Archer Jeffrey
bekam. Als sie den Stadtrand von Douski erreichten, wurden die Kühe mit viel gutem Zureden durch die Straßen zum Markt geführt.
Schließlich blieb der Vater an einer abgelegenen, wenig belebten Stelle in der Stadt stehen. Lubji hielt es für sinnlos, ihn zu fragen, weshalb er ausgerechnet hier angehalten hatte, weil der Junge sicher war, daß er sowieso keine Antwort bekam. Also standen Vater und Sohn mit ihren Rindviechern schweigend da. Es dauerte eine ganze Weile, ehe jemand sich für die beiden Kühe interessierte.
Lubji beobachtete fasziniert, wie die Leute langsam, mit prüfenden Blicken, um die Tiere herumgingen. Einige berührten sie, andere nannten offenbar irgendwelche Geldbeträge – in Sprachen, die Lubji nie zuvor gehört hatte. Ihm wurde klar, wie sehr sein Vater im Nachteil war, weil er sich hier, in diesem Vielvölkerstaat, nur in einer einzigen Sprache verständlich machen konnte. Also blickte Lubji die meisten Leute, die nach Begutachtung der hageren Kühe irgend etwas zum Vater sagten, nur verständnislos an.
Als sein Vater schließlich ein Angebot in jener Sprache erhielt, die Lubji verstand, besiegelte er den Verkauf der Kühe sofort per Handschlag, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, um den Preis zu feilschen. Mehrere Blätter bunten Papiers wechselten von einer Hand in die andere; die Kühe wurden ihrem neuen Besitzer übergeben, und Lubjis Vater marschierte auf den Markt, wo er einen Sack Getreide erstand, eine Kiste Kartoffeln, einige geräucherte Fische, verschiedene Kleidungsstücke, ein Paar getragene Schuhe, die dringend neu besohlt werden mußten, und weitere Sachen, darunter einen Schlitten und eine große Messingschnalle, die – wie der Vater offenbar glaubte – irgend jemand in seiner Familie benötigte. Lubji fand es merkwürdig, daß sein Vater stets die verlangte Summe bezahlte, ohne mit den Händlern zu feilschen, wie die anderen Leute es taten.
Auf dem Heimweg ging der Vater in den einzigen Gasthof der Stadt und ließ Lubji draußen auf dem Erdboden sitzen, mit dem Auftrag, ihre Neuerwerbungen zu bewachen. Erst als die Sonne bereits hinter dem Rathaus untergegangen war und Lubjis Vater mehreren Flaschen Sliwowitz den Garaus gemacht hatte, kam er taumelnd aus dem Gasthof. Lubji bekam neue Aufgaben zugewiesen: mit einer Hand mußte er den schweren Schlitten ziehen, der mit den Einkäufen beladen war; mit der anderen Hand mußte er den Vater stützen und nach Hause führen.
Als Lubjis Mutter die Haustür öffnete, taumelte der Vater an ihr vorbei und sank auf die Matratze. Augenblicke später schnarchte er.
Lubji half seiner Mutter, die Einkäufe in die Hütte schleppen. Doch so begeistert ihr ältester Sohn sich über die Waren ausließ – Zelta schien gar nicht erfreut darüber zu sein, was ihr Gatte als Gegenleistung für die Arbeit eines ganzen Jahres erworben hatte. Sie schüttelte den Kopf, während sie überlegte, was mit den verschiedenen Sachen geschehen sollte.
Den Sack Getreide stellte sie aufrecht in eine Ecke der Küche; die Kartoffeln ließ sie in ihrer Holzkiste, und den Fisch legte sie ans Fenster. Dann überzeugte Zelta sich von der Größe der Kleidungsstücke, ehe sie entschied, welches ihrer Kinder welche Sachen bekommen sollte. Die Schuhe kamen neben die Tür; sie sollten jedem dienen, der sie gerade benötigte. Die Messingschnalle legte Zelta in eine kleine Pappschachtel, die sie dann, wie Lubji sah, unter einem losen Fußbodenbrett neben dem Bett des Vaters versteckte.
In dieser Nacht, während der Rest der Familie schlief, gelangte Lubji zu der Einsicht, daß er von nun an nichts mehr auf den Viehweiden zu suchen hatte. Als sein Vater am nächsten Morgen aufstand, ging Lubji zur Tür und schlüpfte in die neuen Schuhe, die ihm viel zu groß waren, und folgte dem Vater aus dem Haus. Diesmal jedoch begleitete er ihn nur bis zum Stadtrand; dort versteckte der Junge sich hinter einem Baum. Er blickte seinem Vater nach, bis dieser nicht mehr zu sehen war. Der Vater ging davon, ohne sich ein einziges Mal umzublicken, um festzustellen, ob der Erbe seiner kargen Besitztümer ihm folgte.
Lubji machte kehrt und rannte zurück zum Markt. Den ganzen Tag verbrachte er damit, zwischen den Buden und Ständen herumzuschlendern und sich anzuschauen, was es dort zu kaufen gab. Einige Händler boten Obst und Gemüse feil, während andere sich auf Möbel und Haushaltsgeräte spezialisiert hatten. Doch die meisten waren bereit, mit allen möglichen Waren zu
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