Archer Jeffrey
bereits da. Wäre nicht die karierte Jacke gewesen, er hätte den Körper nicht erkannt. Ein Polizist nahm die Einzelheiten auf. Ein Mann in Zivil kam auf Abel zu.
»Sie sind der Direktor?«
»Ja.«
»Haben Sie eine Ahnung, wer es sein kann?«
»Ja«, sagte Abel tonlos. »Er heißt Davis Leroy.«
»Wissen Sie, woher er kommt und wie wir seine Verwandten verständigen können?«
Abel wandte den Blick von der Leiche ab und antwortete automatisch.
»Er ist aus Dallas, und seine engste Verwandte ist Miss Melanie Leroy, seine Tochter. Sie ist Studentin und wohnt auf dem Campus der Universität von Chikago.«
»Danke, wir werden sofort jemanden zu ihr schicken.«
»Nein, ich werde selbst hinfahren«, sagte Abel.
»Danke. Es ist immer besser, die Nachrichten nicht von einem Fremden zu erfahren.«
»Wie furchtbar sinnlos, so etwas zu tun«, sagte Abel, und sein Blick ruhte wieder auf der Leiche seines Freundes.
»Er ist heute der siebente in Chikago«, sagte der Polizist sachlich, schloß sein Notizbuch und ging zum Krankenwagen.
Abel schaute zu, wie die Sanitäter die Leiche auf die Bahre hoben. Ihm wurde kalt, er fiel auf die Knie und erbrach in den Rinnstein. Wieder hatte er seinen besten Freund verloren. Hätte er weniger getrunken und mehr nachgedacht, vielleicht hätte er ihn retten können. Er riß sich zusammen und ging in sein Zimmer zurück. Er nahm eine kalte Dusche, zog sich irgendwie an und bestellte schwarzen Kaffee. Widerwillig ging er in das Luxusapartment und schloß die Tür auf. Abgesehen von zwei leeren Whiskyflaschen gab es keine Anzeichen für die Tragödie, die sich vor kurzem abgespielt hatte. Dann sah er auf dem kleinen Tisch neben dem unberührten Bett die Briefe. Der erste war an Melanie gerichtet, der zweite an einen Anwalt in Dallas, der dritte an Abel. Er riß ihn auf und war kaum imstande, Davis’ letzte Worte zu lesen:
Lieber Abel, nach der Entscheidung der Bank ist das der einzige Ausweg, der mir bleibt. Ich habe nichts mehr, wofür ich leben könnte. Um nochmals anzufangen, bin ich zu alt. Du bist der einzige Mensch, der imstande ist, aus diesem furchtbaren Schlamassel etwas Gutes zu machen. Davon bin ich überzeugt, und ich möchte, daß Du das weißt.
Ich habe ein neues Testament aufgesetzt, in dem ich Dir meine fünfundsiebzig Prozent der Richmond-Gruppe hinterlasse. Es ist mir klar, daß sie wertlos sind, aber sie werden Deine Stellung als legaler Besitzer der Gruppe sichern. Da Du den Mut hattest, mit Deinem eigenen Geld fünfundzwanzig Prozent zu kaufen, sollst Du die Möglichkeit haben, mit der Bank zu einem Übereinkommen zu gelangen. Alles, was ich sonst besitze, einschließlich des Hauses, vermache ich Melanie. Bitte überbringe Du ihr die Nachricht und nicht die Polizei. Ich wäre stolz gewesen, Dich als Schwiegersohn zu haben, Partner.
Dein Freund Davis
Wieder und wieder las Abel den Brief, dann faltete er ihn ordentlich zusammen und steckte ihn in die Brieftasche.
Am späteren Vormittag ging er zur Universität und teilte Melanie die Nachricht so behutsam wie möglich mit. Unsicher und nervös saß er auf der Couch und wußte nicht, was er zu der nackten Tatsache des Todes hinzufügen könnte. Sie hielt sich erstaunlich gut, beinahe als hätte sie geahnt, was geschehen würde. Keine Träne in Abels Gegenwart. Zum erstenmal in seinem Leben tat sie ihm leid.
Abel kehrte ins Hotel zurück. Er wollte nichts zu Mittag essen, sondern bestellte, während er die Post durchging, Tomatensaft. Ein Brief von Curtis Fenton von der Continental Trust Bank. Offenbar war das ein Tag der Briefe. Fenton hatte Mitteilung erhalten, daß eine Bank namens Kane and Cabot in Boston die finanzielle Verantwortung für die Richmond-Gruppe übernommen hatte. Bis man mit Mr. Davis Leroy eine Zusammenkunft arrangiert hatte, um den Verkauf der Hotels zu besprechen, sollten die Geschäfte wie üblich weitergeführt werden. Abel saß da, starrte die Worte an, und nach einem zweiten Glas Tomatensaft entwarf er einen Brief an den Präsidenten von Kane and Cabot, einen Mr. Alan Lloyd. Fünf Tage später erhielt er eine Antwort. Abel wurde gebeten, am 4. Januar nach Boston zu kommen, um mit dem für diese Angelegenheiten zuständigen Direktor die Liquidierung der Hotelgruppe zu besprechen. Bis dahin würde die Bank Zeit haben, die Folgen von Mr. Leroys plötzlichem tragischen Tod zu überlegen.
»Plötzlicher, tragischer Tod? Und wer ist schuld an diesem Tod?« sagte Abel laut und wütend. Plötzlich
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