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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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erwartungsvolles Raunen ging durch den Saal.
»Nach meiner Meinung verdienen die von Mr. Crosby
vorgetragenen Ansichten keine Antwort.«
Er setzte sich. Einen Augenblick erstaunter Stille, dann lauter
Beifall.
Der Leiter ging zum Podium zurück, schien aber nicht recht zu
wissen, was er tun sollte. Eine Stimme hinter ihm durchbrach die
Spannung.
»Mit Erlaubnis des Herrn Vorsitzenden möchte ich Mr. Kane bitten,
daß er mir seine Redezeit überläßt.«
Es war Thaddeus Cohen.
William nickte sein Einverständnis.
Cohen trat zum Rednerpult und schaute mit einem entwaffnenden
Blick in das Publikum. »Es ist eine alte Wahrheit«, begann er, »daß
der Radikalismus mancher seiner Anhänger das größte Hindernis für
den Erfolg eines demokratischen Sozialismus in den Vereinigten
Staaten ist. Nichts hätte diese unglückselige Wahrheit besser belegen
können als die Rede meines Kollegen heute abend. Die Tendenz, der
Sache des Fortschritts zu schaden, indem er nach der physischen
Ausrottung ihrer Gegner schreit, mag bei einem militanten
Einwanderer, bei einem Veteranen aus Kämpfen, die unbarmherziger
sind als die unseren, entschuldbar sein. In Amerika ist es kläglich und
unentschuldbar. Ich für meinen Teil möchte Mr. Kane aufrichtig um
Entschuldigung bitten.«
Diesmal war der Beifall spontan. Praktisch das gesamte Publikum
stand auf und applaudierte wie besessen.
William ging zu Thaddeus Cohen und schüttelte ihm die Hand. Es
verwunderte niemanden, daß William und Matthew die Debatte mit
einer Mehrheit von hundertfünfzig Stimmen gewannen. Der Abend
war vorüber, das Publikum strömte ins Freie auf die stillen,
schneebedeckten Wege und unterhielt sich laut und angeregt. William bestand darauf, daß Thaddeus Cohen und Matthew mit ihm
einen Drink nahmen. Gemeinsam wanderten sie die Massachusetts
Avenue entlang, konnten in dem Schneetreiben kaum sehen, wohin sie
gingen, und blieben schließlich vor einem großen schwarzen Tor fast
gegenüber von Bolyston Hill stehen. William sperrte auf, und sie
betraten die Halle.
Bevor sich die Tür hinter ihm schloß, sagte Thaddeus Cohen: »Ich
fürchte, hier wird man mich nicht gern sehen.«
Einen Moment lang war William bestürzt. »Unsinn, du bist doch mit
mir.«
Matthew warf seinem Freund einen warnenden Blick zu, sah jedoch,
daß dieser entschlossen war.
Sie gingen die Treppe hinauf in einen großen, bequemen, aber nicht
luxuriös eingerichteten Raum, in dem etwa ein Dutzend junger
Männer herumsaßen oder in Zweier- und Dreiergruppen beisammenstanden. Kaum sah man William an der Tür, als die Glückwünsche
begannen.
»Du warst fabelhaft, William. Genauso muß man diese Leute
behandeln.«
»Tritt im Triumph herein, Bolschewikenkiller.«
Thaddeus Cohen blieb im Schatten der Tür stehen, aber William
hatte ihn nicht vergessen.
»Darf ich euch meinen würdigen Gegner vorstellen, Mr. Thaddeus
Cohen.«
Zögernd machte Cohen einen Schritt vorwärts.
Alles verstummte. Einige Köpfe wandten sich ab, als schauten sie
auf die Ulmenbäume im Hof, deren Äste schwer waren mit Schnee. Schließlich hörte man das Knarren des Parkettbodens, als ein junger
Mann den Raum durch eine andere Tür verließ. Dann ging ein
anderer. Ohne Eile, scheinbar ohne sich abgesprochen zu haben, verschwand die ganze Gruppe. Der letzte, der ging, schaute William
lange an, bevor auch er sich umdrehte und verschwand.
Betrübt sah Matthew seine Begleiter an. Thaddeus Cohen war rot
geworden und stand mit gebeugtem Kopf da. Williams Lippen waren
in der gleichen kalten Wut zusammengepreßt, die er bereits bei der
Erwähnung der Titanic gezeigt hatte.
Matthew berührte den Arm des Freundes. »Gehen wir.« Die drei gingen in Williams Wohnung und tranken schweigend
irgendeinen Brandy.
Als William am Morgen erwachte, lag ein Kuvert unter seiner Tür.
Ein kurzes Schreiben des Präsidenten des Porcellian Club teilte ihm
mit, »man hoffe, daß es nie mehr eine Wiederholung des gestrigen
Vorfalls geben würde, den man am besten vergesse«.
Zu Mittag erhielt der Präsident zwei Austrittserklärungen.
    Nach Monaten harter Arbeit glaubten sich William und Matthew beinahe bereit - niemand hält sich je für ganz bereit - für die Abschlußprüfungen. Sechs Tage lang beantworteten sie Fragen und füllten Bogen um Bogen der kleinen Bücher aus. Dann warteten sie. Nicht vergeblich, denn beide wurden, wie erwartet, im Juni 1928 graduiert.
    Eine Woche später wurde bekannt, daß William den Mathematikpreis des Präsidenten gewonnen

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