Archer Jeffrey
übernehmen.« Simon versuchte sich im Kopfrechnen.
»Rechnen Sie nicht«, sagte Ronnie, »bei 1,25 Pfund wären
Ihre Anteile 75.000 Pfund wert.«
»Das ist nicht genug.« Simon dachte an die 108.712 Pfund. »Keine Panik. Ich habe geantwortet 1,50 Pfund sei das
Minimum, und zwar innerhalb einer Woche. Das gibt ihm
genügend Zeit, die Bücher zu prüfen. Damit hätten Sie 90.000
Pfund. Mit den fehlenden 18.000 Pfund müssen Sie zu leben
lernen. Wenn Sie Ihre Frau und das zweite Auto verkaufen,
könnten Sie knapp überleben.«
Simon entnahm Ronnies Tonfall, daß er schon eine Zigarre im
Mund hatte.
»Sie sind ein Genie.«
»Nicht ich – Morgan Grenfell. Und ich wette, die werden à la
longue für ihren ungenannten Kunden, der über alle Einzelheiten
informiert zu sein scheint, einen hübschen Gewinn machen.
Wenn Sie immer noch Lust auf einen Lunch nächsten Dienstag
haben, brauchen Sie keinen Gutschein mitzubringen. Ich lade
Sie ein.«
Simon legte den Hörer hin und küßte Miss Norse auf die Stirn.
Diese Situation, für die sie keine passende Redewendung parat
hatte, brachte sie völlig aus der Fassung. Sie schwieg auch, als
der Chief Whip hereinschaute. »Eine Orgie im Büro des Chief
Whips? Sie werden auf Seite drei der nächsten Sun erwähnt
werden, Miss Norse.« Simon lachte. »Ich habe Schwierigkeiten
mit der Abstimmung heute abend. Die Regierung will unsere
Vereinbarung über ›Partner‹ nicht akzeptieren, und ich muß bis
zur Zehn-Uhr-Abstimmung eine Delegation aus Brüssel hierher
zurückbringen. Was immer es ist, kann man es verschieben,
Simon?«
»Ja, natürlich.«
»Würden Sie bitte in mein Büro kommen, Miss Norse, falls
Sie sich von 007-Kerslake losreißen können?«
Simon hüpfte fast zum nächsten Telefon. Zuerst rief er
Elizabeth an, dann Archie Millburn. Archie klang keineswegs
überrascht.
»Meinst du nicht, es wäre klüger, wenn wir einander nicht mehr sehen?«
»Warum?« fragte Raymond. »Palmerston hatte noch mit siebzig eine Geliebte und schlug Disraeli trotzdem bei der Wahl.«
»Ja, aber damals gab es nicht ein Dutzend Zeitungen und keine recherchierenden Journalisten. Reporter wie Woodward oder Bernstein würden unser kleines Geheimnis in ein paar Stunden herausfinden.«
»Nein. Uns kann nichts passieren; ich habe alle Tonbänder vernichtet.«
»Sei ernst, bitte.«
»Du sagst immer, daß ich zu ernst bin.«
»Jetzt sollst du aber ernst bleiben, bitte.«
Raymond sah Kate an. »Ich liebe dich, Kate, und werde dich immer lieben. Warum geben wir diese Geheimnistuerei nicht auf und heiraten?«
Sie seufzte. »Das haben wir schon hundertmal besprochen. Früher oder später will ich nach Amerika zurückkehren, und außerdem wäre ich als Frau eines Premierministers gänzlich ungeeignet.«
»Drei Amerikanerinnen haben es geschafft«, widersprach Raymond trotzig.
»Zum Teufel mit deinen Geschichtskenntnissen – und überdies hasse ich Leeds.«
»Du warst noch nie dort.«
»Ich will auch nicht hin, wenn es kälter ist als London.«
»Dann mußt du dich damit begnügen, meine Geliebte zu sein.« Raymond nahm Kate in die Arme. »Weißt du, früher einmal dachte ich, Premier zu werden, sei jedes Opfer wert. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher.«
»Es ist jedes Opfer wert«, erwiderte Kate, »das wirst du feststellen, wenn du in No. 10 lebst. Komm jetzt, oder unser Essen verbrennt.«
»Die hast du gar nicht bemerkt«, sagte Raymond stolz und wies auf seine Füße.
Kate sah seine neuen modischen Slipper an.
»Ich habe nicht geglaubt, daß ich diesen Tag erleben werde«, sagte sie, »schade, daß du bald eine Glatze haben wirst.«
Als Simon nach Hause kam, waren seine ersten Worte: »Wir werden überleben.«
»Dafür sei Gott bedankt«, sagte Elizabeth. »Hast du etwas wegen deines Rücktrittsschreibens unternommen?«
»Archie meinte, er werde es mir an dem Tag zurückgeben, an dem ich Premierminister bin.«
»Sollte das je der Fall sein, mußt du mir eins versprechen.«
»Was immer du willst.«
»Du wirst nie mehr mit Ronnie Nethercote sprechen.«
Simon zögerte einen Moment, bevor er sagte: »Das wäre nicht fair, Elizabeth, denn ich war von Anfang an nicht ganz ehrlich zu dir.« Er setzte sich zu seiner Frau aufs Sofa und beichtete ihr die ganze Wahrheit.
Jetzt fehlten Elizabeth die Worte.
»Mein Gott, ich hoffe, daß Ronnie mir verzeihen wird.« Sie sah zu ihrem Mann auf.
»Wovon sprichst du?«
»Kurz nachdem du zum Parlament gefahren bist, rief ich ihn an und erklärte ihm zehn Minuten lang,
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