Archer Jeffrey
hatten. Es gab keinen Anlaß, der das Interesse an dem Skandal wiedererweckt hätte. Eisenhowers Vizepräsident Richard Nixon schien mehr damit beschäftigt, jene Geisterkommunisten zu jagen, die Joe McCarthy entgangen waren.
Die nächsten zwei Jahre konzentrierte sich Abel auf die Errichtung neuer Hotels in Europa. 1953 eröffnete er das Paris Baron und Ende 1954 das London Baron. Auch in Brüssel, Rom, Amsterdam, Genf, Bonn, Edinburgh, Cannes und Stockholm wurden Baron-Hotels gebaut.
Abel war so überarbeitet, daß ihm keine Zeit blieb, sich mit William Kanes blühenden Geschäften zu befassen. Weder kaufte er Aktien der Lester-Bank noch Aktien von Gesellschaften, die mit der Bank assoziiert waren. Doch die bereits in seinem Besitz befindlichen Effekten behielt er, in der Hoffnung, daß sich einmal eine Gelegenheit bieten würde, William Kane eine Lektion zu erteilen, von der er sich nie mehr erholen würde. Das nächstemal, so versprach er sich, würde er vorsichtiger sein und nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Während Abels zahlreichen Reisen führte George die Hotel-Gruppe, und Abel hoffte, daß Florentyna, wenn sie im Juni 1955 Radcliffe verließ, in den Vorstand eintreten würde. Abel plante bereits, daß sie die Führung aller Hotelläden übernehmen und deren Einkäufe koordinieren sollte; diese Läden entwickelten sich rasch zu einem eigenen kleinen Imperium.
Florentyna freute sich auf die Aufgabe, bestand jedoch darauf, noch anderswo Erfahrungen zu sammeln, bevor sie in die Gruppe ihres Vaters eintrat. Ihr Sinn für Farben, Design und Organisation waren ihrer Meinung nach kein Ersatz für Erfahrung. Abel schlug ihr vor, nach Lausanne zu gehen und die berühmte École Hotelière von Monsieur Maurice zu besuchen. Florentyna war nicht einverstanden; sie wollte lieber, bevor sie die Hotelläden übernahm, zwei Jahre in einem Geschäft in New York arbeiten. Sie sei entschlossen, den Job nicht als »die Tochter ihres Vaters« anzutreten, sondern sie wolle sich für die Stellung qualifizieren, teilte sie ihm mit. Abel konnte ihr nur beipflichten.
»Ein Geschäft in New York läßt sich leicht finden«, sagte er. »Ich werde Walter Hoving von Tiffany anrufen, und du kannst ganz oben beginnen.«
»Nein«, erwiderte Florentyna und bewies, daß sie die Hartnäckigkeit ihres Vaters geerbt hatte. »Was entspricht einem jungen Kellner im Plaza Hotel?«
»Eine Verkäuferin im Warenhaus«, sagte Abel lachend.
»Dann ist es genau das, was ich tun werde.«
Abel lachte nicht mehr. »Ist das dein Ernst? Mit einem Diplom von
Radcliffe und all dem Wissen und der Erfahrung, die du dir auf den Reisen durch Europa angeeignet hast, willst du eine kleine Verkäuferin werden?«
»Daß du ein kleiner Kellner im Plaza warst, hat dir auch nicht geschadet, als der Zeitpunkt kam, eine der erfolgreichsten Hotelketten der Welt aufzubauen.«
Abel wußte, wenn er geschlagen war. Er brauchte nur in die stahlgrauen Augen seiner schönen Tochter schauen, um zu merken, daß sie fest entschlossen war, und daß keine Worte - sanfte oder andere - sie davon abbringen würden.
Nach der Abschlußprüfung in Radcliffe fuhr Florentyna mit ihrem Vater für einen Monat nach Europa und verfolgte mit ihm die Fortschritte der im Bau befindlichen Baron-Hotels. Sie eröffnete das Brüssel Baron und eroberte das Herz des jungen, gutaussehenden französischen Direktors, von dem Abel behauptete, er rieche nach Knoblauch. Drei Tage später, als der Flirt das Kußstadium erreicht hatte, beendete sie die Romanze, gestand ihrem Vater jedoch nie, daß der Grund dafür Knoblauchgeruch gewesen war.
Sofort nach ihrer Rückkehr nach New York bewarb sich Florentyna um eine freie Stellung als Verkaufshilfe bei Bloomingdale. Als sie das entsprechende Formular ausfüllte, gab sie als Name Jessie Kovats an, da sie genau wußte, daß man sie als Tochter des Chikago-Barons nie in Ruhe lassen würde.
Trotz der Proteste ihres Vaters gab sie ihre Suite im Baron-Hotel auf und ging auf Zimmersuche. Wieder gab Abel nach und schenkte seiner Tochter zu ihrem 22. Geburtstag eine kleine, elegante Wohnung in der 57. Straße, nahe dem East River.
Florentyna fühlte sich in New York zu Hause und hatte einen großen Bekanntenkreis, aber sie beschloß, niemandem zu verraten, daß sie bei Bloomingdale arbeiten wollte. Sonst würde man sie besuchen kommen, und binnen kurzem wäre ihre Anonymität dahin, und niemand würde sie mehr wie einen gewöhnlichen Lehrling
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