Archer Jeffrey
immer auf das richtige Timing an. Vergiss also bitte nicht, dass Harry sich in zwei Jahren der Wiederwahl stellen wird.«
»Glauben Sie, wir sollten die Geburt unseres ersten Kindes so planen, dass sie rein zufällig mit dem Datum von Harrys nächster Wahl zusammenfällt?«
»Du wärst überrascht, wie viele Politiker das tun«, erwiderte Martha.
»Gratuliere, Joanna«, sagte der Senator und umarmte seine Schwiegertochter.
»Ob Ihr Sohn wohl jemals lernen wird, ein Geheimnis zu bewahren?«, zischelte Joanna und zog das Messer aus dem Kuchen.
»Nein, nicht wenn es ein Geheimnis ist, das seine Freunde glücklich macht«, gab der Senator zu, »aber wenn er glaubt, damit jemandem zu schaden, den er liebt, würde er das Geheimnis mit ins Grab nehmen.«
16
PROFESSOR KARL ABRAHAMS betrat den Vorlesungssaal Punkt neun Uhr. Der Professor hielt acht Vorlesungen pro Semester und es ging das Gerücht, dass er in seinen siebenunddreißig Lehrjahren noch keine einzige Vorlesung verpasst hatte. Viele der zahlreichen Gerüchte um Karl Abrahams ließen sich nie beweisen, folglich hätte er sie als Hörensagen abgetan und somit als unzulässig verworfen.
Doch die Gerüchte hielten sich hartnäckig und wurden zur Legende. Kein Zweifel konnte allerdings an seinem boshaften Scharfsinn bestehen, falls ein Student dumm genug sein sollte, ihn herauszufordern: Das ließ sich Woche für Woche belegen. Ob es wirklich stimmte, dass drei Präsidenten ihn gebeten hatten, sich dem Obersten Bundesgericht anzuschließen, wussten nur jene drei Präsidenten. Doch konnte man nachlesen, dass Abrahams, als er danach befragt worden war, erwidert hatte, den besten Dienst würde er seinem Land erweisen, wenn er die nächste Generation an Anwälten ausbildete und so viele anständige, ehrliche Rechtsberater wie möglich formte, anstatt das Chaos aufzuräumen, das die vielen schlechten verursachten.
Die Washington Post schrieb in einem nicht autorisierten Artikel über ihn, dass Abrahams zwei Mitglieder des derzeitigen Obersten Bundesgerichtes, zweiundzwanzig Bundesrichter und mehrere der Rektoren führender Jurafakultäten ausgebildet hatte.
Als Fletcher und Jimmy der ersten der acht Vorlesungen von Abrahams beiwohnten, gaben sie sich keinen Illusionen hin, wie viel Arbeit vor ihnen lag. Fletcher hatte jedoch die Illusion, dass er im letzten Jahr lange genug gearbeitet hätte. Oft war er erst nach Mitternacht ins Bett gekommen. Doch schon nach einer Woche mit Professor Abrahams lernte er aus eigener Anschauung Stunden kennen, in denen er normalerweise geschlafen hatte.
Für gewöhnlich wies Professor Abrahams seine Studenten gleich zu Anfang darauf hin, dass längst nicht alle von ihnen seine Abschlussrede zum Ende des Kurses miterleben würden. Jimmy senkte den Kopf. Fletcher fing an, so viel zu lernen, dass Annie ihn meistens erst zu sehen bekam, wenn die Türen der Bibliothek geschlossen wurden. Jimmy ging manchmal schon etwas früher, damit er mit Joanna zusammen sein konnte, aber er verließ die Bibliothek nur selten ohne diverse Bücher unter dem Arm. Fletcher erzählte Annie, dass er ihren Bruder noch nie so arbeitsam erlebt hätte.
»Und es wird noch schwerer für ihn, wenn das Baby erst mal da ist«, sagte Annie zu ihrem Ehemann, als sie ihn eines Abends von der Bibliothek abholte.
»Joanna wird es sicher so einrichten, dass das Kind während der Semesterferien auf die Welt kommt, damit sie am ersten Tag des neuen Semesters gleich wieder zur Arbeit kann.«
»Ich will nicht, dass unser erstes Kind so aufwächst«, erklärte Annie. »Ich beabsichtige, meine Kinder als Vollzeitmutter großzuziehen. Und mit einem Vater, der früh genug nach Hause kommt, damit er ihnen noch eine Gutenachtgeschichte vorlesen kann.«
»Soll mir nur recht sein«, sagte Fletcher. »Aber wenn du deine Meinung änderst und Vorstandsvorsitzende von General Motors wirst, dann übernehme ich gern das Wechseln der Windeln.«
*
Das Erste, was Nat bei seiner Rückkehr an die Universität überraschte, war der Umstand, wie unreif ihm seine früheren Kommilitonen im Vergleich zu früher erschienen. Er hatte genügend Anrechnungspunkte, so dass er gleich ins zweite Jahr einsteigen durfte, aber die Studenten, mit denen er verkehrt hatte, bevor er zur Armee gegangen war, diskutierten immer noch über die neueste Popgruppe oder den angesagtesten Filmstar und Nat hatte noch nie etwas von den Doors gehört. Erst, als er an seiner ersten Vorlesung teilnahm, wurde ihm klar, wie
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