Archer Jeffrey
Schwangerschaft abraten.«
»Aber es macht mir nichts, wenn ich mich ein paar Monate schlecht fühle, solange…«
»Ich spreche nicht davon, daß Sie sich schlecht fühlen, Anne, ich spreche davon, daß Sie nichts Lebensgefährliches riskieren dürfen.«
Das war ein furchtbarer Schlag für Richard und Anne, die beide Einzelkinder gewesen waren; ihre Väter waren früh verstorben. Sie hatten auf eine Familie gehofft, die der Größe des Hauses und ihrer Verantwortung gegenüber der nächsten Generation entsprechen würde. »Was sonst kann eine junge Frau tun?« fragte Großmutter Cabot Großmutter Kane. Niemand erwähnte mehr das Thema, und alle konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf William.
Richard, der 1904 nach dem Tod seines Vaters Präsident der Kane and Cabot Bank and Trust Company wurde, hatte sich immer schon in seine Arbeit, das Bankgeschäft, vergraben. Seine Bank, die sich - eine Bastion architektonischer und finanzieller Solidität - in der State Street befand, hatte in New York, London und San Franzisko Filialen. Kurz nach Williams Geburt wurde letztere ein Problem, als sie ebenso wie die Crocker National Bank, die Well Fargo und die California Bank zusammenbrach, und zwar nicht finanziell, sondern im wahrsten Sinn des Wortes: nämlich beim großen Erdbeben von 1906. Richard, ein vorsichtiger Mann, war bei Lloyds of London hoch versichert, und wie es Gentlemen geziemt, zahlten diese bis auf den letzten Cent, so daß Richard die Bank wieder aufbauen konnte. Trotzdem verbrachte Richard ein unangenehmes Jahr damit, mit dem Zug zwischen Boston und San Franzisko hin- und herzufahren - eine Reise, die damals vier Tage in Anspruch nahm -, um den Wiederaufbau zu überwachen. Im Oktober 1907 eröffnete das neue Büro auf dem Union Square; gerade im richtigen Moment, denn er mußte seine Aufmerksamkeit nun neuen Problemen an der Ostküste zuwenden. Es gab einen kleineren Run auf die New Yorker Banken, und viele der weniger bedeutenden Bankhäuser hatten Mühe, ihn zu überleben. J. P. Morgan, der legendäre Vorsitzende der mächtigen Bank, die seinen Namen trug, forderte Richard auf, sich einem Konsortium anzuschließen, um gegen die Krise gefeit zu sein. Richard stimmte zu, der mutige Schritt bewährte sich und die Krise ging vorüber, aber Richard hatte sie einige schlaflose Nächte gekostet.
William hingegen schlief fest und gut, unberührt von Erdbeben und Bankrott. Schließlich gab es Schwäne, die gefüttert werden mußten, und es gab endlose Fahrten nach Milton, Brookline und Beverly zu den vornehmen Verwandten.
Im Vorfrühling des folgenden Jahres kaufte Richard ein neues Spielzeug, das im Zusammenhang mit einer vorsichtigen Kapitalanlage bei einem Mann namens Henry Ford stand. Dieser Mann behauptete, er könne ein Auto für das Volk produzieren. Die Bank lud Mr. Ford zum Lunch ein, und Richard wurde überredet, für die stolze Summe von achthundertfünfzig Dollar ein Modell T zu kaufen. Henry Ford versicherte Richard, daß der Preis im Laufe von wenigen Jahren auf dreihundertfünfzig Dollar fallen und alle Leute sein Auto kaufen würden, wenn ihn die Bank unterstützte; der Gewinn für die Kapitalgeber würde beachtlich sein. Richard stieg ein; es war das erste Mal, daß er jemanden finanzierte, der sein Produkt um die Hälfte verbilligen wollte.
Anfangs war Richard etwas besorgt, daß ein Auto, selbst ein dezentes schwarzes, für einen Bankpräsidenten kein seriöses Transportmittel sei, aber die bewundernden Blicke der Fußgänger beruhigten ihn bald. Das Auto fuhr fünfzehn Kilometer in der Stunde und machte mehr Krach als ein Pferd, doch hatte es den Vorteil, nicht mitten auf Mount Vermont Street Schmutzhaufen zu hinterlassen. Richard ärgerte sich nur, weil Henry Ford nicht auf seinen Vorschlag eingehen wollte, das Modell T in verschiedenen Farben zu erzeugen. Ford bestand darauf, alle Autos schwarz zu liefern, um den Preis möglichst niedrig zu halten. Anne, die mehr auf die Spielregeln der Gesellschaft achtete als ihr Mann, fuhr erst im Auto, als auch die Cabots eins gekauft hatten.
William hingegen liebte das »Automobil«, wie es die Zeitungen nannten, abgöttisch und war sofort überzeugt, daß man das Auto nur für ihn gekauft hatte, um den jetzt überflüssigen Kinderwagen zu ersetzen. Auch zog er den Chauffeur - mit großer Brille und flacher Mütze - seinem Kindermädchen vor. Die Großmütter Kane und Cabot erklärten, daß sie niemals diese schrecklichen Maschinen benützen
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