Archer Jeffrey
sehr die Erfahrungen in Vietnam sein Leben verändert hatten.
Nat war sich auch bewusst, dass ihn seine Kommilitonen nicht als einen der ihren betrachteten, nicht zuletzt deswegen, weil einige der Professoren ihm irgendwie mit Ehrfurcht entgegenkamen. Nat genoss den Respekt, den man ihm zollte, entdeckte jedoch schnell, dass diese Medaille zwei Seiten hatte. In den Weihnachtsferien sprach er mit Tom über dieses Problem, der sagte, er könne verstehen, warum manche ihn mit Argwohn behandelten, schließlich glaubten sie, er habe mindestens einhundert Vietcong getötet. »Mindestens einhundert?«, hakte Nat nach.
»Andere haben gelesen, was unsere Soldaten mit den vietnamesischen Frauen alles anstellen durften«, legte Tom nach.
»So viel Glück hätte ich haben sollen. Wenn Mollie nicht gewesen wäre, hätte ich zölibatär leben müssen.«
»Tja, mein Rat lautet, sie nicht zu desillusionieren«, meinte Tom.
»Ich wette, die Männer sind neidisch und die Frauen fasziniert. Du willst doch nicht, dass sie herausfinden, was für ein stinknormaler, gesetzestreuer Bürger du bist.«
»Manchmal wünschte ich, sie würden sich daran erinnern, dass ich auch erst neunzehn Jahre alt bin«, klagte Nat.
»Das Problem ist«, diagnostizierte Tom, »dass Captain Cartwright, Träger der Tapferkeitsmedaille, nicht nach einem Neunzehnjährigen klingt und ich fürchte, dein Hinken ruft ihnen das auch immer wieder ins Gedächtnis.«
Nat befolgte den Rat seines Freundes und beschloss, seine überschüssige Energie im Vorlesungssaal, in der Sporthalle und bei Querfeldeinläufen loszuwerden. Die Ärzte hatten ihn gewarnt, es würde mindestens ein Jahr dauern, bevor er wieder laufen könnte – falls überhaupt jemals. Aufgrund ihrer pessimistischen Vorhersage verbrachte Nat nie weniger als eine Stunde pro Tag in der Sporthalle, kletterte Seile hoch, hob Gewichte und spielte sogar gelegentlich Tischtennis. Am Ende des Semesters war er schon wieder in der Lage, langsam den Rundkurs abzulaufen – auch wenn er für die sechs Meilen eine Stunde und zwanzig Minuten brauchte. Er sah in seinem alten Trainingsplan nach und stellte fest, dass sein Rekord als Erstsemestler bei vierunddreißig Minuten und achtzehn Sekunden gelegen hatte. Er versprach sich, diesen Rekord am Ende des nächsten Semesters gebrochen zu haben.
Das nächste Problem, dem Nat sich stellen musste, waren die Antworten, die er bekam, wann immer er eine Frau bat, mit ihm auszugehen. Entweder wollten sie sofort mit ihm ins Bett oder sie lehnten kurzerhand ab. Tom hatte ihn gewarnt, dass sein Skalp im Bett wahrscheinlich ein Preis war, den viele Studentinnen ergattern wollten, und Nat entdeckte rasch, dass einige, die er noch nie getroffen hatte, das bereits von sich behaupteten.
»So ein Ruf hat seine Nachteile«, beschwerte sich Nat. »Ich tausche mit dir, wenn du möchtest«, meinte Tom. Die einzige Ausnahme war Rebecca, die gleich am ersten Tag,
als Nat auf den Campus zurückgekehrt war, klargestellt hatte, dass sie sich eine zweite Chance wünschte. Nat war vorsichtig, was das neuerliche Entfachen gerade dieser alten Flamme anging, und kam zu dem Schluss, wenn sie überhaupt wieder eine Beziehung aufbauen wollten, dann müsste es langsam vonstatten gehen. Rebecca hatte jedoch andere Pläne.
Nach ihrer zweiten Verabredung lud sie ihn zum Kaffee auf ihr Zimmer ein und begann nur Augenblicke, nachdem sie die Tür geschlossen hatte, damit, ihn auszuziehen. Nat riss sich los und brachte die lahme Ausrede vor, dass er am nächsten Tag einen Zeitlauf habe. Sie ließ sich nicht so leicht abschrecken und als sie ein paar Minuten später mit zwei Tassen Kaffee zurückkehrte, war sie in ein Seidenkleid geschlüpft, das zeigte, wie wenig sie darunter trug – falls sie überhaupt etwas darunter trug. Plötzlich wurde Nat klar, dass er gar nichts mehr für sie empfand. Schnell trank er seinen Kaffee und wiederholte, dass er früh ins Bett müsse.
»So ein Zeitlauf hat dich früher nie abgehalten«, neckte Rebecca.
»Damals hatte ich auch noch zwei gute Beine«, erwiderte Nat. »Vielleicht bin ich nicht mehr gut genug für dich«, meinte Rebecca, »wo doch jetzt jeder denkt, dass du eine Art Held bist.«
»Damit hat es gar nichts zu tun. Es ist nur …«
»Es ist nur, dass Ralph von Anfang an Recht hatte, was dich betrifft.«
»Wie meinst du das?«, fragte Nat scharf.
»Du hast einfach nicht seine Klasse.« Sie zögerte kurz. »Weder im Bett noch sonst wo.«
Nat wollte
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