Archer Jeffrey
unterschiedlichen Zeitschriften wie dem New Yorker und dem National Enquirer und zu Prozessbeginn gab es im Umkreis von zwanzig Meilen um Hartford kein einziges freies Hotelbett mehr.
Es waren noch drei Monate bis zur Wahl und die Umfragen zeigten, dass Fletcher mit zwölf Punkten in Führung lag, aber er wusste, wenn er Nats Unschuld beweisen konnte, würde sich das über Nacht ändern.
Der erste Verhandlungstag war der 11. Juli, aber die großen Fernsehsender hatten ihre Kameras bereits vorher auf den Gebäuden gegenüber dem Gericht und auf den Bürgersteigen aufgebaut und zusätzlich mehrere Kameramänner in den Straßen verteilt. Sie sollten jeden interviewen, der auch nur entfernt mit der Verhandlung zu tun hatte.
Fletcher und Nat versuchten, ihren Wahlkampf so zu führen, als wäre alles wie immer, obwohl keiner so tat, als sei dem wirklich so. Als sie beide gemeinsam an einer Wohltätigkeitsveranstaltung für den neuen orthopädischen Flügel des Gates Memorial Hospital in Hartford teilnahmen, wurden die Eintrittskarten für fünfhundert Dollar pro Stück auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Es war einer der seltenen Wahlkämpfe, bei dem die Spendengelder nur so hereinströmten. Mehrere Wochen lang waren sie eine größere Attraktion als Frank Sinatra.
Keiner der beiden schlief in der Nacht vor der Verhandlung und der Polizeichef machte sich nicht einmal die Mühe, zu Bett zu gehen. Don Culver hatte einhundert Streifenbeamte vor das Gerichtsgebäude abgeordnet und er dachte reumütig daran, wie viele von Hartfords Kleinkriminellen sich diese Bündelung der Kräfte an einem Ort zunutze machen würden.
Fletcher war das erste Mitglied der Verteidigung, das auf den Stufen zum Gericht erschien, und er machte der wartenden Presse klar, dass er bis zur Urteilsverkündung kein Statement abgeben und auch keine Fragen beantworten würde. Nat traf einige Minuten später in Begleitung von Tom und Su Ling ein und wenn die Polizei nicht gewesen wäre, hätten sie es sicher nie ins Gebäude geschafft.
Sobald Nat im Gericht war, ging er den Marmorgang entlang, der zu Gerichtssaal Nummer sieben führte. Er bemerkte die freundlichen Rufe des Publikums, nickte aber nur höflich, wie es sein Anwalt geraten hatte. Sobald Nat den Gerichtssaal betreten hatte, spürte er, wie sich tausend Augen in ihn bohrten, während er den Mittelgang entlangschritt und sich auf der linken Seite neben Fletcher an den Tisch der Verteidigung setzte.
»Guten Morgen, Herr Anwalt«, sagte Nat.
»Guten Morgen, Nat«, erwiderte Fletcher und sah von einem Stapel Papiere auf. »Ich hoffe, Sie sind auf eine Woche der Langeweile vorbereitet, in der wir die Geschworenen auswählen.«
»Haben Sie ein Profil des idealen Geschworenen erstellt?«, fragte Nat.
»So einfach ist das nicht«, entgegnete Fletcher, »ich kann mich nicht entscheiden, ob ich Leute auswählen soll, die für Sie oder für mich stimmen würden.«
»Gibt es denn zwölf Leute in Hartford, die für Sie stimmen würden?«, spottete Nat.
Fletcher lächelte. »Ich bin froh, dass Sie Ihren Humor nicht verloren haben, aber sobald die Geschworenen vereidigt worden sind, möchte ich, dass Sie ernst und betroffen wirken. Wie ein Mann, dem man eine große Ungerechtigkeit zugefügt hat.«
Fletcher sollte Recht behalten, denn erst am Freitagnachmittag saßen die zwölf Geschworenen und zwei Ersatzgeschworenen endlich an ihren Plätzen, nach vielen Argumenten, Gegenargumenten und mehreren Einwänden von beiden Seiten. Schließlich einigte man sich auf sieben Männer und fünf Frauen. Zwei der Frauen und ein Mann waren schwarz, fünf hatten einen professionellen Background, zwei waren berufstätige Mütter, drei waren Fließbandarbeiter, dann noch eine Sekretärin und ein Arbeitsloser.
»Was ist mit ihren politischen Einstellungen?«, fragte Nat. »Ich wette, vier sind Republikaner und vier sind Demokraten.
Die restlichen vier kann ich nicht einschätzen.«
»Was ist unser nächstes Problem, Herr Anwalt?«
»Wie wir Sie freikriegen und ich mir dennoch die Stimmen der vier sichern kann, die ich nicht einzuschätzen vermag«, scherzte Fletcher, als sie sich an der untersten Stufe vor dem Gerichtsgebäude trennten.
46
AM DARAUF FOLGENDEN MONTAG waren die Geschworenen vereidigt und Richter Kravats bat den Staatsanwalt, sein Eröffnungsplädoyer zu halten.
Richard Ebden erhob sich langsam von seinem Platz Er war groß, elegant und grauhaarig und besaß den Ruf, Geschworene um den kleinen Finger
Weitere Kostenlose Bücher