Archer Jeffrey
den genauesten Plänen ein solches Programm selten minutiös durchgeführt werden konnte. Er mußte also damit rechnen, daß irgendwann während des Besuchs etwas Unerwartetes geschah; deshalb mußte er sichergehen, daß es nicht ausgerechnet in dem Augenblick passierte, in dem er sein Visier einrichtete.
Die beiden Präsidenten würden per Hubschrauber von der Air Base zum Weißen Haus geflogen werden, um sich dort sofort zu einem privaten Gespräch und einem Lunch zusammenzusetzen. Nach dem Lunch würde Zerimskij zur russischen Botschaft gebracht werden, damit er sich ausruhen konnte, bevor er am Abend zu einem Bankett zu seinen Ehren ins Weiße Haus zurückkehrte.
Am nächsten Morgen würden die beiden Präsidenten nach New York reisen, um Ansprachen vor der UNO zu halten und mit dem Generalsekretär zu Mittag zu speisen, bevor sie am Nachmittag das Metropolitan Museum besuchten. Connor hatte laut gelacht, als er in der Post las, daß Tom Lawrence sich der großen Liebe seines Gastes zu den schönen Künsten bewußt geworden war, als er erfahren hatte, daß dieser während seines Präsidentschaftswahlkampfs trotz des immensen Zeitdrucks nicht nur das Bolschoi besucht hatte, sondern auch das Puschkin-Museum und die Eremitage.
Nach der Rückkehr nach Washington am Donnerstag abend würde der russische Präsident gerade noch Zeit genug haben, zur Botschaft zu eilen, um sich für das Kennedy Center umzuziehen, wo zu seinen Ehren ein Ballett aufgeführt wurde, Tschaikowskys Schwanensee. Auf ihre bekannt taktlose Art erinnerte die Post ihre Leser daran, daß die Hälfte des Washingtoner Corps de ballet aus russischen Emigranten bestand.
Am Freitagvormittag würden längere Gespräche im Weißen Haus stattfinden; anschließend folgte ein Lunch im Außenministerium. Für den Nachmittag war vorgesehen, daß Zerimskij – als Höhepunkt seines viertägigen Besuchs – eine Rede vor dem versammelten Kongreß hielt. Lawrence hoffte, dadurch beide Kammern davon zu überzeugen, daß der russische Präsident ein Mann des Friedens war, so daß Kongreß und Senat den AbrüstungsGesetzentwurf unterstützten. Ein Leitartikel in der New York Times wies darauf hin, daß dies die Gelegenheit für Zerimskij sein könnte, Rußlands Verteidigungsstrategie für die nächsten zehn Jahre darzulegen. Der politische Korrespondent der Times hatte beim Pressebüro der russischen Botschaft angefragt, war jedoch ziemlich barsch darauf aufmerksam gemacht worden, daß es keine Vorabdrucke dieser Rede geben würde.
Am Abend sollte Zerimskij Ehrengast bei einem amerikanischrussischen Handels- und Wirtschaftstreffen sein und dort eine weitere Rede halten. Kopien dieser Ansprache, die seine völlige Gleichgültigkeit gegenüber jeglichen Handels- oder Waffene mbargos verrieten, waren bereits verteilt worden. Connor hatte jeden Satz eingehend studiert. Ihm war klar, daß kein Journalist, der etwas auf sich hielt, auch nur ein Wort davon übernehmen würde.
Am Samstag würden Zerimskij und Tom Lawrence sich im Cooke-Stadion in Maryland das Football-Spiel zwischen den Washington Redskins und den Green Bay Packers ansehen, der Mannschaft, die Lawrence – als ehemaliger Senator von Wisconsin – sein Leben lang unterstützt hatte.
Für den Samstag abend sah das Protokoll vor, daß Zerimskij in der russischen Botschaft ein Bankett gab, um sich damit bei allen zu bedanken, deren Gast er bei seinem Besuch gewesen war.
Am folgenden Morgen würde er nach Moskau zurückfliegen – aber nur, wenn es Connor nicht gelungen war, seinen Part des Vertrags mit der Mafya einzuhalten.
Neun Schauplätze, unter denen Connor sich entscheiden mußte. Aber sieben davon hatte er bereits abgehakt, noch ehe Zerimskijs Flugzeug gelandet war. Von den beiden übrigen erschien ihm das Bankett am Samstag abend als der geeignetere, vor allem, da Connor von Romanow wußte, daß die Mafya Konzessionen für jeden Partyservice besaß, der Getränke und Speisen in die russische Botschaft lieferte.
Ein nicht gerade überwältigender Applaus lenkte Connors Aufmerksamkeit wieder auf die Willkommenszeremonie. Einige Leute auf der Rollbahn hatten gar nicht mitbekommen, daß Zerimskij seine Rede beendet hatte, bis er vom Podium stieg; deshalb war sie nicht so begeistert aufgenommen worden, wie Lawrence es gehofft hatte.
Die beiden Staatschefs schritten über die Rollbahn zu einem wartenden Hubschrauber. Normalerweise würde kein russischer Präsident mit einer amerikanischen Militärmaschine
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