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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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verloren. Der Vergleich mit William und Matthew -
ebenso reich und gesellschaftlich ebenso angesehen -, die sich
egoistisch weigerten, im Namen der sozialen Gerechtigkeit zu
Märtyrern zu werden, konnte vernichtend werden.
Matthew sprach gut und zum Thema; er beruhigte seine Zuhörer
die Verkörperung liberaler Toleranz. William schüttelte seinem
Freund herzlich die Hand, als dieser unter lautem Beifall zu seinem
Stuhl zurückkehrte.
»Die Sache läuft gut für uns, glaube ich«, flüsterte er.
Thaddeus Cohen aber überraschte praktisch alle. Er hatte ein
angenehmes bescheidenes Auftreten und eine verständnisvolle Art.
Seine Hinweise und Zitate waren tolerant, pointiert und intelligent.
Ohne den Zuhörern das Gefühl zu geben, er wolle sie bewußt
beeindrucken, strömte er eine moralische Kraft aus, die jeden, der
weniger davon besaß, zu einem menschlichen Versager zu machen
schien. Die Übertreibungen der Bewegung, der er angehörte, und die
Unzulänglichkeit ihrer Führer gab er bereitwillig zu, aber er hinterließ
den Eindruck, daß es trotz der Gefahren überhaupt keine Alternative zum Sozialismus gebe, wenn sich das Los der Menschheit jemals
bessern solle.
William war verwirrt. Ein analytischer, logischer Angriff auf
Cohens politischen Standpunkt würde gegen die sanften,
überzeugenden Worte seines Gegners wirkungslos sein. Ihn als
Anwalt für Hoffnung und Glaube an den menschlichen Geist zu
übertreffen, war schlechthin unmöglich. William konzentrierte sich
daher zuerst darauf, einige von Crosbys Anklagen zu entkräftigen, und
erwiderte dann Cohens Argumente mit einer Darlegung seines eigenen
Glaubens an die Fähigkeit des amerikanischen Systems, durch
intellektuellen und ökonomischen Wettbewerb die besten Resultate
hervorzubringen. Er hatte das Gefühl, sich gut verteidigt zu haben,
mehr nicht; als er sich setzte, nahm er an, von Cohen geschlagen
worden zu sein.
Jetzt hatte Crosby wieder das Wort. Er begann wutentbrannt, als
müsse er nicht nur William und Matthew, sondern auch Cohen
widerlegen; er fragte das Publikum, ob es unter den Anwesenden
einen »Volksfeind« entdecken könne. Ein paar Sekunden lang starrte
er wütend um sich, während die Zuhörer verlegen schwiegen und
seine getreuen Anhänger ihre Schuhspitzen studierten. Dann beugte er
sich vor und schrie.
»Er steht vor euch. Er hat soeben in eurer Mitte gesprochen. Sein
Name ist William Lowell Kane.«
Mit einem Arm dorthin weisend, wo William, ohne ihn anzusehen,
saß, donnerte er: »Seine Bank besitzt Minen, in denen die Bergleute
sterben, damit die Besitzer eine Million mehr Dividende bekommen.
Seine Bank unterstützt die verdammten korrupten Diktatoren
Südamerikas. Seine Bank besticht den amerikanischen Kongreß,
damit er die kleinen Farmer unterdrückt. Seine Bank…«
Er fuhr noch eine Weile mit seiner Tirade fort. William saß in
eisigem Schweigen da und machte von Zeit zu Zeit eine Notiz auf
seinen Block. Einige Leute aus dem Publikum riefen »Nein«, und
Crosbys Genossen schrien zurück. Diskussionsleiter und Saaldiener
wurden nervös.
Crosbys Zeit war beinahe vorüber. Er hob die Faust und sagte:
»Meine Herren, ich behaupte, daß wir hundert Meter von diesem Saal
entfernt die Antwort auf die traurige Lage Amerikas finden. Dort steht
die Widener Library, die größte Privatbibliothek der Welt. Dorthin
kommen mittellose, eingewanderte Gelehrte ebenso wie Amerikaner
mit der besten Ausbildung, um das Wissen und das Wohlergehen in der Welt zu vergrößern. Wieso existiert diese Bibliothek? Weil ein reicher Playboy das Pech hatte, sich vor sechzehn Jahren an Bord des Luxusdampfers Titanic zu begeben. Ich behaupte, meine Damen und Herren, daß erst dann, wenn das Volk von Amerika jedem Mitglied der herrschenden Klasse eine Karte für eine Privatkabine auf der Titanic des Kapitalismus übergibt - daß erst dann der gehortete Reichtum dieses großen Kontintents in den Dienst von Freiheit,
Gleichheit und Fortschritt gestellt werden kann.«
Während Matthew zuhörte, wechselten seine Gefühle von
Begeisterung darüber, daß der Sieg seiner Seite durch diese Tirade
gesichert war, zu Verlegenheit über das Verhalten seines Gegners und
schließlich zu heller Wut, als die Titanic erwähnt wurde. Er hatte
keine Ahnung, wie William auf diese Provokation reagieren würde. Als wieder halbwegs Ruhe eingetreten war, ging der Leiter zum
Podium und sagte: »Mr. William Kane.«
William stellte sich vor das Rednerpult und schaute ins Publikum.
Ein

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