schweißgebadet nieder. Ein paar seiner Hinterbänkler schwangen sich zu einem matten »Hört, hört« auf.
Als der Kabinettminister seine Rede damit begann, Charles Tirade als das Schwächste zu bezeichnen, das er in seiner langen politischen Karriere gehört hatte, war das vielleicht ein bißchen übertrieben, aber nach den Gesichtern der Konservativen zu schließen, schienen viele Oppositionsmitglieder seine Meinung zu teilen.

9
    Die Entscheidung fiel im Kreis der zwölf Kabinettsmitglieder am Donnerstag, den 16. November 1967. Freitag wußte jeder Bankbeamte in Tokio das Geheimnis, und als der Premier am Samstagnachmittag die Entscheidung offiziell bekanntgab, hatte die Bank of England auf den internationalen Devisenmärkten sechshundert Millionen Dollar an Reserven verloren.
    An diesem Tag war Raymond in Leeds und hielt eine seiner zweiwöchentlichen Sprechstunden für seine Wähler ab. Er erklärte eben einem Jungverheirateten Paar die Wohnbaubestimmungen, als Fred Padgett, sein Vertreter, ins Zimmer stürzte.
    »Tut mir leid, dich zu unterbrechen, Raymond, aber ich dachte, du willst es sofort wissen. Nr. 10 teilte eben mit, daß das Pfund von $ 2.80 auf $ 2.40 abgewertet wurde.« Sekundenlang war Raymond völlig benommen, und alle Wohnungsprobleme verschwanden aus seinen Gedanken. Ausdruckslos starrte er die zwei jungen Leute an, die gekommen waren, um seinen Rat zu hören.
    »Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment, Mr. Higginbottom«, sagte Raymond höflich, »ich muß telefonieren.« Der Moment dauerte fünfzehn Minuten; Raymond bekam einen Beamten des Finanzministeriums an den Apparat, der die Nachricht bestätigte. Dann rief er Joyce an und sagte ihr, sie möge bis zu seiner Rückkehr keinen Anruf beantworten. Es dauerte einige Minuten, bis er sich so weit gesammelt hatte, daß er wieder in sein Büro gehen konnte.
    »Wie viele Leute warten noch auf mich, Fred?«
     
    »Nach den Higginbottoms kommt nur noch der verrückte Major, der immer noch überzeugt ist, daß die Marsmenschen auf dem Dach des Rathauses von Leeds landen werden.«
    »Warum sollten sie ausgerechnet zuerst nach Leeds kommen?« fragte Raymond und versuchte, seine Bestürzung hinter einem schwachen Scherz zu verbergen.
    »Wenn sie Yorkshire in der Hand haben, ist alles andere ein Kinderspiel.«
    »Diese Behauptung läßt sich schwer widerlegen. Sag dem Major, wie sehr mich das Problem beschäftigt. Ich werde mich an das

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