Archer Jeffrey
er sich entscheiden konnte, ob er es überhaupt betrat.
Marine One war sanft auf dem Südrasen gelandet. Die beiden Präsidenten stiegen aus dem Hubschrauber und wurden vom herzlichen Beifall der sechshundert Stabsmitglieder des Weißen Hauses begrüßt.
Als Lawrence dem russischen Präsidenten seinen Stabschef vorstellte, entging ihm nicht, wie geistesabwesend Andy war. Die beiden Machthaber stellten sich den Fotografen ungewöhnlich lange, ehe sie sich mit den Beratern ins Oval Office zurückzogen, um die Themen durchzugehen, die bei den späteren Meetings besprochen werden sollten. Zerimskij hatte keine Einwände gegen den von Andy Lloyd vorbereiteten Zeitplan, und auch die Themen, die in Erwägung gezogen wurden, waren ihm offenbar recht.
Schließlich begaben sie sich zum Lunch ins Kabinettszimmer. Lawrence fand, daß die vorbereitenden Gespräche recht gut verlaufen waren. Er erzählte von Präsident Kennedy, der dort einmal mit acht Nobelpreisträgern diniert und dabei bemerkt hatte, daß dies die größte Ansammlung von Hirnmasse sei, seit Thomas Jefferson allein dort gespeist habe. Larry Harrington lachte pflichtschuldig, obwohl er diese Anekdote bestimmt schon ein dutzendmal von Lawrence gehört hatte. Andy Lloyd verzog keine Miene.
Nach dem Essen begleitete Lawrence seinen Gast zu der Limousine, die am Diplomateneingang wartete. Kaum war der letzte Wagen der Kolonne nicht mehr zu sehen – auch hier hatte Zerimskij darauf bestanden, daß er ein Auto mehr als jeder bisherige russische Präsident zugeteilt bekam –, eilte Lawrence ins Oval Office zurück. Andy Lloyd stand mit grimmigem Gesicht neben seinem Schreibtisch.
»Ich finde, alles ist so gut verlaufen, wie wir’s nur erwarten konnten«, sagte der Präsident.
»Möglich«, erwiderte Lloyd. »Ich traue diesem Mann aber nicht über den Weg. Für meinen Geschmack hat er sich viel zu kooperativ gegeben. Ich werde das Gefühl nicht los, daß er uns zum Narren hält.«
»Warst du deshalb beim Lunch so schweigsam?«
»Nein, ich glaube, wir haben ein viel größeres Problem. Hast du Dexters letzten Bericht gelesen? Ich habe ihn gestern nachmittag auf deinen Schreibtisch gelegt.«
»Nein, ich bin nicht dazu gekommen. Ich habe fast den ganzen Tag mit Larry Harrington im Außenministerium zugebracht.« Er schlug einen Ordner mit dem CIA-Emblem auf und begann zu lesen.
Noch ehe er mit der ersten Seite fertig war, hatte er an drei verschiedenen Stellen heftig geflucht. Als er zum letzten Absatz kam, war er kreidebleich. Er blickte zu seinem ältesten Freund auf. »Ich dachte, Jackson wäre auf unserer Seite.«
»Das ist er auch.«
»Wieso behauptet Dexter dann, sie könne beweisen, daß er die alleinige Verantwortung für den Anschlag in Kolumbien trägt und dann nach St. Petersburg fuhr, um Zerimskij zu toten?«
»Weil Dexter auf diese Weise jeden Verdacht von sich lenken kann, so daß wir uns nun eine Erklärung suchen müssen, warum wir Jackson überhaupt beauftragt haben. Inzwischen hat Dexter zweifellos einen ganzen Schrank voll Unterlagen, die beweisen, daß Jackson Guzman erschossen hat. Sieh dir bloß diese Bilder an: Jackson in einer Bar in Bogota, wie er dem Polizeichef Geld zusteckt. Woher soll jemand wissen, daß dieses Treffen zwei Wochen nach dem Anschlag stattfand? Die CIA ist unschlagbar, wenn es darum geht, ihre Haut zu schützen.«
»Um ihre Haut mache ich mir keine Sorgen«, entgegnete der Präsident. »Was ist mit Dexters Behauptung, daß Jackson wieder in Amerika ist und mit der russischen Mafya zusammenarbeitet?«
»Ist das nicht praktisch?« sagte Lloyd. »Sollte während Zerimskijs Besuch irgend etwas schiefgehen, hat Dexter schon jemanden parat, dem sie die Schuld in die Schuhe schieben kann.«
»Wie erklärst du dir dann, daß Jackson vor ein paar Tagen in Dallas von einer versteckten Überwachungskamera aufgenommen wurde, als er ein Hochleistungsgewehr genau der gleichen Art kaufte wie das, mit dem Guzman erschossen wurde?«
»Das ist einfach«, antwortete Lloyd, »sobald einem klar ist, daß es gar nicht Jackson war, ist das Rätsel gelöst.«
»Aber wenn es nicht Jackson war – wer, zum Teufel, war es dann?«
»Connor Fitzgerald«, sagte Lloyd leise.
»Aber du hast mir doch selbst gesagt, daß Fitzgerald in St. Petersburg verhaftet und gehängt wurde. Wir hatten doch überlegt, wie wir ihn herausholen könnten.«
»Ich weiß. Aber nach Zerimskijs Wahlsieg wurde das völlig unmöglich. Es sei denn…«
»Es sei denn was?«
»Es sei
Weitere Kostenlose Bücher