Archer Jeffrey
niedergebrannten Überreste des Flaggschiffes der Leroy-Gruppe.
Der Pole wird aus Schaden klug, dachte Abel, als er die Faust ballte und auf sein lahmes Bein einschlug. Er verspürte keinen Schmerz - er hatte keine Gefühle mehr.
»Ihr Schweine«, rief er laut. »Mir ist es schon dreckiger gegangen als heute, und ich werde doch noch jeden von euch schlagen. Deutsche, Russen, Türken, Kane, dieser Schuft, und jetzt dies. Jeden. Ich schlage euch alle. Niemand bringt Abel Rosnovski um.«
Der stellvertretende Direktor sah Abel neben dem Taxi stehen und lief auf ihn zu. Abel zwang sich zur Ruhe. i
»Konnten Personal und Gäste rechtzeitig das Hotel verlassen?« fragte er.
»Ja, Gott sei Dank. Das Hotel war fast leer, so daß es kein Problem war, alle hinauszuschaffen. Es gab ein paar kleine Verletzungen und Brandwunden, die jetzt im Krankenhaus behandelt werden. Aber kein Anlaß zur Besorgnis.«
»Gut, das ist eine Erleichterung. Zum Glück war das Hotel gut versichert. Ich glaube, auf über eine Million. Vielleicht können wir aus diesem Unglück noch Vorteile ziehen.«
»Nicht, wenn das, was die Nachtausgaben der Zeitungen andeuten, wahr ist.«
»Was soll das heißen?« fragte Abel.
»Mir wäre lieber, Sie würden es selbst lesen, Boß«, sagte der Direktor-Stellvertreter.
Abel ging zum Zeitungsstand und zahlte zwei Cents für die letzte Ausgabe der Chicago Tribüne. Die Balkenlettern sagten alles.
RICHMOND HOTEL IN FLAMMEN - VERDACHT AUF BRANDSTIFTUNG.
Abel schüttelte ungläubig den Kopf und las die Überschrift nochmals. »Gibt es jetzt noch irgend etwas, was mir geschehen könnte?«
murmelte er.
»Haben Sie ein Problem?« fragte der Zeitungsjunge.
»Ein kleines«, sagte Abel und kehrte zum stellvertretenden Direktor
zurück.
»Wer leitet die polizeiliche Untersuchung?«
»Der Beamte, der sich an das Polizeiauto lehnt.«
Der Direktor-Stellvertreter wies auf einen großen, mageren, beinahe
kahlköpfigen Mann. »Er heißt Leutnant O’Malley.«
»Auch das noch«, sagte Abel. »Quartieren Sie das Personal in der
Dependance ein; ich wünsche alle morgen um zehn Uhr zu sehen.
Sollte mich jemand vorher brauchen, bin ich im Stevens, bis ich diese
Sache in Ordnung gebracht habe.«
»O. K., Boß.«
Abel ging zu Leutnant O’Malley und stellte sich vor.
Der große hagere Polizist bückte sich ein wenig, um Abel die Hand
zu geben.
»Ach, der verlorengegangene Ex-Direktor kehrt zu den
eingeäscherten Resten zurück.«
»Ich finde es nicht sehr komisch«, sagte Abel.
»Tut mir leid«, sagte der Beamte. »Es ist nicht komisch. Die Nacht
war lang. Gehen wir etwas trinken.«
Der Polizist nahm Abel am Ellbogen und führte ihn zu einem Café
an der Ecke der Michigan Avenue. Leutnant O’Malley bestellte zwei
Milchshakes.
Abel lachte, als man das weiße, schäumende Getränk vor ihn stellte;
da er keine Jugend gehabt hatte, war es sein erster Milchshake. »Ich weiß, es ist komisch; jeder in dieser Stadt bricht das Gesetz
und trinkt Bourbon oder Bier«, sagte der Detektiv, »aber irgend
jemand muß sich an das Gesetz halten. Jedenfalls wird die Prohibition
nicht ewig dauern, und dann werde ich Schwierigkeiten haben. Denn
dann werden die Gangster feststellen, daß ich Milchgetränke
tatsächlich gern hab.«
Wieder lachte Abel.
»Und jetzt zu Ihren Problemen, Mr. Rosnovski. Einleitend muß ich
Ihnen sagen, daß Sie wahrscheinlich nicht die geringste Chance
haben, die Versicherungssumme für dieses Hotel zu kassieren. Die
Feuerexperten durchkämmten die Überreste des Gebäudes mit dem
feinsten Kamm und stellten fest, daß das Hotel mit Benzin geradezu
getränkt war. Nicht einmal der Versuch, es zu verbergen. Im
Kellergeschoß waren überall Spuren von dem Zeug. Ein Streichholz,
und das Gebäude muß gebrannt haben wie eine Sprühkerze.« »Haben Sie eine Ahnung, wer dafür verantwortlich sein könnte?«
fragte Abel.
»Lassen Sie mich die Frage stellen. Haben Sie eine Ahnung, wer
gegen das Hotel oder gegen Sie persönlich einen Groll haben
könnte?«
Abel brummte. »Etwa fünfzig Leute, Leutnant. Als ich hierherkam,
habe ich einiges an Parasiten ausgemistet. Ich könnte Ihnen eine Liste
geben, falls das hilft.«
»Vielleicht, aber so wie die Leute hier reden, werde ich sie
vermutlich gar nicht brauchen«, sagte der Leutnant. »Sollten Sie
irgendeine definitive Information erhalten, verständigen Sie mich,
bitte, Mr. Rosnovski. Verständigen Sie mich, weil ich Sie warnen
muß: Sie haben hier Feinde.«
Er zeigte auf die übervölkerte
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