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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der perfekte Dreh
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ab. General Tomkins bezog den fünften Stock des alten kaiserlichen Gerichtsgebäudes im Ginza-Viertel von Tokio – eines der wenigen Gebäude, die den Krieg unbeschadet überstanden hatten. Tomkins, ein untersetzter, aufbrausender Mann, den sein eigener Adjutant als einen »Federfuchser aus dem Pentagon« beschrieb, traf eine Woche vor den ersten Beratungen in Tokio ein. Das einzige ra-ta-ta-ta, das der General je gehört hatte, stammte – wie der Adjutant Oberst Moore freimütig verriet – von der Schreibmaschine im Büro seiner Sekretärin. Was jedoch die unter Anklage Stehenden betraf, so gab es für den General keinen Zweifel, wo die Schuld zu suchen sei und wie man die Schuldigen zu bestrafen habe.
    »Aufhängen sollte man jeden einzelnen von diesen kleinen schlitzäugigen gelben Bastarden«, stellte sich als eine von Tomkins Lieblingsäußerungen heraus.
    Um einen Tisch in einem alten Gerichtssaal sitzend, hielt das aus zwölf Männern bestehende Tribunal seine Beratungen ab. Es war gleich von der Eröffnungssitzung an klar, daß der General nicht die Absicht hatte, »mildernde Umstände«, das »persönliche Schicksal« der Angeklagten oder »humanitäre Gründe« zu berücksichtigen. Während der Oberst den Ansichten Tomkins’ lauschte, begann er um das Leben jedes unschuldigen Armeeangehörigen, der vor den General gebracht werden würde, zu fürchten.
    Der Oberst fand schnell heraus, daß es unter den Mitgliedern des Tribunals vier Amerikaner gab, die, wie er selbst, nicht immer mit den stark verallgemeinernden Ansichten des Generals konform gingen. Zwei von ihnen waren Anwälte, die beiden anderen Angehörige der kämpfenden Truppe, die erst kürzlich noch im Einsatz gewesen waren. Gemeinsam begannen die fünf Männer den von den schlimmsten Vorurteilen geleiteten Entscheidungen des Generals entgegenzuwirken. Während der folgenden Wochen gelang es ihnen, jeweils den einen oder anderen der am Tisch Sitzenden dazu zu überreden, im Falle mehrerer Japaner, die für Verbrechen verurteilt worden waren, die sie unmöglich begangen haben konnten, das Urteil »Tod durch Erhängen« in lebenslange Haft umzuwandeln.
    Bei den Beratungen über jeden dieser Fälle ließ General Tomkins die fünf Männer nicht im Zweifel darüber, welche Verachtung er für ihre Ansichten empfand. »Gottverdammte Japsen-Sympathisanten«, entfuhr es ihm häufig, und dies nicht immer im Flüsterton. Da der General noch immer den Vorsitz über das Zwölfertribunal innehatte, ließen sich die Erfolge des Obersten an fünf Fingern abzählen.
    Dann war es soweit, über das Schicksal derer zu bestimmen, die das Kommando über das Kriegsgefangenenlager in Tonchan geführt hatten. Der General forderte für alle beteiligten japanischen Offiziere eine Massenhinrichtung durch den Strang
– ohne ihnen auch nur den Anschein einer angemessenen Gerichtsverhandlung zu gewähren. Er zeigte keinerlei Überraschung, als die bewußten fünf Mitglieder des Tribunals einmal mehr lautstark protestierten. Oberst Moore sprach in überzeugender Weise über seine Zeit als Gefangener in Tonchan und reichte ein Gnadengesuch für Major Sakata, Feldwebel Akida und den Korporal Sushi ein. Er machte den Versuch zu erklären, warum eine Hinrichtung durch den Strang auf ihre Weise ebenso barbarisch wäre wie jede der Grausamkeiten, die die Japaner verübt hätten. Er bestehe darauf, daß ihr Urteil in »lebenslänglich« umgewandelt werde. Der General gähnte nur ständig während der Ausführungen des Obersts, und sobald Moore mit seinen Darlegungen am Ende war, versuchte er nicht einmal, seine Haltung zu rechtfertigen, sondern forderte die Anwesenden lediglich auf, ihre Stimme abzugeben. Zu des Generals Überraschung war das Ergebnis 6:6, ein amerikanischer Anwalt, der vorher auf der Seite des Generals gewesen war, hob die Hand, um seine Stimme den fünfen des Obersten hinzuzufügen. Ohne zu zögern, entschied der General mit seinem ausschlaggebenden Votum für den Galgen. Dabei warf er Moore über den Tisch hinweg einen boshaften Blick zu und sagte: »Ich denke, es ist Zeit zum Lunch, meine Herren. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich komme um vor Hunger. Und diesmal kann keiner behaupten, wir hätten den kleinen gelben Bastarden keine faire Verhandlung zugestanden.«
    Oberst Moore erhob sich von seinem Platz und verließ ohne jeden weiteren Kommentar den Raum.
    Er rannte die Stufen des Gerichtsgebäudes hinunter und wies seinen Fahrer an, ihn so schnell

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