Archer Jeffrey
nichts.
»Er fordert mich auf, Staatsminister für Verteidigung zu werden, aber ich muß wissen, was du dazu meinst.« Er blieb noch eine Weile bei ihr sitzen, ohne eine Antwort auf seine Frage zu erhalten, dann ließ er sie allein.
Jede Nacht schlief er bei ihr und ließ sie seine Liebe spüren, aber er fühlte sich nur noch einsamer.
Am Montag früh rief er seinen Vater an, um ihm mitzuteilen, daß er das Angebot des Premiers ablehnen werde. Er konnte Louise in dieser Verfassung nicht längere Zeit allein lassen.
Wieder ging er ins Schlafzimmer zurück und setzte sich zu ihr. Flüsternd, wie zu sich selbst, sagte er: »Hätte ich doch annehmen sollen?«
Louise nickte so schwach, daß Andrew es fast nicht bemerkt hätte, doch ihre Finger bewegten sich. Er schob seine Hand zwischen ihre Finger und sie drückte sie ein bißchen und wiederholte das Nicken. Dann schlief sie ein.
Andrew rief sofort den Premierminister an.
Raymond griff tiefer in das rote Portefeuille.
»Macht es dir Spaß, Karottenkopf?«
»Es ist faszinierend«, begann Raymond, »weißt du -« »Nein, ich weiß nichts. In den letzten drei Stunden hast du
kaum mit mir gesprochen, und wenn, dann nur, um mir zu erzählen, wie du den Tag mit deiner neuen Geliebten verbracht hast.«
»Mit meiner neuen Geliebten?«
»Dem Staatssekretär im Handelsministerium.«
»Ach, den meinst du.«
»Ja, den.«
»Und wie war es bei dir in der Bank?« fragte Raymond, ohne
aufzusehen.
»Faszinierend«, erwiderte Kate.
»Was war los?«
»Einer unserer Kunden wollte einen Kredit.«
»Einen Kredit«, wiederholte Raymond, immer noch auf seine
Papiere konzentriert. »Wie hoch?«
»Wieviel wollen Sie?’ fragte ich. ,Wieviel haben Sie?’ wurde
ich gefragt. ,Vierhundertsiebzehn Milliarden bei der letzten
Zählung’, sagte ich. ,Das genügt für den Anfang’ hieß es. ,Unterschreiben Sie hier’, sagte ich. Aber ich konnte das Geschäft nicht abschließen, weil die Dame nur eine FünfzigPfund-Bankkarte besaß.«
Raymond lachte schallend und schloß das rote Portefeuille. »Weißt du, warum ich dich liebe?«
»Wegen meines Geschmacks für Herrenkleidung?«
»Nein. Nur wegen deines Geschmacks bei Männern.«
»Ich dachte immer, eine Geliebte bekommt Pelzmäntel, Reisen auf die Bahamas, den gewissen großen Solitär … aber ich bekomme nichts, außer, daß ich dich mit dem roten Portefeuille teilen darf.«
Raymond öffnete die Schatulle wieder und gab Kate ein kleines Paket.
»Was ist das?«
»Öffne es.«
Kate entfernte das Papier und fand eine hervorragend gearbeitete Miniatur, die Kopie eines roten Portefeuille aus Gold an einer Goldkette. Auf dem Deckel stand » For your eyes only. «
»Obwohl die Geburtstage der Geliebten von Ministern nicht in der Sunday Times erwähnt werden, weiß ich immer noch den Tag, an dem wir uns kennengelernt haben.«
Andrew nahm das Haus in Pelham Crescent sofort nach der Besichtigung, und seine Mutter kam nach London, um den Umzug zu organisieren.
»Hoffen wir, daß es etwas nützt«, sagte sie.
Andrew betete um nichts anderes. Die Übersiedlung dauerte etwa zwei Wochen; Louise konnte noch immer kaum gehen und mußte sich nach ein paar Schritten hinsetzen. Louises Mutter verließ kaum das Haus, und Andrew fühlte sich schuldbewußt, weil ihm seine neue Stellung im Verteidigungsministerium so viel Freude machte. Jeden Abend und jeden Morgen versuchte er ein paar Worte mit Louise zu wechseln. Gelegentlich nickte sie, ab und zu berührte sie seine Hand und schrieb ihm sogar dann und wann ein paar Zeilen. Aber sie sprach nie und weinte nie. Der Arzt wurde immer pessimistischer. »Die entscheidende Zeit ist vorüber«, sagte er.
Stundenlang saß Andrew bei ihr, mit seinem roten Portefeuille beschäftigt. Harrier-Jump-Jets für die Royal Air Force, PolarisRaketen für die Royal Navy, Panzer für die Armee, was meinte Labour zu den Tridents, wenn die Polaris eingezogen wurden? Sollte man Marschflugkörper auf britischem Boden erlauben? Es gab so viel zu lernen, bevor er mit seinen Beamten oder den Rednern im Unterhaus gleichziehen konnte. Monatelang stellte Andrew nur Fragen; nach einem Jahr wußte er einige der Antworten.
Wieder sah er seine Frau an. Sie starrte auf Roberts Bild auf dem Kaminsims.
Am sechsten Geburtstag seines Sohnes blieb Andrew den ganzen Tag zu Hause. Zum erstenmal standen Tränen in Louises Augen. Als er sie in den Armen hielt, dachte er an den Tankwagen. Jetzt konnte er ihn so genau sehen, als nähere er sich im
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