Archer Jeffrey
Handschuhe reichte. Er probierte sie. Sie waren ein wenig zu groß. Florentyna zeigt ihm ein anderes Paar. Es war etwas zu knapp. Er schaute hilfesuchend zu Maisie, aber sie war von Kunden umringt. Trotzdem fand sie Zeit, dem jungen Mann zuzunicken und zu grinsen.
Nervös erwiderte er das Lächeln. Florentyna reichte ihm ein drittes Paar; es paßte.
»Ich glaube, das sind die Handschuhe, die Sie wollten«, sagte Florentyna.
»Nein, eigentlich nicht«, sagte der verlegene Kunde.
Florentyna beschloß, daß es an der Zeit sei, den armen Kerl zu erlösen, und sagte leise: »Ich werde Maisie holen. Warum gehen Sie nicht mit ihr aus? Ich bin sicher, daß sie ja sagt.«
»O nein«, sagte der junge Mann. »Sie verstehen mich falsch. Ich will nicht mit ihr ausgehen, sondern mit Ihnen.«
Florentyna war sprachlos. Der junge Mann schien all seinen Mut zusammenzunehmen.
»Wollen Sie heute abend mit mir essen gehen?«
»Ja, gern«, hörte sie sich sagen.
»Darf ich Sie zu Hause abholen?«
»Nein«, sagte Florentyna etwas zu bestimmt. Unter keinen Umständen wollte sie in ihrem Apartment abgeholt werden, wo jeder erraten konnte, daß sie keine kleine Verkäuferin war. »Treffen wir uns in einem Restaurant«, fügte sie rasch hinzu.
»Wohin möchten Sie gern gehen?«
Florentyna suchte nach einem Lokal, das nicht zu bekannt war.
»Vielleicht bei Allen’s, an der Ecke 73. Straße-Third Avenue?« schlug er vor.
»Ja, gut«, sagte Florentyna und dachte, daß Maisie der Situation viel besser gewachsen wäre.
»Paßt Ihnen acht Uhr?«
»Ja, gern«, sagte Florentyna.
Der junge Mann verließ das Geschäft mit einem breiten Lächeln. Florentyna schaute ihm nach, als er auf der Straße verschwand, und merkte plötzlich, daß er keine Handschuhe mehr gekauft hatte.
Florentyna brauchte sehr lang, bis sie sich entschieden hatte, was sie abends anziehen sollte. Sie durfte nicht zu elegant wirken. Für ihre Arbeit bei Bloomingdale hatte sie eine kleine Garderobe gekauft, aber es waren alles Tageskleider, die sie abends nie anzog. Wenn der junge Mann - mein Gott, sie wußte nicht einmal seinen Namen - sie für eine Verkäuferin hielt, durfte man ihn nicht enttäuschen. Erstaunt stellte sie fest, daß sie sich auf den Abend mehr freute, als sie gedacht hatte.
Kurz vor acht verließ sie ihre Wohnung in der 57. Street und mußte ein paar Minuten warten, bis sie ein Taxi fand.
»Allen’s, bitte«, sagte sie zu dem Chauffeur.
»Third Avenue?«
»Ja.«
»Gern, Miss.«
Florentyna betrat das Restaurant ein wenig verspätet. Ihre Blicke suchten den jungen Mann. Jetzt hatte er eine graue Flanellhose und einen blauen Blazer an; sehr konservativ, fand Florentyna, und sehr gut aussehend.
»Es tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, begann sie.
»Das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur, daß Sie gekommen sind.«
»Dachten Sie, ich würde nicht kommen?«
»Ich war nicht ganz sicher.«
Er lächelte. »Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen.«
»Jessie Kovats«, sagte Florentyna, entschlossen, ihren wahren Namen nicht preiszugeben.
»Richard Kane«, sagte der junge Mann und streckte die Hand aus.
Sie gab ihm die Hand, und er hielt sie etwas länger als üblich fest.
»Und was machen Sie, wenn Sie keine Handschuhe bei Bloomingdale kaufen?« zog sie ihn auf.
»Ich gehe in die Harvard Business School.«
»Erstaunlich, haben Sie dort nicht gelernt, daß die meisten Menschen nur zwei Hände haben?«
Sein Lachen war fröhlich und gewinnend; schade eigentlich, daß sie nicht von vorn anfangen und ihm sagen konnte, daß sie sich während ihrer Jahre in Radcliffe und Cambridge hätten treffen können.
»Sollen wir bestellen?«
Er nahm ihren Arm und führte sie zu einem Tisch.
Florentyna schaute auf die Speisen, die an einer schwarzen Tafel angepriesen wurden.
»Was ist ein Salisbury Steak?« wollte sie wissen.
»Ein anderer Name für einen Hamburger.«
Beide lachten, so wie junge Menschen, die sich noch nicht kennen, aber kennenlernen wollen. Selten hatte sich Florentyna so gut unterhalten. Richard plauderte mit so viel Charme über New York, über Theater und über Musik - offenbar seine große Liebe -, daß Florentyna sich ungeheuer wohl fühlte. Vielleicht hielt er sie für eine Verkäuferin, aber er behandelte sie, als stamme sie aus einer der ältesten Familien Amerikas. Sie hoffte, daß er nicht zu erstaunt über ihre ähnlichen Interessen war, denn auf seine Fragen sagte sie ihm, daß sie Polin sei und mit ihren Eltern in New York wohne. Im Laufe des
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